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FÜR DIE WIEDERGEBURT DER MARXISTISCHEN PARTEI


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Für die Wiedergeburt der marxistischen Partei
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Für die Wiedergeburt der marxistischen Partei

Es ist kein Zufall, dass die Internationale Kommunistische Partei nach der Veröffentlichung der drei Broschüren »Der erste Weltkrieg und die marxistische Linke«, »Der II. Kongress der III. Internationale« und »Partei, Klasse und revolutionäre Aktion in der marxistischen Linken« ihrer Reihe »Der Faden der Zeit« nunmehr mit der Herausgabe ihres Periodikums »Internationale Revolution« beginnt. »Internationale Revolution« vertritt die durch objektive Voraussicht bestimmte klassische marxistische Position, dass Deutschland in der kommenden Zeit die Rolle des Hauptstosszentrums des grossen gesellschaftlichen Erdbebens einnehmen wird, das die kapitalistische Welt erschüttert. Mit Erschrecken sehen die Ökonomen und die anderen vom bürgerlichen Regime besoldeten Apologeten die mahnenden Vorzeichen dieses Erdbebens, nachdem die Siegermächte des zweiten imperialistischen Krieges geglaubt hatten, das Gespenst des »alten Maulwurfs« gerade im Herzen Europas bannen zu können, in der Illusion, durch Zweiteilung des Landes und andauernde Besetzung des besiegten Staates das Proletariat zur Ohnmacht verdammt zu haben.

Die vordringliche Aufgabe, in Deutschland den zerrissenen Faden der radikalen marxistischen Tradition erneut wieder zusammenzuknüpfen, wird in anderer Hinsicht besonders durch zwei unterschiedene, aber zugleich miteinander verbundene Faktoren erschwert: auf der einen Seite die entsetzliche Ausblutung des kämpferischen deutschen Proletariats durch das Werk der sozialdemokratischen »Scheidemänner« in den Jahren 1918–23 und durch die Nazischlächter später, denen die Sozialdemokraten und das ungeschickte Herummanövrieren der KPD-Führung unter Thälmann den Weg ebneten; auf der anderen Seite das Überleben einer unvollkommenen Auffassung des revolutionären Prozesses, welche gerade in Deutschland verhinderte, die höchstwichtige geschichtliche Funktion zu erkennen, die der Marxismus der Partei als theoretischer und praktischer Führerin der Klasse in der Vorbereitung der gewaltsamen Machteroberung und der Ausübung der Diktatur des Proletariats zuschreibt. Dieser Mangel, der in der Zeit unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg dazu beitrug, die Verschmelzung mit den grossen Erfahrungen des bolschewistischen Oktober zu verzögern und schliesslich unmöglich zu machen, mit Folgen sowohl für Russland wie für das proletarische Deutschland, unter denen die Arbeiterklasse der ganzen Welt noch immer leidet, – dieser Mangel wird mehr denn je heute spürbar, wo die das kapitalistische Regime erschütternden Beben sich im Wiederaufblühen anarchistischer, antitotalitärer, »antiautoritärer«, dezentralistischer und spontaneistischer Traumgebilde verlieren. Diese Tendenzen, die sich als Reaktion auf das entwickeln, was in Ostdeutschland unter dem Namen »Sozialismus« firmiert, finden ihren gemeinsamen Nenner in der bewussten oder unbewussten Ablehnung der Partei, verstanden als Kontinuität des Programms, Einheitlichkeit der Taktik und Organisation.

Zu diesen Faktoren gesellt sich noch in Westdeutschland der unheilvolle Einfluss des Opiums der Demokratie. Sind wir auf der einen Seite Zeugen der Flucht nach vorn des »Guevarismus«, d. h. der Illusion die Wiederaufnahme des antikapitalistischen Kampfes bedeute die Übernahme von anderen Taktiken als den vom Marxismus für die Gebiete hochgradiger ökonomischer Entwicklung als einzig gültig angegebenen, so sehen wir uns auf der anderen Seite der Forderung nach »fundamentaler Demokratie« gegenüber, was nichts anderes ist als Rückfall in sozialdemokratischen Reformismus vergangener Zeiten. Diese Tendenzen haben deutlich genug ihre Unzulänglichkeit im Kampf gegen die Notstandsgesetze bewiesen.

Ohne Übertreibung gesagt handelt es sich darum, wieder von vorn zu beginnen, erneut am unvollendeten oder zerstörten Tuch des internationalen revolutionären Proletariats weiterzuweben, wozu die deutsche Arbeiterklasse in der Vergangenheit einen so mächtigen und grossartigen Beitrag an Theorie und Praxis lieferte. Die internationale revolutionäre Bewegung des Proletariats kann nur unter der Bedingung wiedererstehen und siegen, wenn sie sich auf der Linie des radikalen Marxismus bewegt, jenseits der von der Geschichte verurteilten immer wieder auftauchenden ideologischen Suggestionen.

Dieses Blatt will zu diesem gewaltigen Werk beitragen, sowohl zur vollständigen Wiederherstellung jener »revolutionären Theorie, ohne die keine revolutionäre Aktion möglich ist«, als auch dazu, in ihrem Lichte die Ereignisse zu analysieren, die während des qualvollen Verlaufs des proletarischen Emanizpationskampfs bereits auf Ziel und Durchgangsstufen verweisen, die nicht nach Willen und subjektiver »Entscheidung« der Menschen, sondern aufgrund objektiver geschichtlicher Bestimmtheit durchlaufen werden müssen, um ebnen dieses Ziel zu erreichen.


Source: »Internationale Revolution«, Nr. 1, Januar 1969, S. 1

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