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DER WERT DER SOZIALISTISCHEN SPALTUNG


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Der Wert der sozialistischen Spaltung
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Der Wert der sozialistischen Spaltung

Die kritische Haltung, die die italienischen Kommunisten der Sozialistischen Partei und ihren sukzessiven Krisen gegenüber einnehmen, folgt aus einer vollständig und objektiv ausgearbeiteten theoretischen und taktischen Linie, und nur törichte Leute können darin persönliche Misshelligkeiten und Antipathien erblicken. Das soll angesichts der neuen Tatsache der gespaltenen Sozialistischen Partei festgestellt werden.

Es ist eine praktische Frage, vor der unsere Partei steht: die Frage ihrer Beziehungen zum linken Flügel der jetzt gespaltenen Partei. Diese Frage kann nicht ohne Feststellung der kritischen Gesichtspunkte behandelt werden. Uns scheint, dass die Statuten und Organisationsrichtlinien der Kommunistischen Internationale nur ein zur Lösung dieser Frage kompetentes Organ zulassen: den Parteitag der Kommunistischen Partei Italiens. Probleme »grundlegender« Art, die Verschmelzung der Partei und vielleicht auch ihre Namengebung stehen auf der Tagesordnung (aber gewiss nicht im Sinne des merkwürdigen Vorschlags, die Partei aufzulösen und in die SPI »zurückzukehren«), und nur ein Parteitag könnte die allgemeine Regel, nach der nur der individuelle Beitritt erlaubt ist, abändern. Auf diesem Parteitag und im Laufe seiner Vorbereitung wird das Problem einer eventuellen Vereinigung erörtert werden. Wir wollen im Augenblick auf unsere Auffassung über die Zulässigkeit von Verschmelzungen, die eine völlige Umwandlung des Parteiorganismus mit sich bringen, im allgemeinen und in diesem besonderen Falle nicht näher eingehen.

Andererseits hat die Exekutive der KI über diese Frage gesprochen, und auch der nächste Weltkongress wird darüber sprechen. Erst nach diesem, in Kürze stattfindenden Kongress kann die Frage in den Vorbereitungstreffen zum italienischen Parteitag behandelt werden. Es ist wohlbekannt, dass keiner der italienischen Kommunisten in bezug auf diese Frage den Vorschlägen der Internationale gegenüber eine Oppositionsstellung einnehmen würde.

Wir wollen uns hier auf die objektive Kritik jener Werte und politischen Kräfte beschränken, für die die maximalistische Partei heute steht, und legen uns die Frage vor, ob die Spaltung eine Annäherung dieser Kräfte an die Prinzipien und Methoden des Kommunismus bedeutet, denn davon hängt augenscheinlich die Frage ihrer eventuellen organisatorischen Einreihung in die italienische kommunistische Bewegung ab.

In Bologna schloss sich die SPI geschlossen der III. Internationale an und übernahm ihre programmatischen Grundlagen. Schon damals fassten wir das als grosses Missverständnis auf, da die Partei in ihrer theoretischen Auffassung, in ihren Handlungsmethoden und in bezug auf Organisation und Leitung eine traditionelle sozialdemokratische Partei blieb. Von Anfang an bildete sich daher innerhalb der alten Partei eine kommunistische Fraktion, die die negativen Züge der herrschenden »maximalistischen« Methode kritisierte, einer Methode, die, wie die Ereignisse nur allzu gut bewiesen haben, bloss eine Parodie der revolutionären Arbeitsweise war und durch Phrasendrescherei die schreckliche Tatsache wegreden wollte, dass die Partei den Ereignissen der Nachkriegszeit nicht mehr gewachsen war.

Welchen Platz nimmt nun die Rechte der Sozialdemokratie in unserer Kritik am Maximalismus, die wir hier nicht weiter ausführen wollen, ein? Wollen wir italienischen und internationalen Kommunisten vielleicht sagen, die Maximalisten seien Kommunisten, und nur die nicht vollzogene Spaltung hindere sie daran, sich sogleich auf dem Boden der kommunistischen Methode zu bewegen? Das wäre eine vulgär-oberflächliche Auffassung der Sache. Tatsächlich zeigten wir klar und unzweideutig, dass die Maximalisten keine Kommunisten waren und nicht begriffen, sich von »jenen, die die Diktatur des Proletariats und die Anwendung der Gewalt« ablehnen, trennen zu müssen.

Der fehlende Bedürfnis nach einer klaren Position in den theoretischen und programmatischen Fragen (wobei Handlungen, die den Prinzipien zuwiderlaufen, nicht hingenommen würden) war immer ein Zeichen dafür, dass die Praxis der Partei den verbal übernommenen Verpflichtungen nicht entspricht. Eine klare theoretische Grundlage ist eine unerlässliche Bedingung für eine schlagkräftige aktionsfähige Bewegung; sie ist natürlich nicht ausreichend, die übrigen Bedingungen sind noch schwerer zu erfüllen; aber wenn ersteres fehlt, fällt alles übrige zusammen. Und wirklich liess uns die theoretische Zweideutigkeit des Maximalismus voraussehen, was die Tatsachen später bewiesen: seine Nichtigkeit in der Praxis, seine kommunistenfeindliche Haltung in allen proletarischen Kampfphasen.

Die Kommunisten waren nicht überrascht, als der Maximalismus in Livorno die Einheit mit den Reformisten der Einheit mit den italienischen und internationalen Kommunisten vorzog.

Die Internationale erklärte klar und deutlich, dass dieses Verhalten der Maximalisten selbst den Blinden deren opportunistisches Wesen gezeigt habe, dass sie nach rechts gehen und schliesslich beim Opportunismus landen würden – eine Prophezeiung, die sich sehr bald in der absoluten Solidarität zwischen Maximalisten und Reformisten in der SPI, in den praktischen Aktionsmethoden und vor allem im Feldzug gegen die Kommunisten erfüllte.

Hat es danach Dinge gegeben, die bewiesen hätten, dass der Maximalismus den Marsch nach rechts gestoppt hätte, um umzukehren und sich dem Kommunismus zu nähern? Wir beantworten die Frage mit einem Nein.

Wir betreiben hier keine Wortklauberei, es geht um tatsächliche Haltungen. Die massgebenden und bisher noch nicht desavouierten Führer des Maximalismus werden solange Gehör finden, wie sie die Massenbewegung kontrollieren. Wenn wir von den Arbeitern in den Reihen jener Partei sprechen, ist unsere kritische Haltung eine andere. Sie werden zum Kommunismus kommen, wenn sie den Traditionen und den Einflüssen ihres Führungsapparates entzogen werden oder dieser Apparat zerstört oder von den Mitläufern verlassen wird.

Wir behaupten, dass die jüngste Haltung des Maximalismus, der eine Zusammenarbeit mit der sich der Bourgeoisie andienenden Rechten eingehen will, schlechterdings nicht das Urteil zu rechtfertigen vermag, er ginge nunmehr nach links.

Man könnte sagen, er müsse auf der Ebene der Praxis auf die Probe gestellt werden. Abgesehen davon, dass diese Methode zu langwierig wäre, ist die praktische Probe bislang immer, von der Gewerkschaftsbewegung bis hin zu den Blockbildungen mit Reformisten gegen Kommunisten und Anhängern der III. Internationale, negativ ausgefallen. Wir wollen uns daher bloss an die Einschätzung und Bedeutung der vollzogenen Spaltung in der SPI halten.

Sie beweist nicht, dass die Maximalisten nunmehr den einfachen Satz begriffen hätten, demzufolge ein politisches Zusammenleben mit den Sozialdemokraten unmöglich ist. Serrati hat Recht, seine konsequente Haltung hervorzuheben: die heutige steht nicht im Widerspruch zu der in Bologna, Livorno und Mailand. In der Tat sind es die Rechten, die ihre Prinzipien realisiert und dadurch ihre Position verändert haben. Was die Verantwortung der Serratianer nicht mindert, die die kollaborationistische Schlange an ihrem Busen nährten, obwohl sie wussten, dass sie beissen würde. Die Verbannten von Rom haben jetzt Sünden begangen, die sie in Bologna noch nicht begangen hatten, aber auch schon in Livorno und Mailand wollten sie Serrati auf dem trockenen sitzen lassen. Der Kongress der letzten Tage zeigt uns nicht ein Dokument, das nicht auf die brutalste Disziplinverletzung der Rechten schliessen lassen würde.

Wir sehen auf seiten der Maximalisten keine programmatische Erklärung, kein Eingeständnis der Fehler, keine Haltung, die beweisen würde, dass sie aus der Falle, die ihnen der seit Bologna bisher an den Tag gelegte falsche Kommunismus gestellt hatte, langsam herauskommen wollten. Hätten die Reformisten dieselbe Position wie in Bologna beibehalten, würden die Maximalisten weiterhin gemeinsam mit ihnen gehen: Die Symptome sind die gleichen, die opportunistische Krankheit zeigt keine Anzeichen der Besserung. Und wirklich zeigt sich seit Livorno, dass die Arbeitsweise der Maximalisten auf allen Tätigkeitsgebieten nur noch schlimmer wird.

Serrati ist konsequent und weist daher jede Anerkennung der Thesen der KI (laut denen er in Livorno kein Kommunist war, da er mit den Feinden der kommunistischen Doktrin und Methode zusammenblieb) zurück, er hofft auf eine Situationsänderung, die der heutigen Haltung des Maximalismus einen linken Anstrich verleiht. Die entfesselte Reaktion erfordere heute eine revolutionäre Reinigung der Partei. In diesem misslungenen Versuch einer kritischen Erfassung der Lage und der Aufgaben des Proletariats liegt aber bloss die Fortsetzung der früheren Zweideutigkeit und eine völlig hohle Stegreifübung.

Das Hauptargument Serratis in Livorno war, die Lage würde sich nach rechts entwickeln und die Verteidigungsstellungen des Proletariats müssten auch in den durch die Kräfte der Reformisten besetzten Festungen gehalten werden, d. h. der quantitativen Stärke der Partei sei wegen der Lage mehr Gewicht als der qualitativen Stärke beizumessen. Wenn aber die Lage heute noch mehr von der Reaktion beherrscht wird, dann hätten diese in Livorno vertretene Methode schon allein durch diese Tatsache ihren Bankrott unter Beweis gestellt. Das müsste er eingestehen, statt auf eine Kontinuität der politischen Linie zu pochen. Das Verhalten Serratis zeugt von einem Unverständnis der revolutionären Aufgaben, das zum Zusammenbruch des Maximalismus führte. Serrati und die Seinen kennen noch nicht bzw. immer weniger das Verhältnis zwischen den Veränderungen der Lage einerseits und der Taktik einer proletarischen revolutionären Partei andererseits. Die objektive Situation gebot, dieselbe für eine restlose theoretische und organisatorische Klärung des Parteikampfes auszunützen, mit allen Zweideutigkeiten zu brechen, um im Augenblick der bürgerlichen Gegenoffensive das Maximum an revolutionärer Energie in den Massen freizusetzen, damit wenigstens die bescheidensten Verteidigungsstellungen gehalten werden können.

Der Maximalismus entbehrt heute mehr denn je jeder klaren Auffassung der revolutionären Aufgaben und der praktischen Fähigkeit, den Abwehrkampf der Massen zu führen.

Der Maximalismus hat sich nicht nach links orientiert. Er ist, wie es Moskau nach Livorno vorhersagte, nach rechts gegangen und hat sich den Reformisten genähert. Diese ihrerseits sind aber zu schnell vorgeprescht und haben so die Verbindung gekappt. Daher die Spaltung, die im Lichte einer sachlichen Kritik keine linken Aspekte aufweist, sondern nur die Anstrengungen der Massen demagogisch ausnutzt. Statt den Schwung dieser Anstrengungen für eine wahrhaft revolutionäre politische Haltung mitzunehmen, werden sie ausschliesslich benutzt, um die Positionen gewisser Personen und Gruppen zu festigen.

Die Spaltung ist eine Folge des Bankrotts des Maximalismus und seines Generalstabes.

Jeder Optimismus angesichts unserer Aufgabe ist fehl am Platze. Seit zwei Jahren, bis auf den heutigen Tag, hat die Kommunistische Partei einen langen Weg zurückgelegt, und trotz aller ungünstigen Bedingungen hat sie Gründe, zufrieden zu sein. Um mit unserer Arbeit weiterzumachen, bedürfen wir der strengen Treue zu unserer theoretischen und praktischen Linie, einer Linie, von der die Genossen, die dafür aufopferungsvoll gearbeitet haben, nicht abweichen werden.


Source: »Il valore della divisione socialista«, in »Il Comunista«, Nr. 230, 6. Oktober 1922 und in »L’Ordine Nuovo«, Nr. 276, 7. Oktober 1923 [Übersetzung: Kollektiv H]

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