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MOSKAU UND ROM


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Moskau und Rom
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Moskau und Rom

Die Presse beschäftigte ein Artikel des Vorsitzenden Mussolini in der faschistischen Zeitschrift »Gerarchia«, in dem in kurzen Zügen ein Vergleich zwischen »Rom und Moskau« gezogen wird.

Der faschistische Regierungschef, der ja auch Parteiführer ist und es bleiben will, versucht in knappen Sätzen, das Verhältnis Faschismus – Staat theoretisch zu umreissen. Dabei systematisch vorzugehen, fehlen ihm wohl weniger Lust und Zeit, als, wie uns scheint, das Material selbst. Die Führer des russischen Staates haben uns indes ganze Bände über die Fragen des Kommunismus geliefert.

Es kommt aber nicht darauf an, Bolschewismus und Faschismus historisch miteinander zu vergleichen und einander gegenüberzustellen, als könne mit demselben Massstab die geschichtliche Bedeutung von Menschen und Ländern in der modernen Welt gemessen werden. In diesem Fall würden nur die Begriffe plump durcheinandergebracht. Soll versucht werden, einen Vergleich zu ziehen, muss die Frage folgendermassen gestellt werden: Der Bolschewismus liefert ein Beispiel für die Politik, die das Proletariat aller Länder versuchen wird durchzuführen. Kann man dasselbe vom Faschismus als einer politischen Regierungsform der bürgerlichen Klasse sagen?

Zunächst müssen wir aber feststellen, dass der Duce nicht von den Kriterien einer etwaigen politisch-historischen Ideologie des Faschismus ausgehen konnte. Als neuartiges Gebilde ist eine solche Ideologie ohnehin nicht existent. Seinen Ausgangspunkt entlehnte er vielmehr einer der kommunistischen Kritik eigenen Fragestellung: Welches Verhältnis besteht zwischen einer Partei, die die Macht übernommen hat, und der »Staatsmaschine«? Selbst die Terminologie ist die unsere.

So stellte Mussolini die Frage, um dann auf einen unbestreitbar richtigen Unterschied zwischen der Aufgabe des Faschismus und der des Bolschewismus hinzuweisen. Letzterer hat die alte Staatsmaschine zerschlagen, während der Faschismus dabei ist, sie Stück für Stück zu reparieren.

Wir können diese Unterscheidung ohne weiteres akzeptieren. Doch weisen wir die Bezeichnung der faschistischen Machtübernahme als einer Revolution zurück. Wodurch denn ist eine politische Revolution definiert? Die Übernahme der Staatsmaschine durch eine andere Partei ist kein ausreichendes Kennzeichen. Im vorliegenden Fall war diese Übernahme noch nicht einmal, wie im oben genannten Artikel behauptet, überraschend und gewaltsam. Nicht überraschend, weil sie im Gegenteil die zwangsläufige Folge einer langen Periode fortschreitender Einflussnahme auf den Regierungsapparat war; und auch nicht gewaltsam, weil die entmachteten Parteien und Klüngel den Apparat, der sich ja in ihren Händen befand, nicht in Bewegung setzten, um den Faschisten die Stirn zu bieten, sondern sich mit ihnen offen ins Einvernehmen setzten. Eine Revolution erkennt man aber an diesen zwei Merkmalen: einem offenen Zusammenstoss politischer Kräfte und der Zerschlagung der Staatsmaschine durch den, der sich ihrer bemächtigt hat. Diese Zerschlagung manifestiert sich in einer Veränderung der ganzen Staatsordnung, die namentlich die politischen Vertretungsformen betrifft. Nun, wohlbekannt ist, dass der Faschismus weder das Parlament noch die demokratische Legislative abgeschafft hat; wir können auch sagen, nicht abschaffen wollte, denn eine elegante Formulierung ändert nichts an den konkreten Tatsachen. Keines der beiden Merkmale, die von einer Revolution verlangt werden – bewaffneter Zusammenstoss und sofortiger Wechsel der Körperschaften – ist bei der Machtergreifung des Faschismus anzutreffen. Im übrigen muss nicht extra noch mal gesagt werden, dass eine Revolution ohne wirtschaftlichen und sozialen Klassenkampf als Grundlage keine Revolution ist; und dass schon die Tatsache, auf die Zerschlagung der Staatsmaschine hinzuarbeiten, ihre friedliche Eroberung durch die revolutionäre Partei ausschliesst.

Wenn der Faschismus eingesteht, nicht Protagonist der Zerschlagung der Staatsmaschine zu sein, verzichtet er implizit darauf, sich revolutionär zu nennen. Und wenn er mit dieser Bezeichnung prahlt, dann nicht, weil er ein kritisches Bewusstsein von der eigenen Aufgabe hätte, sondern weil er sich der Demagogie genauso wie alle anderen bedienen muss. Der Führer der faschistischen Regierung erklärt, oder besser: gesteht nicht nur, die Staatsmaschine nicht zu zerschlagen, sondern macht auch noch ein weiteres wertvolles Eingeständnis, dass nämlich die Maschine abgenutzt sei. Während sich die verschiedenen Regierungen die Klinke in die Hand gaben, lief die alte bürokratische Staatsmaschine von alleine, wenn auch mehr schlecht als recht. Sie wurde also in den letzten Jahren nicht durch die Politik der verschiedenen Regierungen kaputt gemacht: der Grund für diese Entwicklung reicht tiefer und ist gravierender. Wird die faschistische Regierungsform diese Entwicklung stoppen? Wir glauben das nicht, und wiederholen noch mal unsere Überzeugung: wenn dieser Prozess seine höchsten Punkt erreicht hat und die Maschine völlig eingerostet ist, wird die Geschichte nur noch die Intervention einer wirklichen Revolution zulassen, die dann vor einer gnadenlosen Zerstörung nicht zurückschrecken wird.

Worin besteht denn diese neue faschistische Form zur Leitung der Maschine? Wir geben gerne zu, dass die faschistische Regierung im Vergleich zu den früheren das Steuer mit grösserer Willenskraft, Entschlossenheit und Stärke in der Hand hält. Das alles aber reicht nicht. Das Problem, das italienische Gesellschaftsleben zu regieren und zu regeln, beschränkt sich nicht auf die Leitung der Staatsmaschine. Mittel und Wege zur Lösung dieses Problems würde man in den theoretischen Darlegungen des Faschismus umsonst suchen. Dass die faschistische Bewegung keine Theorien, sondern Tatsachen schaffe, ist eine sehr billige Anwort, die die Ohnmacht nicht verbergen kann. Sicherlich sind Bewegungen, die sich den Luxus eines vollständigen und detaillierten theoretischen Systems leisteten, oftmals gescheitert, doch keine politische Bewegung, die nicht über klare und feste Prinzipien verfügt hätte und in der Lage gewesen wäre, das theoretische Bewusstsein ihrer Aufgabe zum Ausdruck zu bringen, hat eine bleibende Spur in der Geschichte hinterlassen. Denn um sich auf der stürmischen Bühne der Weltpolitik als Bahnbrecher einer neuen Zeit darzustellen, muss man schon etwas mehr als nur Agnostizismus und Empirismus mitbringen.

Nun, nicht einmal der Ausgangspunkt seiner Regierungsmethode, den der Duce skizzierte, liefert den Keim eines neuen Wissens. Woher hat er die Formeln genommen: gradueller Fortschrittkonsequente, sichere und geordnete Entwicklung – »Kein Tag ohne Linie«? Die Antwort liegt auf der Hand. Vom theoretischen Rüstzeug des Reformismus und der Sozialdemokratie.

Die Folgerung ist so schlicht wie einfach: Die Bewegung, die den revolutionären Marxismus und die sich als Sozialismus ausgebende Demokratie hinwegfegen will, vermag das historische und politische Problem nur der Fragestellung des revolutionären Marxismus zu entlehnen, und sie träumt davon, es mit Mitteln zu lösen, mit denen die Sozialdemokratie schon seit geraumer Zeit liebäugelt.

Der Gegensatz zwischen Rom und Moskau reduziert sich also auf denselben, der zwischen dem machterhaltenden, mit dem Kapital zusammenarbeitenden Reformismus und dem die bestehende Gesellschaft umwälzenden Kommunismus besteht.

Seit langem sagen wir, dass Faschismus und Reformismus auf der gleichen Ebene stehen. Diese kritische Bewertung klang zunächst paradox, die Sache wird aber politisch immer offensichtlicher. Wir gestehen dem Faschismus allerdings zu, die Regierungspolitik um etwas Neues bereichert zu haben, das weder in den Programmen der reformistischen bürgerlichen Linken noch in denjenigen der traditionellen rechten Parteien zu finden ist; doch ist er ausserstande, diese Aufgabe theoretisch zu begründen, und selbst wenn er es könnte, wäre es ihm sicher nicht recht, das auf sein Banner geschrieben zu sehen. Es ist übrigens bezeichnend, dass der Faschismus keine neue Theorie fabriziert, um über seine wahre Natur hinwegzutäuschen, so wie dies der Liberalismus, die Demokratie und der Reformismus zu tun pflegten. Unserer Auffassung nach liegt das daran, dass der Faschismus diese traditionellen Bewegungen eben nicht ersetzt, sondern sie integriert; in gewissem Sinne vervollständigt und erweitert er deren alte Mittel und Methoden, er macht sozusagen eine Synthese daraus und sichert so deren Fortdauer und Vervollkommnung.

Was ist also das Neue, das das faschistische Phänomen allgemein erklärt?

Der Verfasser dieser Zeilen hat versucht, dies in dem Bericht über den Faschismus auf dem IV. kommunistischen Weltkongress deutlich zu machen und gerade durch eine Analogie zwischen faschistischer und kommunistischer Methode herauszuarbeiten – die zur Antithese werden kann, wenn, wie es leicht möglich ist, die Regierungspolitik der durch eine revolutionäre Krise bedrohten Bourgeoisie in anderen Ländern zu den gleichen Erfahrungen und Entwicklungen führt, die in Italien den Faschismus hervorbrachten.

Die Partei, die in Russland die Staatsmaschine leitet, vertritt die Arbeiterklasse in ihrer Einheit. Die Kommunistische Partei löst die Frage der revolutionären Macht insofern, wie sie als zentralisierte Partei der Arbeiterklasse die Aktionseinheit aller Gruppen des Proletariats und sogar des Halbproletariats verwirklicht. Innerhalb dieser Klassen gibt es Kategorien, deren berufliche, soziale und lokale Interessen nicht zusammenfallen. Die Bestrebungen, die aus diesen jeweiligen Interessen hervorgehen, müssen vereint und auf ein einziges Ziel gerichtet werden. Die Klassenpartei löst diese Aufgabe, indem sie die sekundären und widerstreitenden Einzelforderungen zugunsten des allgemeinen Interesses und des entscheidenden Erfolgs zurückdrängt. In diesem Sinne leitet sie die Staatsmaschine und verwirklicht den höchsten Krafteinsatz des Proletariats im Kampf gegen die inneren und äusseren Feinde. Das ist die politische Rolle der Kommunistischen Partei, sowohl theoretisch als auch was ihre erste praktische Umsetzung in Russland betrifft.

Nun kann die Aufgabe der faschistischen Organisation, gegenüber der Bourgeoisie und den verschiedenen halbbürgerlichen Schichten, als durchaus analog angesehen werden. Zwischen diesen Schichten wie zwischen den verschiedenen Flügeln der Bourgeoisie gibt es unzählige Interessenkonflikte, wodurch eine erfolgreiche Abwehr der proletarischen Revolution ernsthaft gefährdet wird. Der Faschismus tritt mit einer einheitlich organisierten Regierungspartei auf, um die konterrevolutionäre Widerstandskraft maximal zu steigern. Und nachdem sie sich an die Spitze des Staates gestellt hat, ersetzt die faschistische Partei die alten Politkantengruppen durch einen Zusammenschluss jener gesellschaftlichen Kräfte, die im Chaos der bürgerlichen Politik die Basis jener Gruppen gebildet hatten.

Wir wollen hier nicht wieder die verschiedenen Tatsachen aufzählen, die für diese Erklärung des Faschismus sprechen. Man denke an gewisse Praktiken, welche die faschistische Regierungspartei zur Entrüstung des »mündigen Bürgers« in ihre Politik aufgenommen hat und deren Analogie zu dem, was die Kommunistische Partei in Russland tut, auf der Hand liegt. So hat der Faschismus für alle Schlüsselpositionen des Staatsapparates Parteibeauftragte ernannt. Er lässt die Fragen des Staates durch Parteigremien entscheiden, wobei die getroffenen Entscheidungen dann durch eine koordinierte und disziplinierte Kampagne der faschistischen Amtsträger in den Staatsorganen durchgesetzt werden usw.

Einer solchen Interpretation zufolge ist der Faschismus also die einheitliche, über eine zentralisierte und streng disziplinierte Organisation verfügende Partei der Bourgeoisie und der in ihrem Bannkreis stehenden Klassen: der demokratisch-bürgerliche Staat, ergänzt durch eine Bürgerorganisation. Eine Massen- oder Volkspartei wird die Interessen einiger weniger nicht schlechter zu wahren wissen, als es der »Staat aller Bürger« getan hat. Und damit diese Partei nicht durch das ständige Hin- und Herschwanken der alten Parteien und Halbparteien behindert wird, werden die Methoden der reaktionären Gewalt mit der demokratischen Demagogie widerspruchslos kombiniert. Das Zusammengehen mit dem Reformismus ist klar. Die Kommunisten bekämpfen den Reformismus als Vertreter der bürgerlichen Sache, der in den Reihen der proletarischen Klasse aktiv ist. Der Faschismus seinerseits gibt an, in ihm einen Vertreter der revolutionären Sache zu sehen, der die bürgerlichen Institutionen bekämpfe. Da aber der Reformismus voll und ganz der ersten Einschätzung entspricht, wird er schliesslich vom Faschismus als weiteres Mittel zur konterrevolutionären Verteidigung integriert werden, nachdem er ihm nicht wenige Begründungen sowie Hilfsmittel geliefert hat, wie etwa die schrittweise Reparierung der abgenutzten Staatsmaschine – wodurch die Geduld der Massen auf die Probe gestellt werden wird –, oder auch die Praxis einer korporativen Gewerkschaftspolitik, die weder für die Revolution noch für den Kampf gegen die Arbeitgeber taugt. Der Faschismus wird all diese Dinge nicht in einer neuen Lehre fassen können, sondern nur einen verschwommenen Mythos liefern, nämlich die »nationale Idee«. Anders als bei der eigentlichen »nationalistischen« Denkschule ist sie hier nicht theoretisch klar definiert, sondern so vage gehalten, dass sie sowohl dem Imperialismus der grossen Kapitalisten als auch der Arbeitsgemeinschaft des reformistischen Kleinbürgertums gerecht wird.

In diesem Sinne besteht also eine Analogie zwischen Rom und Moskau. Im Gespräch mit einem bolschewistischen Führer sagte ich unlängst, dass ein Sturz des Faschismus in naher Zukunft nicht absehbar sei, und begründete meine Prognose damit, dass der Sowjetstaat dank einer zentralisierten Partei und einer geballten Militärmacht die ungeheuren Schwierigkeiten einer trostlosen ökonomischen Lage bewältigt habe. Der Genosse entgegnete selbstverständlich, dass wir dem Faschismus überlegen seien, und dies in unserer gesellschaftlichen und geschichtlichen Stellung seine Ursache habe (worauf wir gleich zurückkommen werden). Ich bemerkte daraufhin, dass die Kommunistische Partei, auf der anderen Seite, den Staatsapparat brechen und daher gegen die Sabotage des ganzen Apparates kämpfen müsse, während der Faschismus im wesentlichen die Solidarität dieser traditionellen Maschine (Armee, Polizei, Justiz, Beamtenschaft usw.) geniesse. In der Tatsache, die Staatsmaschine nicht zerschlagen zu haben, liege ein Vorteil, der freilich der objektiven historischen Lage und nicht dem Kalkül des Duce zu verdanken sei. Doch hier kommt ein Unterschied in der Methode herein, der die von uns skizzierte Analogie vervollständigt. Zwei Parteien haben den Staat in ihre Gewalt gebracht; die eine, die bolschewistische, um den Apparat zu zerschlagen, die andere, die faschistische, um ihn zu reparieren. Wie sehen die Perspektiven aus?

Mussolini sieht in seinem kurzen Artikel natürlich alle Vorteile auf seiner Seite und argumentiert ganz wie… Turati. Moskau habe die realen Möglichkeiten überschätzt und würde von der Vergangenheit wieder eingeholt werden. Rom dagegen schreite langsam aber sicher voran. Lassen wir ihm das Bild vom Pendel, das, mit aller Kraft angestossen, jetzt in die andere Richtung zurückschwinge; denn selbst die Phantasiebegabtesten könnten dem nur das Bild eines starren Gehänges, das nicht einmal zu schwingen vermag, entgegensetzen. In der Realität hat er diese Vorteile jedenfalls nicht.

Die Kommunistische Partei hat in Russland die politischen Kräfte vereinigt und zentral diszipliniert. Sie steht vor der ungeheuren, aber keineswegs undurchführbaren Aufgabe, die wirtschaftlichen Kräfte zentral zu organisieren. Ausgehend von der Bündelung der unmittelbaren, unterschiedlichen Interessen setzt sie ihre Arbeit konsequent fort, indem sie die kollektiven Interessen ausdrückt und vertritt. Der Prozess ist gegen Niederlagen und Rückzüge nicht gefeit, denn es geht hier um ein Problem, das internationalen Charakter hat. Aber die revolutionären Anstrengungen in Russland können aus jeder Umwälzung der Situation in den anderen Ländern nur gewinnen, denn dadurch dehnt sich gegenüber der erschütterten kapitalistischen Privatwirtschaft der Raum für den Aufbau einer kollektiven Wirtschaft historisch und geographisch aus.

In Italien indes, und morgen vielleicht auch anderswo, hat die faschistische Bewegung durch eine politische Einheitspartei die Interessen und Begierden der bürgerlichen Gruppen diszipliniert. Doch kann sie ihre Linie nicht konsequent fortsetzen, sie bricht gerade an der geschichtlichen Zielrichtung, die den Faschismus daran hinderte, die Staatsmaschine zu brechen. Die organisatorische Einheit der Partei muss auf der Ebene des Staates die freie Marktwirtschaft, das dezentralisierte Wirtschaftslebens schützen, mit einem Wort: den Kapitalismus, d. h. die Anarchie der Produktion und des Gesellschaftlichen. Auf ökonomischem Gebiet ist der Faschismus dezentralisierend und liberal.

Die Interessengegensätze der herrschenden Klassen, die der Faschismus mit seinem Sieg und durch einen bemerkenswerten Krafteinsatz erfolgreich zum Schweigen bringen konnte, werden nicht überwunden, sondern noch grösser werden. Hier liegt der innere Widerspruch der faschistischen Unternehmung, so gewaltig ihre Bedeutung auch sein mag.

»Faschistische« Siege im Ausland können ihm nicht weiterhelfen, denn der Faschismus führt nicht zu einem internationalen Interessenausgleich, sondern zu Interessenkonflikten und zum Krieg.

Aus diesen kurz dargelegten Gründen hat Moskau, das die alte Staatsmaschine zu brechen wagte, der Geschichte neue Wege gebahnt. Roms Versuch, die Maschine zu erneuern, wird hingegen nur die Niederlage der reaktionären Begierden und reformistischen Phantastereien »synchronisieren« können.

Auch Rom ist eine starke Diktatur, und hat die liberalen und reformistischen Schwächen heftig angeprangert, wobei es völlig unvoreingenommen alle Waffen des politischen Kampfs benutzt. Aber die Wirtschaftsform, die Rom verteidigt, ist der Inbegriff der freien Wirtschaft, und seine politische Form ist der echte Reformismus. Eben darum wird diese Diktatur untergehen, ohne eine neue Ordnung auf die Welt gebracht zu haben.

Uns scheint, dass sich der grundlegende Widerspruch zwischen der Anarchie der kapitalistischen Wirtschaftskräfte und der organisatorischen Zentralisierung der politischen Tätigkeit der Bourgeoisie durch Zusammenstösse und Konflikte in der faschistischen Partei selbst zu äussern beginnt. Wie wir gezeigt haben, denken wir deshalb nicht, dass sich die Entwicklung sehr rasch vollziehen wird.

Auf jeden Fall ist es Moskau, das überdauern wird.


Source: »Mosca e Roma«, in »Il Lavoratore«, Januar 1923, neu veröffentlich in »Il Programma Comunista«, Nr. 3, 29. Februar 1968. [Übersetzung: Kollektiv H]

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