IBKL – Internationale Bibliothek der Kommunistischen Linken
[home] [content] [end] [search] [print]


II. WELTKONGRESS DER KOMMUNISTISCHEN INTERNATIONALE



Content:[2]

Achte Sitzung des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale am 30. Juli 1920.
Redebeitrag Sinowjew
Redebeitrag Radek
Redebeitrag Steinhardt
Redebeitrag Sinowjew
Redebeitrag Rakowski
Redebeitrag Radek
Redebeitrag Rakowski
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Wijnkoop
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Goldenberg
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Lenin
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Bordiga
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Lenin
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Lenin
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Lenin
Redebeitrag Levi
Redebeitrag Sinowjew
Redebeitrag Humbert-Droz
Redebeitrag Däumig
Redebeitrag Dalström
Redebeitrag Stoecker
Redebeitrag Jørgensen
Redebeitrag Friis
Redebeitrag Sinowjew
Redebeitrag Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale.
Redebeitrag Sinowjew
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Wijnkoop
Redebeitrag Dittmann
Redebeitrag Levi
Redebeitrag Dittmann
Redebeitrag Levi
Redebeitrag Dittmann
Redebeitrag Levi
Redebeitrag Dittmann
Redebeitrag Levi
Redebeitrag Dittmann
Redebeitrag Goldenberg
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Goldenberg
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Guilbeaux
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Wijnkoop
Redebeitrag Radek
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Wijnkoop
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Wijnkoop
Anmerkungen
Source


Achte Sitzung des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale am 30. Juli 1920.

(Serrati eröffnet die Sitzung.)

Sinowjew. Ich möchte mitteilen, dass für morgen eine Beratung in der Gewerkschaftsfrage geplant ist, nicht nur mit der Kommission, sondern für alle Genossen, die sich für die Gewerkschaftsfrage interessieren. Einzelheiten sind beim Genossen Steinhardt zu erfahren. Die Sitzung ist auf morgen zehn Uhr früh geplant. Trotzdem wir schon einige Male gebeten haben, uns möglichst schnell schriftliche Berichte zustellen zu wollen, haben wir erst eine kleine Anzahl Berichte erhalten. Wir ersuchen alle Delegationen dringend, dies spätestens bis Montag zu machen. Wir müssen sie in Druck geben. Wer bis Montag seinen Bericht nicht abgeliefert hat, muss damit rechnen, dass sein Bericht nicht in Druck kommt.

Radek. Diese Einteilung seitens des Genossen Steinhardt bedeutet eine Desorganisation der Kommission. Seit drei Tagen sitzen wir dort und debattieren. Die Debatten sollen zum Abschluss kommen. Wenn wir uns nun morgen in corpore versammeln, beginnen wir die Generaldebatten des Plenums von neuem, und die Gewerkschaftskommission wird niemals mit einem Bericht auftreten können, der ihre Auffassung wiedergibt. Wenn Genosse Steinhardt und andere Genossen ein Bedürfnis haben, nicht im Plenum, sondern in einem grösseren Zirkel über die Gewerkschaftsfrage zu sprechen, so sollen sie einen Tag wählen, wenn die Arbeiten der Gewerkschaftskommission zu Ende sind.

Steinhardt. Es besteht ein grosses Missverständnis seitens des Genossen Radek. Unser Wunsch war, dass uns die Genossen in Russland Informationen über die Stellung der Gewerkschaften im Produktionsprozess und über die Veränderungen, die im Produktionsprozess im Laufe der drei Jahre vorgekommen sind, geben, um ein genaues Bild über die Bewegung der drei Jahre zu bekommen. (Zwischenruf Walcher: Dazu ist die Plenarsitzung da!) Nein, das stimmt nicht. Alle Genossen interessieren sich für diese besondere Frage nicht. Es ist keine Frage, die an eine bestimmte Tagesordnung geknüpft ist, sondern wir müssen den Tag auswählen, an dem keine Plenarsitzung ist. Wir können den Samstag nehmen, an dem die Frauenkonferenz ist. Wir brauchen keine Angst zu haben, dass die Arbeiten der Kommission der Gewerkschaftsfrage dadurch gestört werden. (Zwischenruf Walcher: Sie sind nicht autorisiert!) Wir sind hier nicht in Deutschland, Genosse Walcher, ich brauche nicht autorisiert zu sein, am allerwenigsten von dem Genossen Walcher. Mein Pflichtgefühl hat mich autorisiert, nicht die preussischen Landesbehörden. Ich werde es mit dem Genossen Losowski besprechen, und wenn eine Anzahl Genossen Interesse hat, so werden wir einen Tag festsetzen. Wenn Genosse Walcher kein Interesse dafür hat, braucht er nicht dabei zu sein. Er interessiert sich vielleicht nur für politische Fragen.

Sinowjew. Ich schlage zur Geschäftsordnung vor, die Debatte abzubrechen. Genosse Steinhardt kann sich mit einigen Genossen zusammenfinden und einen Tag bestimmen.

(Der Antrag wird angenommen.)

Rakowski. Ich erlaube mir, etwas länger bei der Deklaration der französischen Delegation zu verweilen, die Genosse Cachin verlesen hat. Vorher möchte ich jedoch einige Worte über die vom Genossen Dittmann gestern auf geworfene Frage sagen, nämlich über die russische Gesandtschaft in Berlin. Ich will mich auf die Bewertung der Tatsachen beschränken.

Die Haltung der sogenannten revolutionären Bewegung Deutschlands war eine etwas ernstere, als sie dargestellt wurde. Es handelte sich nicht allein darum, die russische Gesandtschaft aus Berlin auszuweisen, sondern die Regierung Haases und Kautskys, der damals die äusseren Angelegenheiten leitete, beabsichtigte einen Bruch mit Russland herbeizuführen.

Sie hatten nicht einmal die Macht und die Autorität, zu gestatten, dass die in Berlin verhaftete russische Gesandtschaft, die nach Österreich wollte, nach Wien reise. während die Berliner russische Mission zehn Tage lang in Borissow unter der Bewachung von deutschen Soldaten und Offizieren und diplomatischen Abgesandten der Kaiserregierung zurückgehalten wurde, bemächtigte sich ein kleiner Graf ihrer Funktionen bis zum Ende der Gefangenschaft unserer Mission. Alle von uns nach Berlin abgesandten Telegramme blieben unbeantwortet.

Wir haben gestern die Erklärungen des Genossen Dittmann vernommen. Er sagte: Wenn wir das russische Getreide zurückgewiesen haben, das Getreide, das bereits an der deutschen Grenze war, so geschah es deshalb, weil wir die grosse Verantwortung nicht auf uns nehmen konnten. Wir haben aber darum diesen Solidaritätsbeweis der Russen nicht gering geschätzt. Trotz aller unserer Bemühungen ist es uns nicht gelungen, die Rückkehr der russischen Gesandtschaft nach Berlin zu erwirken. Genosse Dittmann hätte hinzufügen können: Wir waren nicht einmal imstande, die russische Gesandtschaft nach Wien durchfahren zu lassen, eine Gesandtschaft, die schon von der österreichischen Regierung Viktor Adlers begutachtet war, und das alles aus dem einfachen Grunde, weil die Unabhängigen die Minderheit der Regierung ausmachten. Die Mehrheit bestand aus Bourgeois oder Rechtssozialisten; alle Forderungen der Minderheit der unabhängigen Sozialisten blieben ungehört. Doch darum handelt es sich nicht. Im Grunde genommen sehe ich in dem, was Genosse Dittmann sagt, nur eine historische Wiederholung dessen, was uns allen bekannt ist. Es handelt sich darum, zu wissen, ob sie die logischen Schlussfolgerungen aus dieser gemeinsamen Arbeit im Ministerium gezogen haben, zu wissen, dass Sozialisten in einer bürgerlichen Regierung ihren Willen nicht durchsetzen können. Das ist bekannt und von altersher bekannt, und das ist auch einer der Gründe, weshalb wir gegen das Zusammenwirken im Ministerium, gegen das Zusammenwirken der Klassen waren. Übrigens habe ich in den Reden des Genossen Dittmann kein einziges Wort des Bedauerns darüber vernommen, dass die Unabhängigen sich an der Regierung Scheidemanns und Eberts beteiligten, wodurch sie die Interessen der deutschen Arbeiterklasse und der russischen Revolution verraten haben. Genosse Dittmann hat uns mit einem gewissen Vergnügen ein Dokument verlesen, das den Text eines Telegramms des Genossen Radek enthält; ich weiss nicht, ob der Inhalt genau wiedergegeben ist.

Radek. Es existiert nicht.

Rakowski. Selbst wenn dieses Telegramm vorhanden ist! Wenn es auch materiell nicht existiert hat, so war es doch den Revolutionären bewusst, dass Deutschland, welches das Joch Wilhelms II. abgeworfen hatte, Deutschland, welches eine proletarische Revolution überstanden hatte, dass dieses neue Deutschland mit Sowjetrussland zusammen gegen die Entente vorgehen werde. Ja, das ist eine Tatsache, die die Unabhängigen bis zum heutigen Tage nicht verstehen, wenn sie uns auch sagen, dass sie sich in Deutschland in einer ausserordentlich schwierigen Lage befunden hätten, die durch den Hunger und die grosse Sterblichkeit im Lande bedingt war. Um Deutschland zu retten, sind sie in eine Regierung eingetreten, in der sie, wie sie es sich schon im voraus sagen konnten, wie die Mehrheitssozialisten Diener der deutschen Bourgeoisie und der kapitalistischen Entente sein mussten. Und um sich zu rechtfertigen, sagen sie uns immer wieder dasselbe: Wir hatten kein Brot.

Wenn das aber eine ernste Rechtfertigung ist, hätte sie ihnen auch als Beweisgrund gegen die Mehrheitspartei und gegen die Bourgeoisie dienen müssen: Sie hätten der Bourgeoisie sagen müssen: Wir wollen die Macht nicht an uns nehmen. Wenn ihr aber nicht die Verantwortung auf euch nehmen wollt, Deutschland ohne Brot zu lassen, so überlasst die Macht den deutschen Arbeitern.

In Deutschland muss eine proletarische Regierung geschaffen werden. Aber mit Ihrer Art, die Beweisgründe der Bourgeoisie gelten zu lassen, sobald man Brot will, gelangt man dahin, die alte Theorie des Zusammenwirkens im Ministerium gutzuheissen, und bis jetzt haben wir fast dasselbe Argument in Frankreich, in Russland, in England, überhaupt fast überall vernommen. Die Bourgeoisie befindet sich im gegebenen Augenblick in einer schwierigen Lage; da wendet sie sich an die Arbeiterklasse und sagt: Teilen wir uns in die Verantwortlichkeit der Macht. Aber wenn die Lage der Bourgeoisie schwierig ist, so ist, wie mir scheint, für eine revolutionäre Klasse und eine revolutionäre Partei gerade der Augenblick gekommen, die Bourgeoisie an die Wand zu drücken und niederzuwerfen und nicht, ein Zusammenwirken mit ihr einzuleiten. Ich habe mich bei dieser Frage nicht aufgehalten, um auf die Rede des Genossen Dittmann zu antworten, sondern einzig und allein festzustellen und daraus die allgemeine Schlussfolgerung zu ziehen, dass die deutschen Unabhängigen leider, so wie sie hier von den Genossen Dittmann und Crispien vertreten sind, im Laufe von zwei oder drei Jahren nichts vergessen, aber auch nichts zugelernt zu haben scheinen.

Hier liegt der Schwerpunkt der Debatte.

Die Fehler der Vergangenheit haben zwei verschiedene Bedeutungen. Man kann (und das Proletariat tut es auch notwendigerweise) und muss aus ihnen die Lehren ziehen, die sie mit sich bringen, und nicht hier lange Reden halten, die eher Verteidigungsreden als revolutionäre Bekenntnisse sind; man muss nicht suchen, das Verhalten der U.S.P. durch alle möglichen Mittel und Begründungen zu rechtfertigen.

Die Frage, um die es sich handelt, ist folgende. Wenn die Internationale den unabhängigen Sozialisten im Laufe von zwei Jahren ihren Hauptfehler gegenüber dem Proletariat, gegenüber dem werktätigen Deutschland gezeigt hat, so ist es der, dass sie in diesem kritischen Moment – in der Zeit von Borissow, will ich sagen – nicht zu wählen verstanden haben zwischen der Revolution und dem Imperialismus und endlich den Imperialismus gewählt haben. Sie haben Deutschland nicht gerettet. Das ist ein Irrtum. Sie haben es verloren. Sie tragen die Verantwortung für alle Folgen des Zusammenwirkens, zu dem sie sich im ersten Augenblick bereit erklärt hatten. Sie tragen die Folgen und die Verantwortung für den Zusammenbruch der proletarischen revolutionären Bewegungen, die diesem Zusammenwirken folgten. Ja, das deutsche Proletariat hatte geschlafen und, getäuscht von dem Zusammenwirken der Unabhängigen und der Mehrheitssozialisten, hoffte es, die Rettung Deutschlands bei der Entente zu finden, es erwartete sie von Wilson und von Versailles. Und jetzt, da es klar ist, dass all diesem für Deutschland nur Unheil entsprossen ist, muss die Verantwortung dafür auf die Unabhängigen und auf die Rechtssozialisten fallen.

Ich komme jetzt zur Deklaration der französischen Sozialisten. Im Gegensatz zu den unabhängigen Sozialisten Deutschlands zeigen die Deklarationen der französischen Sozialisten, wie die privaten, so auch die öffentlichen, ja, zeigt selbst ihr Schweigen, dass bei ihnen in gewissem Sinne das Gewissen erwacht ist. Es scheint, dass sie ihre Vergangenheit bereuen und sich über die von ihnen begangenen Fehler Rechenschaft geben. Auch ich teilte diesen allgemeinen Eindruck. Bei aufmerksamer Lektüre der Deklaration erwies es sich jedoch, dass ich mich ein wenig getäuscht hatte. Ich habe die Deklaration vor mir. Als Genosse Cachin sie verlas, setzte mich manches in Erstaunen. Beim Durchlesen des Textes bin ich überrascht nicht nur über die Vorsicht, mit der die Deklaration sich ausdrückt, sondern auch über die Reserviertheit, die Verschwiegenheit und, ich möchte sagen, die geistigen Einschränkungen, die darin zutage treten.

In erster Linie schweigt die Deklaration vollständig über die Vergangenheit, und, was noch beunruhigender ist als das Schweigen an und für sich, das ist recht, wie man annehmen könnte, die Scham, ihre Fehler den Genossen gegenüber zu bekennen, sondern es ist die reservierte Haltung der Zukunft gegenüber, worüber die uns verlesene Deklaration deutlich Zeugnis ablegt.

Über das Zusammenwirken der Klassen sprechend, beginnt die Deklaration mit folgenden Worten: »Unter der gegenwärtigen geschichtlichen Konjunktur gehört derjenige, der im Augenblick des überall einsetzenden entscheidenden sozialen Kampfes noch mit der bürgerlichen Gesellschaft zusammenzuarbeiten strebt, nicht in die Reihen der Partei der Arbeiterklasse.« Übrigens gibt es auch Zeiten und historische Konjunkturen, wo das Zusammenwirken der Klassen gestattet ist, und wenn dieses Zusammenwirken in der Vergangenheit existierte, so geschah es deshalb, weil die historische Konjunktur es verlangte.

Da die geschichtlichen Verhältnisse jetzt einer Revolution günstig sind, verzichten wir auf dieses Zusammenwirken; wenn aber die Bourgeoisie, nehmen wir an, morgen wieder zu Kräften kommen sollte, wenn es ihr gelänge, gewisse Schwierigkeiten zu überwinden, so können die historischen Konjunkturen für den französischen Sozialismus, der eben erst revolutionär geworden ist, sich auch ändern, und es ist kein Grund vorhanden, dass er nicht wieder in seinen alten Irrtum zurückverfalle. Weiter lese ich folgendes: »Sollte der Weltkrieg eines Tages wiederum entflammen, so wird die gegenwärtige verbrecherische Politik der französischen Bourgeoisie daran die Hauptschuld tragen.«

Das Wort »gegenwärtige« wird in den französischen Parlamentsdebatten und in der französischen Presse für die Delegation der Französischen Sozialistischen Partei der Willkommensgruss sein, es wird ihnen ein Zeichen sein und ihnen die Möglichkeit bieten, zu sagen: In der Vergangenheit lagen die Sachen anders. Nicht nur auf unsere Bourgeoisie fällt die Verantwortung für den Krieg, sondern auf den deutschen Imperialismus, und unsere ganze Politik der nationalen Verteidigung ist, was die Vergangenheit betrifft, vollständig gerechtfertigt.

Ferner: »Wir werden uns weigern, mit dieser Politik auch nur das Geringste zu tun zu haben, sei es in der Form von Kreditbewilligung oder Zusammenarbeit im Ministerium. Wir werden uns zu erinnern wissen, dass unter solchen Bedingungen, wenn die nationalen Interessen mit den Interessen der Plutokratie zusammenfallen, die höchste Pflicht des Proletariats seiner Klasse gehört.«

Ich wiederhole: »Unter Bedingungen, wenn die nationalen Interessen mit den Interessen der Plutokratie zusammenfallen«; als ob es in der bürgerlichen Gesellschaft Augenblicke gäbe, wo die Interessen der Plutokratie und der Bourgeoisie nicht mit den nationalen Interessen zusammenfielen. Das ist wieder einmal eine Rechtfertigung der Taktik der Vergangenheit und eine offene Tür, um heimlich durchzuschlüpfen.

Genossen, hier sehen wir auch ein Mittel, jeden Verrat der Zukunft zu rechtfertigen. Es muss indes gesagt werden: Wenn wir ein lebhaftes Interesse daran nehmen, dass das Proletariat eines Landes revolutionär sei, so soll das gerade das Proletariat Frankreichs sein. Frankreich ist es, das heutzutage die Festung der gegenrevolutionären Armee ist. Es handelt sich also darum, zu wissen, welche Schwierigkeiten wir noch zu überwinden haben.

Die französischen Sozialisten als Opportunisten gleichen allen andern Opportunisten, und falls dieser Opportunismus das Zusammenwirken der Klassen unterstützt, muss man in allen Ländern die besonderen Ansichten bekämpfen, die diesen Opportunismus zum Ausdruck bringen.

Was Frankreich betrifft, muss eins gesagt werden: Vor dem Kriege wurde die Französische Sozialistische Partei von dem demokratischen Sozialismus der französischen Revolution beeinflusst und nicht vom Marxismus. Im gegebenen Augenblick waren die Allemanisten und die Possibilisten gegen das Ministerium Constans, nicht um mit dem General Boulanger zu gehen, sondern um Revolution zu machen; sie hatten schon damals beschlossen, dass man die Macht ergreifen müsse.

Die Französische Sozialistische Arbeiterpartei traf Anstalten, den Krieg auszunutzen und einen Aufstand ins Werk zu setzen. Seht, wie gross der Unterschied zwischen damals und jetzt ist, wie tief, könnte man sagen, der Fall des französischen Sozialismus ist, welcher im Jahre 1889 trotz seiner Schwäche geglaubt hatte, dass es in gewissen Augenblicken in der Gefahr der Gegenrevolution Pflicht der Arbeiterklasse sei, die Macht zu ergreifen. Aber dieser revolutionäre Sozialismus ist 1904 in Amsterdam begraben worden, und Jules Guesde hat, als er in die Vereinigung eintrat, den Guesdismus getötet. Es war nur der Reformismus übrig geblieben, d. h. Jaurès. Jaurès hatte das revolutionäre Programm angenommen, als er in die Partei eintrat, und er ist als Reformist gestorben. Es ist überflüssig, die Diskussionen zu verfolgen, die für die Methode Jaurès und die Methode Ferry stattfanden.

Genossen, auf diesem Punkte muss man in Frankreich energisch bestehen. Es handelt sich nicht bloss darum, das Programm einer Durchsicht zu unterziehen, wie man alles darin unterbringen kann, was man unterzubringen wünscht; es handelt sich vor allem um die Durchsicht der Methode und der Taktik.

Bevor ich ende, möchte ich noch etwas in bezug auf die Rede des Genossen Bordiga bemerken. Ich glaube, dass seine Methode keine guten Ergebnisse zeitigen wird, dass durch sie vielmehr falsche Ideen über die Revolution Wurzel fassen werden.

Bordiga hat uns gesagt: Wir bereiten nicht die Revolution vor. Wir bereiten das Proletariat für die Revolution vor. Ich fürchte, dass solch eine Formel über die Revolution ausserhalb der Partei die Irrtümer nur wieder neu belebt und stärkt, die sich zurzeit in den sozialistischen Bewegungen, in den Arbeiterbewegungen und selbst in gewissen kommunistischen Bewegungen, vornehmlich in Italien, bemerkbar machen. Hier ist eine Korrektur durchaus notwendig.

Genossen, es sind nicht die Bedingungen zum Beitritt in die Kommunistische Internationale, die uns Garantien bieten, sie müssen als ein Minimum betrachtet werden, und wenn notwendig, müssen sie verschärft werden.

Ich glaube aber, dass die Kommunistische Internationale eine andere Garantie finden wird.

Nur durch die Schaffung eines wirklichen Zentrums der internationalen Bewegung, durch die Schaffung eines wirklichen Generalstabs der Revolution, der mit allen Machtbefugnissen ausgerüstet ist, um die Bewegung in der ganzen Welt zu leiten, wird man sich über die Ausführung der Bedingungen zur Aufnahme in die Kommunistische Internationale überzeugen können. Es ist jedenfalls durchaus wichtig, dass das Zentrum über sehr weitgehende Machtbefugnisse verfügt.

Serrati. Ich bin einverstanden mit dem Genossen Bordiga, wenn er sagt, dass die Diskussion über die Bedingungen zum Beitritt zur Kommunistischen Internationale erst nach der Erörterung des allgemeinen Programms der Kommunistischen Internationale und der übrigen Leitsätze stattfinden müsste; denn nur wenn man einen allgemeinen Überblick darüber hat, was die Kommunistische Internationale sein soll, kann man den Beitritt zu ihr gestatten oder verwehren. Umsomehr, Genossen, da wir uns in einer höchst sonderbaren Lage befinden. Zum Kongress der II. Internationale versammelten sich Leute, die einander seit langer Zeit kannten. Man wusste von früher her, dass dieser Genosse ein ausgezeichneter, jener ein guter Redner war usw. Es war im allgemeinen eine Versammlung von Advokaten. Hier ist das nicht der Fall. Wir kennen einander nicht genügend, vielleicht weil die gegenwärtigen geschichtlichen Bedingungen der verschiedenen Länder uns allen ohne Zweifel viel zu unklar sind, als dass wir die Bedingungen eines Landes auf andere übertragen und uns über die Lage eines jeden Landes ein bestimmtes und klares Urteil bilden könnten. Es genügt, liebe Genossen, uns daran zu erinnern, dass wir während 5 oder 6 Jahren voneinander getrennt waren, nicht nur durch die Kriegsfront, sondern auch durch die bürgerliche Presse, die in allen Ländern ungehindert Unwahrheit, Verleumdungen usw. säte, um zu verstehen, dass unsere Denkweise durch diese ausserordentlich ernste und schwere Lage stark beeinflusst sein muss. Ich will keine Beispiele dafür anführen, dass wir uns sehr wenig kennen. Ich will nur eins von geringer Bedeutung anführen, welches indessen nicht wertlos ist. Genosse Sinowjew meinte hier auf meinen Seelenzustand und meine Denkweise aus dem Umstand schliessen zu können, dass ich Prampolini duze. Aber, lieber Freund Sinowjew, unsere Ahnen, die Römer, duzten den Kaiser. Wir italienischen Sozialisten duzen uns alle. Das Duzen ist eine alte Sitte unter den Sozialisten, die alle Brüder sein sollen. Ich glaube nicht, dass das eine Sache ist, die man uns zum Vorwurf machen könnte. Im Gegenteil, das könnte eher ein Verdienst sein. Wir mögen den Götzendienst nicht, wir sind immer bestrebt gewesen, unsere Fraktionen nicht nach ihren Führern zu benennen, und diejenigen, die behaupten, es gäbe in Italien eine Fraktion Serrati, Bombacci, Turati, irren sich, da wir alles, was in unseren Kräften steht, tun, damit die Fraktionen nach Ideen und nicht nach Menschen benannt werden. Lasst uns die Fehler der II. Internationale nicht wiederholen. Wie Ihr wisst, hatte man den Anarchisten anfangs den Beitritt gestattet, die man schliesslich von sich abschüttelte. Man war zu weit nach links gegangen und später zu weit nach rechts.

Wir halten eine ganz bestimmte Richtlinie ein, und wir müssen sie bis zum Ende verfolgen, umsomehr, werte Genossen, da dieser Kongress ein wirklich ausserordentlicher ist. Ich habe mich auf keinem nationalen Kongress so schwach und machtlos gefühlt, wie das hier in Moskau der Fall ist.

Auf keinem Kongress habe ich noch so viel Verschiedenheit gesehen. Ich spreche nicht von der Epoche und der Kultur der Leute, aber von ihrer Macht. Was bin ich im Vergleich zum Genossen Lenin? Er ist der Führer der russischen Revolution. Und ich vertrete eine sehr kleine kommunistische sozialistische Partei. Ich wiederhole immer »sozialistische«, denn ich kenne keinen anderen Sozialismus als den Kommunismus. Was aber sind die anderen, wenn unsere Italienische Sozialistische Partei eine der besten ist? Und trotzdem habt Ihr, englische Genossen, dasselbe Stimmrecht wie Genosse Lenin. Wijnkoop wiegt wenig im Vergleich zu Lenin, dessen Gewicht enorm ist. Wenn wir in dieser Lage sind, ist es offenbar, dass wir ihr Rechnung tragen müssen.

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen über die Zusammensetzung des Kongresses will ich einige Worte über die Lage der verschiedenen Länder sagen.

Wir müssen vor allem sagen, ob wir für die Revolution sind, ob wir die internationale Revolution wünschen. Wir haben in Basel gesagt, dass die Sozialisten die wirtschaftliche, politische und moralische Lage, die durch den Krieg geschaffen ist, ausnützen müssen, um die Revolution durchzuführen.

Ihr, teure russische Genossen, Ihr habt Eure Aufgabe ausführen können. Ihr habt gut daran getan. Die Pflicht des ganzen industriellen Proletariats ist, Euch zu folgen, denn überall erlauben es die wirtschaftlichen, politischen und moralischen Bedingungen, der Bourgeoisie den Kampf zu erklären und die Revolution zu beschleunigen.

Zu diesem Zweck müssen uns alle Mittel dienen. Aber hüten wir uns davor, in diesem Kongress Lehrer sein zu wollen, die ihren Schülern bessere oder schlechtere Noten ausstellen. Wir sind hierhergekommen, um die revolutionären Kräfte des internationalen Proletariats abzuschätzen. Ich streite nicht darüber, ob die Franzosen ein grösseres Recht dazu haben, in die Kommunistische Internationale einzutreten, als die Deutschen.

Ich behaupte, man muss die Tore der Kommunistischen Internationale allen Parteien öffnen, die mit uns imstande sind, eine Revolution zu machen, und nachher soll man diskutieren.

Wijnkoop. Und die Anarchisten?

Serrati. Wenn Sie gestatten, mein lieber Wijnkoop, werde ich nicht nur auf die Anarchisten zu sprechen kommen, sondern auch auf die Holländer. Es ist keine Notwendigkeit vorhanden, das Verhalten Crispiens oder Dittmanns zu besprechen, es genügt, nur danach zu fragen, wie die Lage in Frankreich, in Deutschland ist, wie die Lage der Französischen Sozialistischen Partei, der USPD ist.

Ich sage es Ihnen offen heraus: trotzdem ich selbst Romane bin, habe ich nicht das geringste Vertrauen zu einer revolutionären Tat seitens der Französischen Sozialistischen Partei, da die Lage Frankreichs nicht revolutionär ist.

Die französischen Sozialisten haben uns eines schönen Tages gesagt: Ja, liebe italienische und russische Genossen, wir wollen einen Generalstreik zugunsten der russischen Revolution erklären. Ich bestreite es nicht, ich glaube, sie waren aufrichtig, als sie das versprachen.

Goldenberg. Sie waren es nicht.

Serrati. Aber, mein Freund, wir haben kein »Aufrichtigkeitsgradometer« in der Tasche.

Lenin. Wir werden dieses Aufrichtigkeitsgradometer finden.

Serrati. Ich will es hoffen, da das meine Beweise nur unterstützen könnte. Und ich wiederhole, ich hielt sie für aufrichtig, als sie uns dies versprachen. Was tun sie aber im entscheidenden Augenblick? Der Generalstreik wird nicht proklamiert. Sie verraten uns während der Wahlen. Man bedient sich des Genossen Sadoul. Man sagt, er sei ein zum Tode Verurteilter, und man müsse ihn in die vordersten Reihen des Kampfes stellen. Man muss Wahlen zugunsten der Sowjetrepublik einleiten. Aber die Wahlen sind eine Enttäuschung für die französischen Sozialisten. Sie erschrecken und sagen sich, dass, wenn sie auf den Bolschewismus gepfiffen und auf die Reformisten gesetzt hätten, ihr Erfolg grösser gewesen wäre.

So ist es immer. Die Situation bringt unklares und zweideutiges Verhalten mit sich, ein Kopfnicken nach rechts und links, ohne zu wissen, was man eigentlich will. Ich sage, man darf Leute, die sich in einer solchen Lage befinden, nicht aufnehmen. Eine Partei, die ihre Aufgabe nicht erfüllen will, darf nicht auf genommen werden.

Wir müssen in Deutschland und Frankreich einen sehr starken Vortrupp haben, der festen Schrittes vorangeht und sein Möglichstes tut, um das Proletariat nachzuziehen. Frankreich hat im Kriege den Sieg davongetragen. Die Kleinbauern haben sich die Taschen mit Geld vollgestopft. Die wirtschaftliche Lage ist hier vielleicht besser als sonst irgendwo in der Welt. In Deutschland liegen die Dinge ganz anders. Ich bin nicht unterrichtet über die Tatsachen, die man Dittmann und Crispien vorwirft. Ich weiss aber, dass die Lage in Deutschland revolutionär ist, und ich weiss, dass die USPD eine grosse Macht unter der Arbeitermasse vorstellt.

Die geschichtliche Lage, wiederhole ich, ist in Deutschland revolutionär. Wir müssen uns also dem Proletariat dieses Landes nähern. Das ist selbstverständlich. Man muss den Weizen von der Spreu säubern. Ich bin der Meinung, dass man mit der U.S.P. weiter gehen kann als mit den französischen Sozialisten. Unser Kongress soll kein Urteil über einzelne Männer fällen, sondern nur ein Urteil über die revolutionäre Lage eines jeden Landes. Er muss sich davon überzeugen, dass die allgemeine Lage den Menschen schafft, und nicht umgekehrt.

Nachdem ich das gesagt habe, gestattet mir, zu den italienischen Zuständen zurückzukehren. Trotz Eurer Kritik, teure russische Freunde, haben wir einander sehr gern. Gewiss gefällt es Euch, uns von Zeit zu Zeit Rippenstösse zu versetzen, indessen man tut dergleichen nur, wenn man einander gern hat... (Heiterkeit.)

Es handelt sich nicht darum, jeden Augenblick über Turati und Modigliani zu reden, sondern darum, in Italien die Revolution zu organisieren. In Italien ist die revolutionäre Lage günstiger als in den übrigen siegreichen Ländern.

Die wirtschaftliche Lage ist sehr traurig. Der Staat verfällt zusehends, die Bauern sind unzufrieden. Gewiss haben sie mehr Geld als vor dem Kriege, aber niemand will mehr für den Gutsbesitzer arbeiten. Ich will in meiner Fabrik, auf meinem Felde arbeiten, sagt der Arbeiter. Die Situation ist wirklich revolutionär, wie vom wirtschaftlichen, so auch vom psychologischen Standpunkt aus.

Wir führen eine eifrige revolutionäre Agitation im Lande. Es ist wahr, dass Leute ohne Steuer sich von der Strömung Turati fortreissen lassen. Ihr lest noch, hat man uns gesagt, die »Critica Sociale«. Es ist lange her, dass wir sie gelesen haben. Ich kenne genau ihre Auflage; es sind 953 Exemplare.

Bordiga. Die die bürgerliche Presse wiedergibt.

Serrati. Es ist dies eine wissenschaftliche sozialistische Zeitschrift, die im Laufe von ungefähr 30 Jahren die jungen Sozialisten im marxistischen Sozialismus unterrichtete, der in Italien den Bakunismus besiegt hat. Heute hat sie nicht den geringsten Einfluss mehr. Ebenso wie Turati spielt sie in der Partei keine Rolle mehr. Als wir in Bologna die Frage über die Haltung unserer Partei behandelten und unser altes Programm von 1892 durchsahen, musste Turati sich hinter Konstantin Lazzari stecken, um noch einige Anhänger zu behalten. Er hat eine Resolution angenommen, die sich in sehr unklaren Worten über die Diktatur des Proletariats, über das Ergreifen der Macht usw. ausdrückt. Auf dem nationalen Kongress zu Florenz wagten es die Reformisten nach ihren Reden nicht, eine Resolution vorzuschlagen. Sie fühlten, dass ihre Reden im Kongress keinen Anklang gefunden hatten.

Es gibt eine gewisse Arbeiterbewegung, mit der wir rechnen müssen. Wir sind nicht schuld daran, noch ist es unser Verdienst, dass wir Italiener sind und dass Ihr Russen seid. Die Italiener haben immer Sympathie zu denen gefühlt, die ihre Gedanken stets deutlich ausgesprochen und die Partei nicht verraten haben. In Italien werden alle geehrt, die wenig versprechen und viel geben.

Wir haben dort während einer langen Reihe von Jahren die Labriola, die Ambris gehabt, die der Arbeitermasse predigten, sich von ihren Führern zu trennen, die sie verraten hätten; aber gerade sie sind es, die Verrat geübt haben. Turati hat immer gehalten, was er versprochen hat, und hat auch die Parteidisziplin eingehalten.

Und während man den Ausschluss dieser Leute verlangt, bereitet man sich vor, in die kommunistische Partei solche Parteien aufzunehmen, in deren Mitte Leute sind, die sich im Laufe des Krieges die Taschen mit Kreditbillets gefüllt und ganz Europa bereist haben, um die Arbeiterklasse zu verderben.

Man sagt uns, wir sollen Turati vertreiben, Turati, der gegen den Krieg gestimmt hat, nicht nur als Pazifist, sondern auch als Sozialist und Feind des bürgerlichen Opportunismus. Hierin liegt ein offenbarer Widerspruch.

Genosse Bombacci hat auf dem Kongress zu Rom 1918 eine grosse Lobrede auf ihn, gegen dessen Ausschliessung er ankämpfte, gehalten. Er erklärte mit Recht, dass Turati niemals auf das Volk schiessen lassen würde. Was mich betrifft, kommt für mich hier nicht die Frage der Persönlichkeit in Betracht, sondern es kann sich nur um die Frage der Zweckmässigkeit handeln. Wenn Turati uns nützlich ist, dann behalten wir ihn, ist er uns gefährlich, stossen wir ihn von uns. Ich hege gegen niemand persönliche Gefühle.

Lenin. Bitte keine Sentimentalität.

Serrati. Sie wissen recht gut, dass meine Haltung nicht die Haltung eines Sentimentalen ist. Also ich habe gesagt, dass man sich von diesen Leuten freimachen müsse, ohne indessen dabei den Kontakt mit den Massen zu verlieren. Wir müssen verstehen, aus gewissen Umständen Schlüsse zu ziehen. Ich habe das schon mehrmals versucht.

Genosse Sinowjew hat den Kongress der chemischen Arbeiter erwähnt, auf dem Turati die Zusammenarbeit der Klassen befürwortete. Bei dieser Gelegenheit habe ich einen heftigen Kampf gegen ihn geführt. Und es waren die Arbeiter, die ihn verteidigten und sagten: Ja, er hat nicht recht, aber er ist ein mutiger Mann. Man muss die Zeit abwarten, bis man das von ihm nicht mehr sagen kann. Das wird aber nicht so leicht sein. Die letzte Rede Turatis im Parlament, über die Genosse Sinowjew gesprochen hat, hatte nicht den Sinn, den dieser ihr gegeben hat. Es war im Gegenteil eine sehr geschickte Rede. Hört, was er über die Bourgeoisie sagte: Ich sage euch, ihr seid nicht mehr fähig, die Macht zu halten, ihr könnt nicht mehr über das Volk herrschen. Tretet ab. Wir kommen jetzt an die Reihe, wir nehmen die Macht an uns und werden die bürgerlichen Fachleute als Techniker ausnutzen und sie nach unserem Gutdünken für uns arbeiten lassen. Es ist ein ganz anderer Gedanke als der, den Genosse Sinowjew ihm zuschreibt. Ich habe bereits mehrmals gesagt, dass ich für die Reinigung der Partei bin, aus der Turati austreten soll, aus der er aber nicht ausgeschlossen werden darf. Ich habe darüber mit dem Genossen Lenin gesprochen und im »Avanti« und »Il Comunismo« geschrieben. Man muss verstehen, die Sache richtig anzufassen, um die Arbeitermasse zu behalten und sogar diejenigen ihrer Führer nicht zu verlieren, die eine bloss dekorative Bedeutung haben. Übrigens fordern die Leitsätze dasselbe. Und ich nehme sie an aus diesen Erwägungen. Man hat gesagt, dass alle Parteien, die noch sozialdemokratische Elemente enthalten, eine Revision ihrer Kräfte vornehmen und neue kommunistische Parteien auf Grund der neuen Bedingungen gründen müssen. Doch glaube ich, obwohl ich ein entschiedener Anhänger der Zentralisation bin (und ich bin es in dem Masse, dass man in Italien sagt, ich sei zu dogmatisch, zu brutal in den Augen der Genossen, die ihre kommunistische Pflicht nicht vollständig erfüllen), dass man die besonderen Bedingungen jedes einzelnen Landes in Betracht ziehen muss. Dieser Gedanke ist übrigens in einem anderen Teil» der Leitsätze bestätigt:

»Die Kommunistische Internationale und ihr Exekutivkomitee müssen den verschiedenartigen Verhältnissen Rechnung tragen, unter denen die einzelnen Parteien zu kämpfen und zu arbeiten haben, und Beschlüsse von allgemeiner Gültigkeit nur in solchen Fragen fassen, in denen solche Beschlüsse möglich sind.«

Ich frage Euch, Genossen: wenn wir z. B. heute nach Italien zurückkehren und die Reaktion gegen uns wüten würde, was sehr möglich ist, wenn wir den Imperialismus gegen uns gerichtet fänden, könntet Ihr uns dann raten, Genossen aus dem Exekutivkomitee, dass wir in einer solchen Situation eine Spaltung vornehmen sollen?

Nein, werte Genossen, lasst der Sozialistischen Partei Italiens die Möglichkeit, den Augenblick der Reinigung selbst zu wählen. Wir alle versichern Euch – und ich glaube nicht, jemand könnte sagen, dass wir unser gegebenes Wort jemals gebrochen hätten –, dass die Reinigung vollzogen wird, aber gebt uns die Möglichkeit, sie in einer Weise vorzunehmen, die der Arbeitermasse, der Partei, der Revolution, die wir in Italien vorbereiten, nützlich sein wird.

Lenin. Genossinnen und Genossen! Serrati hat gesagt: wir haben noch nicht ein Sincèromètre erfunden – das ist ein neues französisches Wort, das ein Messinstrument für Aufrichtigkeit bedeutet –, solch ein Instrument ist noch nicht erfunden. Ein solches Instrument brauchen wir gar nicht, aber ein Instrument, um die Richtungen zu beurteilen, haben wir bereits. Es ist ein Fehler vom Genossen Serrati – darüber möchte ich später sprechen –, dass er dieses längst bekannte Instrument nicht angewandt hat.

Ich möchte nur ein paar Worte über den Genossen Crispien sagen: Ich bedauere sehr, dass er nicht anwesend ist. (Zuruf Dittmann: Er ist krank!) Das tut mir leid. Seine Rede ist eines der wichtigsten Dokumente, und diese Rede hält genau die politische Richtung des rechten Flügels der U.S.P. ein. Ich möchte nicht über persönliche Angelegenheiten und einzelne Fälle sprechen, sondern über die klar ausgesprochenen Ideen der Rede Crispiens. Ich glaube, ich werde imstande sein, zu beweisen, dass es im ganzen eine entschieden kautskyanische Rede war und dass Genosse Crispien eine kautskyanische Auffassung von der Diktatur des Proletariats hat. Als ihm ein Zuruf gemacht wurde, da sagte Crispien: Die Diktatur ist nichts Neues; sie steht bereits im Erfurter Programm. Im Erfurter Programm steht nichts über die Diktatur des Proletariats und die Geschichte hat bewiesen, dass das kein Zufall ist. Als wir 1902–03 das erste Programm unserer Partei ausarbeiteten, hatten wir immer das Beispiel des Erfurter Programms vor uns, wobei Plechanow, derselbe Plechanow, der damals ruhig sagte: »Entweder wird Bernstein die Sozialdemokratie begraben, oder die Sozialdemokratie wird ihn begraben«, eben besonders betonte, dass es theoretisch unrichtig und praktisch ein feiges Zugeständnis an die Opportunisten ist, wenn im Erfurter Programm von der Diktatur des Proletariats keine Rede ist. Und in unserem Programm steht seit 1903 die Diktatur des Proletariats.

Wenn Genosse Crispien jetzt sagt, die Diktatur des Proletariats sei nichts Neues und hinzufügt: Wir sind immer für die Eroberung der politischen Macht gewesen, so heisst dies das Wesen der Sache umgehen. Man erkennt die Eroberung der politischen Macht an, aber nicht die Diktatur. Die gesamte sozialistische Literatur, nicht nur die deutsche, sondern auch die englische und französische, beweist, dass die Führer der opportunistischen Parteien – in England z. B. MacDonald – für die Eroberung der politischen Macht sind. Sie sind alle aufrichtige Sozialisten, Scherz beiseite, aber sie sind gegen die Diktatur des Proletariats! Sobald wir eine gute, nennenswerte kommunistische, revolutionäre Partei haben, gilt es, im Unterschied von der alten Auffassung der II. Internationale, die Diktatur des Proletariats zu propagieren. Das hat Genosse Crispien verschleiert und verwischt, und das ist der Grundfehler, der allen kautskyanischen Anschauungen eigen ist.

Wir sind Führer, gewählt durch die Massen, so sagt Genosse Crispien uns weiter. Das ist ein formeller Standpunkt und unrichtig, weil wir auf dem letzten Parteitag der deutschen Unabhängigen ganz klar den Kampf der Richtungen gesehen haben.

Man braucht keinen Aufrichtigkeitsmesser zu suchen und darüber Spässe zu machen, wie Genosse Serrati es getan hat, und diese einfache Tatsache zu wissen, dass es einen Kampf der Richtungen gibt und geben muss: die eine Richtung – das sind die revolutionären, die neu zu uns gekommenen Arbeiter, die Gegner der Arbeiteraristokratie; die andere Richtung ist die Arbeiteraristokratie, die in allen zivilisierten Ländern von den alten Führern vertreten wird. Ob Crispien es mit der Richtung der alten Führer und der Arbeiteraristokratie hält oder mit der Richtung der neuen, revolutionären Arbeitermasse, die gegen die Arbeiteraristokratie ist, das eben hat Genosse Crispien vertuscht.

In welchem Ton spricht Genosse Crispien über die Spaltung? Spaltung ist eine bittere Notwendigkeit, hat er gesagt, und er hat lange darüber geweint. Das war kautskyanisch. Spaltung von wem? Von Scheidemann? Jawohl! Crispien sagte: Wir haben die Spaltung gemacht. Erstens haben Sie sie zu spät gemacht! Wenn man darüber spricht, dann müssen wir das sagen. Und zweitens müssen die Unabhängigen nicht darüber weinen, sondern sagen: Die internationale Arbeiterklasse befindet sich noch unter dem Joch der Arbeiteraristokratie und der Opportunisten. Das ist Tatsache auch in Frankreich und England. Genosse Crispien denkt über die Spaltung nicht kommunistisch, sondern ganz und gar im Geiste von Kautsky, der keinen Einfluss haben soll. Dann kam Crispien auf die hohen Löhne zu sprechen. Die deutschen Verhältnisse seien so, dass die Arbeiter im Vergleich zu den russischen und überhaupt osteuropäischen Arbeitern eine ziemlich gute Lebenshaltung hätten. Eine Revolution kann nur gemacht werden, sagte er, wenn die Arbeiter eine »nicht zu grosse« Verelendung erleiden. Ich frage mich, ob es in einer kommunistischen Partei zulässig ist, in diesem Ton zu sprechen. Das ist gegenrevolutionär. Wir in Russland haben sicher eine Lebenshaltung, die niedriger ist als in Deutschland, und als wir die Diktatur errichteten, trat als Folge ein, dass die Arbeiter mehr hungerten und ihr Lebensniveau noch niedriger wurde. Der Sieg der Arbeiter ist unmöglich ohne Opfer, ohne zeitweilige Verschlechterung ihrer Lage. Wir müssen den Arbeitern das Gegenteil von dem, was Crispien sagte, sagen. Wenn man die Arbeiter zur Diktatur vorbereiten will und vor ihnen über »nicht zu grosse« Verelendung spricht, so hat man das Wichtigste vergessen, nämlich: dass die Arbeiteraristokratie dadurch entstanden ist, dass sie »ihrer« Bourgeoisie half, auf imperialistischem Wege die ganze Welt zu erobern und zu erdrosseln, und sich auf diese Art bessere Löhne zu sichern wusste. Wenn jetzt die deutschen Arbeiter revolutionäre Arbeit tun wollen, dann müssen sie Opfer bringen und nicht davor zurückschrecken.

Im allgemeinen, welthistorischen Sinne ist es richtig, dass ein chinesischer Kuli in zurückgebliebenen Ländern keine Revolution machen kann; aber in wenigen reicheren Ländern, wo die Lebensstellung dank dem imperialistischen Raub besser ist, den Arbeitern sagen, sie sollen »zu grosse« Verelendung fürchten, ist gegenrevolutionär. Das Gegenteil muss gesagt werden. Eine Arbeiteraristokratie, die Opfer fürchtet, die eine »zu grosse« Verelendung während des revolutionären Kampfes fürchtet, kann nicht zur Partei gehören. Sonst ist keine Diktatur möglich, besonders nicht für die westeuropäischen Länder.

Wie spricht Crispien über Terror und Gewalt? Das sei Verschiedenes, sagt er. Vielleicht kann man in einem soziologischen Handbuch einen solchen Unterschied machen, aber keinen für die praktische Politik, besonders nicht in bezug auf die deutschen Verhältnisse. Gegen die Leute, die sich benehmen wie die deutschen Offiziere beim Mord von Liebknecht und Rosa Luxemburg, gegen Leute wie Stinnes und Krupp, die die Presse aufkaufen, gegen solche Leute ist man gezwungen, mit Gewalt und Terror vorzugehen. Natürlich vorher zu erklären, dass wir unbedingt Terror üben werden, ist nicht notwendig, aber wenn die deutschen Offiziere und Kappisten, wenn Krupp und Stinnes so bleiben, wie sie jetzt sind, dann müssen wir den Terror anwenden. Nicht nur Kautsky, sondern auch Ledebour und Crispien sprechen über Terror und Gewalt ganz im gegenrevolutionären Sinne. Eine Partei, die sich in solchen Ideen bewegt, kann die Diktatur nicht mitmachen, das ist klar.

Dann die Agrarfrage. Hier war Crispien besonders heftig und glaubte, uns des Kleinbürgertums bezichtigen zu können. Für die Kleinbauern etwas zu erstreben auf Kosten des Grossgrundbesitzes, das sei kleinbürgerlich. Die Grossgrundbesitze müsse man enteignen und das Land den Genossenschaften übergeben. Das ist eine pedantische Auffassung. Selbst in hochentwickelten Ländern, auch in Deutschland, gibt es genug Latifundien, gibt es solche Stücke Landes, die nicht grosswirtschaftlich-kapitalistisch bearbeitet werden, sondern halbfeudal, Gebiete, von denen man den Kleinbauern etwas geben kann, ohne die Wirtschaften auseinanderzureissen. Man kann den Grossbetrieb lassen, aber doch den Kleinbauern etwas für ihn sehr Wichtiges geben. Daran denkt man leider nicht; aber praktisch muss man es tun, sonst macht man einen Fehler. Das beweist z. B. das Buch von Varga (dem gewesenen Volkskommissar für Volkswirtschaft in der ungarischen Räterepublik), der sagt, dass im ungarischen Dorf nach der proletarischen Diktatur fast keine Änderung stattgefunden hätte, und dass die Tagelöhner nichts gemerkt und die Kleinbauern nichts bekommen hätten. In Ungarn gibt es grosse Latifundien, grosse Landstrecken werden dort halbfeudal bewirtschaftet. Immer findet man und muss man solche Teile der Grossgrundbesitze finden, von denen man den Kleinbauern etwas geben kann, vielleicht nicht als Eigentum, sondern in Pacht, damit der kleine Parzellenbauer etwas vom konfiszierten Eigentum bekommt. Sonst merkt der Kleinbauer den Unterschied zwischen früher und der Rätediktatur nicht. Wenn die proletarische Staatsmacht nicht diese Politik verfolgt, dann kann sie sich nicht halten.

Wenn Crispien gesagt hat: Sie können uns die revolutionäre Überzeugung nicht absprechen, so antworte ich: Ich spreche sie Ihnen entschieden ab. Ich spreche sie Ihnen nicht in dem Sinne ab, dass Sie nicht revolutionär handeln wollten, sondern in dem Sinne, dass Sie nicht revolutionär zu denken verstehen. Ich wette, man kann eine beliebige Kommission von gebildeten Leuten wählen, ihnen zehn Bücher von Kautsky und die Rede von Crispien geben, und diese Kommission wird sagen: diese Rede ist durch und durch kautskyanisch, sie ist durchaus beherrscht vom Kautskyschen Ideengang. Alle Methoden der Crispienschen Argumente sind durch und durch kautskyanisch, und dann kommt Crispien und sagt: Kautsky hat keinen Einfluss mehr in unserer Partei. Vielleicht nicht auf die revolutionären Arbeiter, die hinzugekommen sind. Aber es ist eine absolut bewiesene Tatsache, dass Kautsky auf Crispien, auf seinen ganzen Gedankengang und auf alle Ideen des Genossen Crispien einen enormen Einfluss gehabt hat und noch hat. Das hat Crispiens Rede bewiesen. Deshalb kann man sagen, ohne ein Sincèromètre oder einen Aufrichtigkeitsmesser zu finden: die Richtung Crispiens entspricht der Kommunistischen Internationale nicht. Wenn wir das sagen, so wird das eine Richtlinie sein für die ganze Kommunistische Internationale.

Wenn die Genossen Wijnkoop und Münzenberg gesagt haben, sie seien unzufrieden damit, dass wir die U.S.P. einladen und mit ihren Vertretern sprechen, so ist das – glaube ich – unrichtig. Wenn Kautsky gegen uns auftritt und Bücher schreibt, so polemisieren wir gegen ihn als Klassenfeind. Wenn aber die U.S.P., die gross geworden ist, weil revolutionäre Arbeiter zu ihr hinströmen, hierher kommt, um zu verhandeln, so müssen wir uns mit ihren Vertretern besprechen, weil sie einen Teil der revolutionären Arbeiter vertreten. Mit den deutschen Unabhängigen, mit den Franzosen und mit den Engländern können wir nicht sofort über die Internationale einig sein. Genosse Wijnkoop beweist durch jede seiner Reden, dass er fast jeden Fehler des Genossen Pannekoek teilt. Wijnkoop hat zwar erklärt, er teile die Auffassung Pannekoeks nicht, aber durch seine Reden beweist er das Gegenteil. Das ist der Grundfehler dieses linken Teiles, das ist überhaupt ein Fehler der proletarischen Bewegung, die im Wachsen begriffen ist. Die Reden der Genossen Crispien und Dittmann sind durch und durch bürgerliche Reden, mit denen man die Diktatur des Proletariats nicht vorbereiten kann. Wenn aber die Genossen Wijnkoop und Münzenberg in der Frage der U.S.P. noch weiter gehen, so sind wir mit ihnen nicht einig.

Wir haben gewiss, wie Serrati sich ausdrückt, keinen Aufrichtigkeitsmesser, um den guten Glauben der Menschen zu prüfen, und wir sind vollständig einverstanden, dass es sich nicht darum handelt, die Menschen zu beurteilen, sondern die Situation einzuschätzen. Ich bedaure, dass Serrati gesprochen hat, ohne etwas Neues zu sagen. Seine Rede war von der Art der Reden, wie wir sie in der II. Internationale gehört haben.

Serrati war im Unrecht, als er sagte: in Frankreich – keine revolutionäre Lage; in Deutschland – revolutionäre Lage; in Italien revolutionäre Lage.

Aber wenn die Lage selbst gegenrevolutionär ist, so irrt die II. Internationale und ladet sich eine grosse Schuld auf, wenn sie keine revolutionäre Propaganda und Agitation organisieren will; denn selbst wenn die Situation nicht revolutionär ist, kann und muss man revolutionäre Propaganda treiben: die ganze Geschichte der Partei der Bolschewiki beweist dies. Darin liegt eben der Unterschied zwischen den Sozialisten und den Kommunisten, dass jene sich weigern, das zu tun, was wir in jeder gegebenen Lage tun, nämlich: revolutionierende Arbeit zu leisten.

Serrati wiederholt nur, was Crispien gesagt hat. Wir wollen nicht sagen, dass wir Turati an dem und dem Datum bestimmt ausschliessen müssen. Diese Frage ist bereits vom Exekutivkomitee berührt worden, und Serrati hat uns gesagt: keinen Ausschluss, wohl aber Reinigung der Partei. Wir müssen den italienischen Genossen einfach sagen, dass es die Mitglieder der »Ordine Nuovo« sind, deren Tendenz der Tendenz der Kommunistischen Internationale entspricht, und nicht die jetzige Mehrheit der Führer der Sozialistischen Partei und ihrer Parlamentsfraktion. Diese wollen, wie man behauptet, das Proletariat gegen die Reaktion verteidigen. Tschernow, die Menschewiki und viele andere in Russland verteidigen gleichfalls das Proletariat gegen die Reaktion, was aber sicher kein Grund ist, sie in unsere Mitte aufzunehmen.

Deshalb müssen wir den italienischen Genossen und all den Parteien, die einen rechten Flügel besitzen, sagen: diese reformistische Tendenz hat nichts mit Kommunismus gemein.

Wir bitten Euch, italienische Genossen, einen Kongress einzuberufen und diesem unsere Leitsätze und Resolutionen vorzulegen. Ich bin davon überzeugt, dass die italienischen Arbeiter in der Kommunistischen Internationale bleiben wollen.

Serrati. Sie verwechseln mich immer wieder mit Turati. Geschieht das vielleicht absichtlich?

Lenin. Niemand verwechselt Serrati mit Turati, wenn nicht Serrati selbst es tut, indem er ihn verteidigt.

Levi. Genossen und Genossinnen! Ich muss zunächst dem Genossen Wijnkoop dafür danken, dass er mit der KPD so nachsichtig umgegangen ist und erklärt hat, dass er in diesem Kreise, weil wir nicht nur Kommunisten sind, alle Bemerkungen gegen die deutsche Partei nicht machen könne. Ich bin Wijnkoop für seine Nachsicht umsomehr dankbar, als ich die Gründe, aus denen er uns mildernde Umstände zuerkannt hat, nicht billige. Vielmehr zeigen uns diese Gründe, weswegen er sich früher so dagegen sträubte, dass die vier Unabhängigen hier im Saale bleiben dürfen. Wijnkoop scheint nicht ohne Grund besorgt gewesen zu sein, dass er der Ansteckung durch die Unabhängigen zuerst unterliegen würde; die Begründung, die Wijnkoop dafür gegeben hat, dass er uns hier nicht kritisieren wolle, zeigt, dass er mit dieser Furcht recht hatte; es ist die typische Begründung der U.S.P., die damit alle ihre Sünden bedeckt. Er nimmt das Argument des linken Flügels der U.S.P. auf, das wir stets und ständig bekämpft haben. Dieser Flügel sagt auch immer: Wir wollen unsere Differenzen nicht blossstellen, wir wollen nichts darüber sagen, wenn andere zugegen sind. Wir sagen, dass diese Stellung ein verhängnisvolles Missverständnis über die Bedeutung der Auseinandersetzungen innerhalb des deutschen Proletariats in sich schliesst. Wenn Fehler begangen worden sind, so müssen wir sie aufdecken, ob Gegner da sind oder nicht. Die Ideologie des Genossen Wijnkoop ist so typisch unabhängig, dass mit dieser Formel das ganze Auftreten der unabhängigen Delegation auf diesem Kongress und die ganze unabhängige Politik während der deutschen Revolution erklärt wird. Was ist eigentlich der tiefste Sinn der Auseinandersetzungen mit Dittmann und Crispien, die sich gestern abend vor uns abspielten? Es war die ermüdend oft wiederholte Tatsache: Wir waren im Verhältnis zu den Massen, wir standen da, wo die Massen standen, unsere Haltung ist von den Massen gebilligt worden. Es ist dies ein grundsätzlicher Irrtum über die Rolle der Partei zu den Massen. Denn ebenso richtig, wie es ist, dass eine Partei den revolutionären Kampf nicht ohne Masse führen kann, ebenso verhängnisvoll ist es, wenn eine Partei sich darauf beschränkt, in jedem Augenblick nur zu horchen: was tun die Massen? in jedem Augenblick nur das sagen zu wollen, womit sie den Massen um den Bart gehen. Das ist allerdings die bisherige politische Methode der U.S.P., die sich selber dessen sogar noch rühmt, in jedem Augenblick immer nur das zu vertreten, was die Masse will. So ist ihre Geschichte eine Geschichte der Irrtümer und Fehler, die Geschichte des Versagens der deutschen Massen überhaupt. Wo die Massen gefehlt haben, haben die deutschen Unabhängigen gefehlt, wo die Massen sich ihrer Stärke nicht bewusst waren, waren die Unabhängigen nicht diejenigen, die sie aufgerufen haben zur Stärke, sondern schwach geworden sind mit den Massen. (Zwischenruf: Hinter den Massen! Die Führerrolle einer revolutionären Partei haben sie nie begriffen.) So kommen sie auch heute noch immer darauf zurück, zu zeigen, dass sie recht gehabt haben in allen ihren Fehlern, während es das Wichtigste gewesen wäre, zu sagen, welches ihre Fehler waren, festzustellen, was war; nicht um uns das Vergnügen zu machen, bussfertige Sünder zu sehen – es kommt uns nicht auf die Busse von Crispien und Dittmann an –, sondern deshalb – und das muss nach meinem Dafürhalten der wichtigste Teil der Auseinandersetzung zwischen den Unabhängigen und der Kommunistischen Internationale sein –, damit die deutschen Arbeitermassen, die heute in der U.S.P. sind, ihre ganze Schwäche, ihre ganzen Fehler in der Vergangenheit erkennen. Aus diesem Grunde und um dieser Arbeitermasse willen muss jetzt über unseren Auseinandersetzungen der Satz stehen: Zwischen uns sei Wahrheit. Und ich bin der Meinung, dass bei aller subjektiven Wahrhaftigkeit, die die Genossen Dittmann und Crispien hier aufgebracht haben, falsch ist, was sie gesagt haben, falsch in jeder Zeile. Es ist ein starkes Stück, muss ich sagen, wenn Crispien, der einmal eine bessere Vergangenheit hatte, seine früheren Beziehungen zum Spartakusbund dazu ausnützt, um die Opposition des Spartakusbundes zu identifizieren mit dem Ursprung der U.S.P., während er nur gar zu gut weiss, dass die Organisation der U.S.P. einen anderen Ursprung hat, dass sie sich in der Hauptsache nicht aus Mitgliedern des Spartakusbundes, sondern aus der wirren, unklaren und halbpazifistischen Opposition vom August 1914 zusammensetzte – aus Bernstein, Ledebour, Kautsky und anderen, die sich nicht über eine einzige Frage im klaren und unter sich über alle Fragen uneinig waren. Ich erinnere an die Stellungnahme von Ledebour im Oktober 1914, wo er erklärte, wenn die Russen in Frankfurt an der Oder stehen, werde er die Kredite bewilligen. Es ist eine Irreführung der deutschen Massen, wenn ihnen vorgespiegelt wird, als sei die U.S.P. aus einer kleinen einsichtigen, konsequenten Opposition gegen den Krieg herausgewachsen. Und weiter. Genau so, wie bereits die Darstellungen des Genossen Crispien vom Beginn der Geschichte der U.S.P. unklar waren, so waren die Darstellungen von Dittmann und Crispien über die Haltung der U.S.P. während des Krieges falsch. Es ist nicht wahr, dass die U.S.P. antimilitaristische Propaganda getrieben und illegale Schriften in Umlauf gesetzt hat. Ganz im Gegenteil. Genosse Dittmann, es war für mich einer der erschütterndsten Augenblicke im Kriege, als in jener Sitzung im Reichstag, wo Reichskanzler Michaelis den Unabhängigen ihre antimilitaristische Propaganda in der Flotte vor hielt und Reichpietsch und andere Genossen, die ersten Schwalben der Revolution, die ersten Toten, die für die Revolution gefallen sind, von der USPD noch im Grabe verleugnet wurden.

(Zwischenruf Dittmann: Das Gegenteil ist wahr!)

Nein, es ist richtig, dass sich die Unabhängigen damals damit entschuldigten, sie hätten keine antimilitaristische Propaganda gemacht, sie hätten den Leuten nichts mitgegeben als das Programm der USPD Sie haben nicht gesagt: Das sind unsere Genossen; sie haben nicht gesagt: Dem Weg, den die Gefallenen gegangen sind, müssen Tausende folgen.

(Zwischenruf Dittmann: Lüge!)

Bleiben Sie mit dem Wort Lüge zu Hause, ich werde Ihnen das Stenogramm vorlesen. Genau dieselbe Unwahrheit, die hier erzählt wurde über die Haltung der U.S.P. während des Krieges, genau dieselbe Unwahrheit wurde berichtet über die Haltung der U.S.P. nach dem Kriege. Dittmann hat eine ausführliche Darlegung der Umstände gegeben, die zum endgültigen Bruch der Beziehungen mit Russland führten. Er beruft sich darauf, dass tatsächlich die Ausweisung des Genossen Joffe vom Prinzen Max von Baden verfügt worden sei. Es steht aber fest, und das kann jederzeit durch Dokumente bewiesen werden, dass sich Joffe noch im Machtbereich der deutschen Regierung befand, als die »sozialistische« Regierung ans Ruder kam. Es ist die »sozialistische« Regierung gewesen, die diese Ausweisung vollstreckt hat. Ich will die Tatsachen kurz vortragen. Der Berliner Arbeiter- und Soldatenrat hat in seiner Sitzung vom 10. November folgendes beschlossen: »Der Arbeiter- und Soldatenrat beschliesst, dass die Regierung sofort die Beziehungen zur russischen Regierung aufnimmt, und erwartet die Vertreter dieser Regierung in Berlin.« Der Rat der Volksbeauftragten beschloss aber bereits einstimmig, diesen Beschluss nicht auszuführen.

Am 19. November fand dann eine Sitzung des Kabinetts statt, über die ein Protokoll veröffentlicht wurde, aus dem Genosse Radek gestern vorgelesen hat. Es nahmen daran teil ausser den Volksbeauftragten: Dr. David, Kautsky und Geheimrat Nadolny. In dem Protokoll heisst es wörtlich: »Fortsetzung der Besprechung über das Verhältnis Deutschlands zur Sowjetrepublik. Haase rät, dilatorisch (hinzögernd) vorzugehen... Kautsky schliesst sich Haase an: die Entscheidung müsse hinausgeschoben werden. Die Sowjetregierung würde sich nicht mehr lange halten, sondern in einigen Wochen erledigt sein«.

Dieser Standpunkt Haase-Kautsky-Barth wurde laut »Vorwärts« vom Kabinett einmütig angenommen (»Vorwärts« vom 18. Dezember 1918). Dem Genossen Dittmann ist das Unglück passiert, dass er mehr bewies, als er beweisen sollte. Denn wenn die Tatsachen richtig wären, die Genosse Dittmann vorangestellt hat, dass sie, die Unabhängigen, in jedem Augenblick für die Aufnahme der Beziehungen zu Russland gewesen wären, so wäre es nicht nötig gewesen, zu beweisen, dass diese Nichtaufnahme der Beziehungen zu entschuldigen sei mit der schwierigen Situation, in der zu jener Zeit Deutschland gewesen sei. Und weiter. Bekanntlich hat der Berliner Vollzugsrat beschlossen, zum ersten Rätekongress Delegierte der russischen Sowjetrepublik einzuladen. Moskau nahm die Einladung an, und die Sowjetdelegation unter Führung Radeks reiste ab. Der Zentralrat Kowno hatte nun das Kabinett telegraphisch um Auskunft gebeten, wie er sich zur Einreise der Delegation verhalten solle. Der Rat der Volksbeauftragten beschloss, gegen die Stimme von Barth, aber mit den Stimmen von Haase und – von Wilhelm Dittmann folgende Antwort:

»Wir bitten, der russischen Delegation mitzuteilen, dass sie mit Rücksicht auf die Lage in Deutschland von ihrem Kommen Abstand nehmen möchte. Der Einlass ist also nicht zu gestatten.«

In einer Sitzung des Reichstags vom 15. Februar 1919 hat Noske gesagt: Ich möchte den Genossen von der U.S.P. sagen: Wenn Ledebour auf dem Leipziger Parteitag behauptet hat, dass der Eintritt in die Kommunistische Internationale der U.S.P. das moralische Recht nehme, gegen Noske zu polemisieren, so mögen Ledebour und die anderen sehen, dass es noch andere Dinge gibt, die diesem Gelegenheit geben, gegen die Unabhängigen aufzutreten. – In der Sitzung vom 15. Februar also hat Noske folgendes ausgeführt:

»Herr Haase klagte über das Verhältnis zu Russland, das die Regierung geschaffen habe. Ein Kollege teilte mir mit, dass in einer Kabinettssitzung im November 1918, an der Herr Haase teilnahm, Kautsky vorgeschlagen habe, die Beziehungen zu dem bolschewistischen Russland nicht wieder aufzunehmen, weil man sich dadurch bei der Entente noch missliebiger mache. Dem hat Herr Haase zugestimmt. Als der Berliner Vollzugsrat Radek und den aus Berlin vorher ausgewiesenen Botschafter Joffe zum Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte einlud, hat das Kabinett, das voll besetzt war, dem also Herr Haase und Herr Dittmann angehörten, mit fünf gegen eine Stimme beschlossen, die Zureise als unerwünscht abzulehnen«.

Es liegen Dokumente vor, dass die Unabhängigen keineswegs überstimmt worden sind, denn ihre eigene Presse hat diese ihre Haltung gebilligt. In einem Zeitungsausschnitt aus der »Freiheit« Nr. 57 vom 10. Dezember 1918 heisst es folgendermassen:

»Der Rat der Volksbeauftragten hat nur unter dem äussersten Druck der Verhältnisse gehandelt, als er an die russischen Genossen appellierte, von der Einreise nach Deutschland Abstand zu nehmen. Angesichts der übermächtigen Stellung der Entente konnte und durfte er nicht die Verantwortung übernehmen, dass infolge der Einreise der russischen Genossen die Friedensabsichten verschlechtert würden.«

Und jetzt sagen Sie noch, es sei kein Wilsonismus in der Partei gewesen! Hier war die welthistorische Frage – Wilson oder die russische Revolution – in ihrer ganzen Grösse aufgerollt. Und Sie waren für Wilson. Sie sagen: Ja, vielleicht damals; inzwischen aber ist der Wilsonismus in der Partei überwunden worden. Ich kann Ihnen noch mehr erzählen. Am 4. Juni 1920 stand in der »Freiheit«, der man eine gewisse Autorität innerhalb der U.S.P. nicht wird abstreiten können, folgendes:

»Auf einen Fragebogen der pazifistischen Vereine Deutschlands, der allen Kandidaten und Parteileitungen zuging und unter anderem die Frage enthält, ob Deutschland in den Völkerbund eintreten solle, ob eine Revision des Versailler Friedens nur auf friedlichem Wege erstrebt werden dürfe, ob der Reichsverfassung entsprechend in allen Schulen die Erziehung im Geiste der Völkerversöhnung zu leiten sei, haben die Leitungen der Zentrumspartei, der Nationaldemokratischen Volkspartei sich unbedingt zustimmend geäussert, desgleichen die Zentralen der Rechtssozialisten und der Unabhängigen. Von zahlreichen Kandidaten der genannten Parteien ist im gleichen Sinne geantwortet worden. Von den beiden Rechtsparteien ist keine Antwort eingegangen.«

Aber noch weiter. Auch heute ist in Deutschland der Kampf zwischen Westen und Osten, zwischen Wilson und der russischen Revolution, noch nicht ausgekämpft. Die Situation wird für Deutschland schwer und tragisch werden. Wieder einmal kommt der Augenblick, wo die Geschicke der Weltrevolution für Monate, vielleicht für Jahre in die Hand des deutschen Proletariats gegeben werden. Wenn der Konflikt zwischen der Entente und Russland sich weiter zuspitzt und es zu Zusammenstössen kommt, so wird die Haltung des deutschen Proletariats ausschlaggebend sein. Und was lesen wir angesichts dessen in der neuesten Nummer der »Freiheit«? Ich bekomme soeben das Berliner Tageblatt vom 23. Juli 1920, und dort wird zitiert, was Breitscheid für das deutsch-russische Verhältnis zum besten gibt:

»Bei der gegenwärtigen Verteilung der Kräfte kann Deutschland bei Verfolgung dieser Politik allerdings – das darf nicht verkannt werden – in eine sehr schwierige Lage geraten. Ein bewaffneter Widerstand ist so gut wie ausgeschlossen. Das Beispiel, dass Belgien im Jahre 1914 gab, lässt sich nicht nachahmen. Wir können es nicht auf einen neuen Krieg mit Frankreich und England ankommen lassen. Wir haben jedoch unser Recht bis zum Äussersten zu betonen und den verbündeten Regierungen die Verletzung der Neutralität so schwer als möglich zu machen.«

Und wissen Sie, Genossen von der U.S.P., was in diesen Zeilen steht? Es ist das glatte Angebot an die Entente, dass man auch über die Neutralität des deutschen Proletariats, nein, über den Willen des deutschen Proletariats, Hand in Hand und Schulter an Schulter den Kampf mit dem russischen Proletariat aufzunehmen, schachern wird, wie man das deutsche Proletariat schon einmal an die Entente verschachert hat. Ich will nicht die Stellen zitieren, die hier schon mehrfach zitiert worden sind, aus der Rede, die Hilferding in Leipzig gehalten hat, wo er seine Ablehnung des Zusammengehens mit Russland darauf stützte, Sowjetrussland stehe kurz vor dem Bankerott, und er mit Siegeszuversicht erklärte: »Wir in Deutschland stehen nicht vor dem Untergang.« Was war die Stellung von Ledebour? Er sprach gegen den Terrorismus und für höhere politische Moral, und um zu erklären, was er unter Terrorismus versteht, sagte er folgendes:

»Die Handlungen, die ich dabei im Auge habe, sind nicht etwa das, was von gegnerischer Seite über die Bolschewiki erzählt wird, sondern das sind Handlungen, zu denen diese selbst sich bekennen: das ist die Unterdrückung der freien Meinungsäusserung, die Unterdrückung der gesamten gegnerischen Presse und des ganzen Versammlungswesens, sowie die Einsetzung von ausserordentlichen Kommissionen, denen volle richterliche Befugnisse übertragen werden, ohne dass gegenüber der Ausübung dieser richterlichen Funktionen den Angeklagten irgendwelche Rechtsgarantie gegeben ist. Das ist es, Genosse Stoecker, was wir missbilligen müssen, wobei wir mildernde Umstände in hohem Masse den Bolschewiki zubilligen können.«

Hilferding aber hat in seiner Rede folgendes gesagt: »Das ist’s, was wir missbilligen, wobei wir mildernde Umstände gar nicht anerkennen können: der Terror.« Und fuhr dann fort, dass das der Punkt sei, über den es keine Verständigung gäbe. Ledebour hieb in die gleiche Kerbe.

Zu allem kommt das ominöse Aktionsprogramm von Leipzig. Das gleicht ungefähr einem Tonkloss, aus dem man ein Gesicht oder eine Fratze bilden kann, wie man will. Von dem Aktionsprogramm, das in Leipzig beschlossen worden ist, weiss ich nur eines, nämlich die Tatsache, dass in Leipzig die verschiedenartigsten Strömungen bestanden.

Wir haben es klar gesagt, als bei uns Strömungen bestanden, und haben nicht das getan, was ich Euch zum Vorwurf mache. Bei dem Aktionsprogramm sehe ich nur eins klar, dass ihm Kautsky und Hilferding auf der einen Seite und Däumig und Stoecker auf der anderen Seite zugestimmt haben. Das war ja Euer Stolz. (Zwischenruf: Kautsky hat nicht zugestimmt.) Aber Hilferding hat zugestimmt. Und wenn Kautsky nicht zugestimmt hat, warum habt Ihr denn Leute in Eurer Partei, die dem Aktionsprogramm nicht zustimmen? Was habt Ihr mit den Leuten, die ihm nicht zustimmten, getan? – Und mit diesem Aktionsprogramm, das nicht Fisch, nicht Fleisch ist, kommt man nach Moskau und sagt: Wenn das Moskauer Programm in Übereinstimmung steht mit unserem Aktionsprogramm, dann werden wir eintreten. Dieses Euer Aktionsprogramm ist so weit, dass man alles damit »in Übereinstimmung« bringen kann. Deswegen verlangen wir über diesen Punkt genaue Angaben. In der französischen Presse, in der »Humanité«, ist ein Bericht des Genossen Frossard über seine Besprechungen mit Crispien in der Schweiz erschienen, in denen Crispien sich gleichfalls auf diesen Standpunkt stellte: »Wir haben unser Aktionsprogramm und werden in die Kommunistische Internationale nicht eintreten, ni sans conditions, ni sans concessions.« Erklärt uns also jetzt genau, was Euer Aktionsprogramm ist, bringt doch die Geschichte endlich einmal auf eine politische Basis, und Crispien möge uns sagen, welche Bedingungen und Konzessionen er meint. Gebt doch endlich einmal anstatt des Aktionsprogramms, das Hilferding und Stoecker umfasst und das nur aus Phrasen besteht, ein wirkliches politisches Programm, »dass man erkennen kann, wie sie es meinen«. Dann werdet Ihr das haben, was bei den Unabhängigen in diesem Augenblick notwendig ist. Ich rede dabei auch gar nicht von Spaltung, womit Ihr so gerne gruslich macht, aber davon rede ich, dass Ihr gezwungen sein werdet, den Massen zu sagen, was Ihr wollt und was die anderen wollen. Und diese Entwicklung der Richtlinien, die nach meiner Meinung entscheidend und bedeutend ist, ist der Punkt, an dem die Kommunistische Internationale einsetzen muss. Ich selbst bin viel zu viel Advokat (Dittmann: Sehr richtig!), als dass ich nicht wüsste, wie mangelhaft Advokatenwerk ist. Und deshalb muss ich gestehen, dass ich der Formulierung von 18 Paragraphen sehr skeptisch gegenüberstehe. Damit erreicht man nicht das, was innerhalb des Lebens der U.S.P. heute das Wichtigste ist: dass die Massen erfassen, um was es geht; man erreicht nicht, was die Massen zu bekommen suchen und was die Unabhängigen bis heute zu geben versäumt haben: das klare politische Programm. Und das, glaube ich, wird die Hauptaufgabe des Kongresses sein: mit klaren, verständlichen Worten zu den deutschen Arbeitern zu sprechen, die mit uns fühlen, und ihnen zu sagen: was, wo und wie der rechte Flügel ist, der sich bis heute so geschickt zu verbergen verstand dadurch, dass er, je nachdem, wie es die Masse brauchte, revolutionäre Phrasen gefunden hat. In diesem Rahmen habe ich den Kampf gegen die deutschen Unabhängigen bisher aufgefasst. Es ist notwendig, dass die Kritik, zu der man innerhalb der Reihen der U.S.P. den Mut und die Kraft noch nicht gefunden hat, dass das Gefühl der dumpfen Unzufriedenheit, das Hinausstreben aus dem Rahmen der bisherigen U.S.P.-Politik von uns in klare Worte gefasst wird. So müssen wir unserer Partei und den Massen der U.S.P. dienen und unsere Kritik weiterführen. Wir müssen den Massen das sagen, was sie bisher aus dem Munde ihrer eigenen, auch der linken Führer nicht gehört haben. Wir wissen ganz genau: man wird uns bei dieser unserer Kritik damit herabsetzen wollen, das man sagt, wir sorgten nur für die KPD und hätten nichts als unser Parteiinteresse im Auge. Wir werden aber trotzdem das Verständnis der Massen gewinnen und den rechten Flügel schneller zwingen, sich endlich einmal zu erkennen zu geben. In diesem Sinne werden wir mit unserer Kritik weiterarbeiten, nicht um unseretwillen, sondern um der Massen in der U.S.P. willen, denen wir bei allen kritischen Schlägen sagen müssen:

»Amor, der dich liebt und peinigt,
will dich selig und gereinigt.«

Sinowjew. Um die Diskussionen für heute abzuschliessen, mache ich den Vorschlag, allen, die zum zweiten Mal ums Wort bitten, dasselbe zu verweigern und den Rednern nicht zu gestatten, länger als 10 Minuten zu sprechen. (Der Vorschlag wird abgelehnt.)

Humbert-Droz. Die Hauptfrage der gegenwärtigen Diskussion scheint mir die Frage des Beitritts der USPD und der Französischen Sozialistischen Partei zur Kommunistischen Internationale zu sein. Die allgemeinen Leitsätze zur Aufnahme in die Kommunistische Internationale werden nicht erörtert. Es sind dort indessen zwei ganz verschiedene Fragen vorhanden. Wir haben einerseits die allgemeinen Bedingungen für alle Parteien festzulegen, die der Kommunistischen Internationale beizutreten wünschen, mit inbegriffen die U.S.P. und die Französische Sozialistische Partei. Eine andere Frage ist der Anschluss der U.S.P. und der Französischen Partei. Wir können darüber erst später sprechen, wenn die Parteien unsere allgemeinen Bedingungen erörtert und eine bestimmte Bitte um Aufnahme ausgesprochen haben. Das ist heute noch nicht der Fall, und wir müssen unsere Debatten erweitern, da auch andere weniger bedeutende Parteien in derselben Lage sind wie die U.S.P. und die französische Partei, so z. B. die Parteien Spaniens, der Schweiz und andere. Wenn die Linke der Schweizerischen Partei nicht ihre eigene Delegation gesandt hätte, so hätte die Zentrale eine Delegation gesandt, die der Frankreichs oder der U.S.P. ähnlich wäre, und wir würden vielleicht Naine oder Grabe, die bisher entschiedene Gegner der proletarischen Diktatur gewesen sind, an dem Kongress der Kommunistischen Internationale mit beratender Stimme teilnehmen sehen.

Die Schweizerische Partei ist durch ihre zentristische, wankelmütige Tendenz bekannt, die sich bald nach rechts, bald nich links neigt, je nach den herrschenden Einflüssen. Auf dem Kongress, der im August vorigen Jahres stattfand, schied die Schweizerische Partei einstimmig aus der II. Internationale aus und trat mit grosser Stimmenmehrheit der Kommunistischen Internationale bei. Aber sie wählte zwei Vertreter als Sekretäre, die auf dem Kongress Gegner der Kommunistischen Internationale waren: Hegler und Grabe. Bei der Abstimmung, die unter dem Einfluss der Wahlen stand, wurde der Beitritt mit 15 000 Stimmen gegen ungefähr 8000 zurückgewiesen. Daraufhin nahm die Leitung der Partei selbst die Initiative des Wiederaufbaus der Internationale in die Hand. Anfangs war bei diesem Wiederaufbau die Schaffung einer zentristischen Internationale vorgesehen, die rechte sozialistische Elemente und linke »anarchistische Aufrührer« der Kommunistischen Internationale ausschloss.

Nach dem Kongress der USPD fand die Auffassung in den Leitsätzen der Unabhängigen Aufnahme, die in die Kommunistische Internationale eintreten wollten, indem sie ihre Bedingungen stellten und die theoretischen Grundlagen zu erweitern suchten.

In Bern fanden zwischen den Vertretern der Französischen Partei, der U.S.P. und der Schweizerischen Partei mehrmals Verhandlungen statt. Wir machen den Unabhängigen den Vorwurf, dass sie, wenn sie uns sagten, dass ihre Verhandlungen sich auf ihr Leipziger Programm gründen müssten, überhaupt Verhandlungen mit der Zentrale unserer Partei begannen, die die allgemeinen Leitsätze des Leipziger Programms, die Auffassung der Diktatur des Proletariats und des Sowjetsystems bekämpft haben. Die Zentrale der Partei hat diese Taktik des Wiederaufbaus nicht sanktioniert. Im April wurde ein Einwand Grimms angenommen, der gegen die Resolution Grabes über den Wiederaufbau protestierte. Diese Resolution Grimms erklärt den Beitritt zur Kommunistischen Internationale, da die Kommunistische Internationale in der vorrevolutionären Periode die Arbeit der Demokratie zuliesse. Am nächsten Tage aber versichert die Zentrale der Partei den Wiederaufbauern Frankreichs in einem Telegramm an den »Populaire«, dass diese Resolution nur eine taktische Operation Grimms gewesen wäre, damit eine Spaltung der Linken vermieden werde. Die Verhandlungen wurden fortgesetzt. während die Delegationen der U.S.P. und der Französischen Sozialistischen Partei nach Russland kamen, setzten Paul Faure, ein Vertreter der U.S.P. und die Schweizer Partei ihre Verhandlungen über den Wiederaufbau in Bern fort. Die Zentrale der Partei hatte bestimmt, eine Delegation nach Russland zu senden, damit sie dort dieselbe Wiederaufbauarbeit leiste wie die Unabhängigen. Sie verzichtete darauf, als die Linke ihre eigene Delegation sandte.

Eines ist jetzt klar. Der Wiederaufbau ist nicht möglich. Dieser Versuch war von Anfang an verfehlt, da er alle Schwächen der II. Internationale hatte, deren Gesinnung und Tendenzen er vertrat. Der Mangel an einem Programm und theoretischen Grundlagen, das Fehlen einer internationalen Zentralisation, die Prinzipienarmut, die vielfache Spaltung – das ist es, was die Schwäche der II. Internationale bildet und den »Wiederaufbau« unmöglich macht. Die Unmöglichkeit, den Leichnam der II. Internationale neu zu beleben, und die Unmöglichkeit, die II. Internationale wieder aufzubauen, einsehend, nähern sich die alten sozialistischen Parteien der Kommunistischen Internationale, ohne deren Gesinnung und Prinzipien zu teilen, ohne deren feste Disziplin und Kontrolle zu besitzen. Aber um nicht isoliert zu bleiben, nehmen diese zentristischen Parteien alle Bedingungen an in der Hoffnung, die Kommunistische Internationale von innen heraus umgestalten zu können. Grabe erklärte auf einem Parteitag, dass die Partei gezwungen sei, der Kommunistischen Internationale beizutreten, aber dass sie sich vorbehalte, innerhalb derselben an der Erweiterung ihrer Grundlagen zu arbeiten. Die Internationale ist der Gefahr gegenüber, die ihr seitens der zentristischen und opportunistischen Parteien droht, welche sie zu überschwemmen und zu erdrücken drohen, waffenlos. Diese Elemente werden alle Bedingungen, die man ihnen stellt, unterschreiben. Zwanzig Leitsätze dürfen uns nicht dazu bringen, diese opportunistischen Elemente in unsere Mitte aufzunehmen.

Ich glaube indessen, dass der Vorschlag Bordigas, diese Parteien zu zwingen, diejenigen, welche gegen das Programm der Kommunistischen Internationale stimmen, auszuschliessen, durchaus nützlich ist, um eine erste Reinigung der äussersten Rechten vorzunehmen. Das Wort »Spaltung« erschreckt alle Opportunisten, die die Einigkeit allem voransetzen. Diese erste Reinigung wird selbstverständlich unvollkommen sein, aber sie ist der erste Schritt zur Schaffung einer wahrhaft kommunistischen Partei.

Eine zweite wichtige Bedingung scheint mir eine strenge und andauernde Kontrolle des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale über die Parteien zu sein, die ihr beigetreten sind. Die Wiederaufbauer und die Opportunisten aller Länder haben eins gemeinsam, und zwar die Forderung der Unabhängigkeit der nationalen Partei in bezug auf die internationale Exekutive. »Wir verlangen Garantien«, wiederholen sie in allen Tonarten. Sie wollen in der Kommunistischen Internationale dieselbe Freiheit haben, die Freiheit zu verraten, die sie in der II. Internationale besassen. Die Exekutive muss das Recht haben, den Verhältnissen gemäss gewissen Parteien ausser den allgemeinen im Kongress angenommenen Bedingungen besondere Bedingungen zu diktieren, die ihrer Lage entsprechen. Die Exekutive muss eine Kontrolle über die Tätigkeit der Partei ausüben und notwendige Reinigungen in solchen Parteien vornehmen, die noch unter dem Einfluss der Opportunisten stehen oder dieselben in ihre Reihen aufnehmen.

Däumig. Ich bin mit Aufmerksamkeit und mit gutem Willen den Debatten über diesen Punkt der Tagesordnung gefolgt, weil ich dem Ausgang dieser Beratungen die grösste Bedeutung beilege, nicht allein um der Partei willen, die mich hierher gesandt hat, sondern um der ganzen Internationale willen. Wenn ich mir die Diskussionsreden von gestern und von heute und vor allen Dingen die Reden, die von den Vertretern der kleinen Gruppen gehalten worden sind, vor Augen führe, so könnte ich zur Anschauung kommen, dass die Kommunistische Internationale sein und bleiben soll eine Internationale der Sekten und Gruppen, eine Internationale von Propagandagesellschaften, die untereinander sehr leicht auf eine gemeinsame Theorie, auf eine gemeinsame Linie gebracht werden können. Ich weiss bestimmt, dass unsere russischen Genossen diese Auffassung nicht teilen. Ich glaube nicht, dass man Kautsky zu einem wohlfeilen Prophetenruhm verhelfen will. Kautsky schreibt in seiner neuen Broschüre über »Vergangenheit und Zukunft der Internationale«, ausgehend von seinen bekannten demokratischen, sozialreformistischen, antibolschewistischen Anschauungen: »Dass die Kommunistische Internationale dazu kommt, sämtliche sozialistischen Massenparteien in ihrer Mitte zu vereinigen, wird von vornherein verhindert durch ihren Charakter der Ausschliesslichkeit als blosse Organisation einer Sekte. Sie wird auf Osteuropa und einige westeuropäische Splitter beschränkt bleiben.« Ich glaube nicht, dass die russischen Genossen der Auffassung sind, dass das die Zukunft der Kommunistischen Internationale sein soll. Wenn nicht, so muss sich der Kongress damit abfinden, dass auch andere grosse Parteien zur Kommunistischen Internationale mit herangezogen werden müssen, wenn die Kommunistische Internationale nicht eine Propagandagesellschaft bleiben, sondern zu einer kraftvollen Organisation des Proletariats der Welt werden soll. Und da ist es ganz selbstverständlich, dass man, wenn man sich mit Parteien auseinandersetzt, die der Zahl nach gross sind, die eine Vergangenheit, die eine politische Tätigkeit von Jahrzehnten hinter sich haben, dass man bei diesen Parteien weit mehr Angriffspunkte und weit mehr Gegenstände zur Kritik findet, als bei Parteien, die nicht im Strome des politischen Lebens zu schwimmen genötigt waren. Es fällt mir nicht ein, hier für meine Partei noch ganz besonders auf mildernde Umstände zu plädieren. Aber das eine möchte ich sagen: dass meine Partei nicht bloss beurteilt werden darf nach den allgemeinen Momenten, nach den theoretischen Äusserungen, nach den Zeitungsstimmen, die bis jetzt die Grundlagen der Kritik an der USPD an dieser Stelle gebildet haben. Man darf doch nicht in dieser Weise generalisieren, wie das hier zum grössten Teil geschehen ist. Man kann und darf nicht sagen: die U.S.P. hat das und das getan, sie hat auf diesem und jenem Gebiet gesündigt. Bei uns in Deutschland liegen die Dinge ganz besonders, und auf Deutschland trifft es in gleicher Weise zu, dass seit dem Weltkriege alle Parteien in Gärung und im Fluss sind. Es liesse sich viel sagen gegen manches, was hier vorgebracht worden ist. Ich will nur eins feststellen: Nach der Novemberumwälzung im Jahre 1918 traten innerhalb der U.S.P. zwei sehr scharfe Tendenzen gegeneinander auf. Die eine war noch befangen in den alten demokratischen reformistischen Anschauungen, die als Erbschaft übernommen worden sind von der rechtssozialistischen Partei, und die andere stellt sich vom ersten Tag der Umwälzung, vom ersten Tag der Bildung der Koalitionsregierung an auf den Boden der Diktatur des Proletariats, auf den Boden des Rätesystems. Der Teil, der sich zur Diktatur des Proletariats bekannte, war in der Partei anfangs eine Minderheit. Aber nichtsdestoweniger hat diese Minderheit alles getan von jenem Tage an bis zum heutigen Tage, um die U.S.P. mehr und mehr auf den Boden der Diktatur des Proletariats zu bringen. Ihr wisst, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen worden ist, dass es harter Kämpfe bedarf, um das letzte zu erreichen; aber immerhin ist auf diesem Wege schon ein ganz grosses Stück zurückgelegt worden. Wenn hier zum Beispiel Auseinandersetzungen verschiedener Redner, Radeks usw. mit Dittmann und Crispien stattgefunden haben und nicht mit Unrecht Kritik geübt worden ist an der damaligen Haltung der Volksbeauftragtenregierung, so möchte ich doch betonen, dass neben den Volksbeauftragten ein Berliner Vollzugsrat vorhanden war, der, trotzdem er in der überwiegenden Mehrheit aus Rechtssozialisten und Soldaten bestand, stets mit aller Energie für Abschaffung der Diplomatie à la Solf, für Aufnahme der Beziehungen mit Russland, für Aufnahme der Delegation aus Russland eingetreten ist. Wenn wir unseren Willen nicht haben durchsetzen können, wenn unsere Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt waren, so ist zu berücksichtigen, dass für uns in Deutschland das Wort zutrifft, das Trotzki geprägt hat: dass wir sehr schwer ringen mussten mit dem Widerstand der Materie. Man muss also Unterschiede machen. Es gibt nirgends, England ausgenommen, eine so tiefe Zerklüftung des Proletariats wie in Deutschland. Wir haben zu kämpfen mit einer nicht unbeträchtlichen Schicht von Arbeitern, die der rechtssozialistischen Partei nachlaufen, die noch im Banne des Klerikalismus stehen und uns wie ein Schwergewicht am Bein hängen. Dann haben wir noch eine Anzahl Arbeiter, die auf dem Boden des Bürgertums stehen, und eine amorphe Masse, die noch nicht politisch organisiert, die noch politisch indifferent ist und nur vorwärts getrieben werden kann durch die revolutionäre Arbeiterschaft. Angesichts dieser Tatsachen haben wir nichts unversucht gelassen, um der Arbeiterschaft, die jahrzehntelang in der parlamentarischen Ideologie erzogen worden ist, den Gedanken der praktischen Anwendung der Diktatur klar zu machen. Dass das Rätesystem das alleinige System sein kann, auf dem sich die Diktatur des Proletariats aufbauen kann, darüber hat innerhalb unserer Partei ein sehr scharfer Meinungsunterschied bestanden. Es muss konstatiert werden, dass in diesem Ringen der Erfolg immer mehr auf seiten der Verfechter der Diktatur des Proletariats geblieben und gewesen ist. In diesem Ringen mit den demokratisch-opportunistischen Anschauungen, die zweifellos vorhanden waren und zum Teil noch vorhanden sind, hat sich die Anschauung des linken Flügels immer stärker durchgesetzt. Daneben ging auch eine sehr scharfe revolutionäre Aktion in Deutschland vor sich. Nur andeutungsweise möchte ich sagen, dass wir uns seit 1918 nicht darauf beschränkt haben, in Versammlungen und bei öffentlichen legalen Gelegenheiten unsere Auffassungen nur theoretisch vorzutragen, sondern dass wir bis auf den heutigen Tag auf allen Gebieten, soweit unsere Kräfte und unsere Mittel es zuliessen, unsere Schuldigkeit getan haben und weiter tun werden. Dass wir in der Partei nicht in gleichem Masse Unterstützung gefunden haben, ist aus der Entwicklung der Partei und ihren Grundanschauungen verständlich. Die Anschauung, dass das illegale Mittel notwendig ist, und der Gedanke der Diktatur des Proletariats haben sich jetzt, das kann ich mit gutem Gewissen sagen, in unserer ganzen Partei durchgesetzt, und wir sind dazu übergegangen, diese Erkenntnis praktisch in die Tat umzusetzen. Auf unserem Märzparteitag waren die demokratischen Tendenzen und Ideen noch sehr stark lebendig, aber andererseits war die Propaganda für den Rätegedanken so stark geworden, dass man ihn nicht an die Wand drücken konnte, und so kam die Formulierung der Verankerung des Rätesystems in der Verfassung zustande. Die ganze weitere Entwicklung hat es mit sich gebracht, dass unsere Partei in ihren Aktionen unbedingt auf den revolutionären Weg getrieben wurde und durchaus als revolutionär anzusprechen ist. Wenn sich auch theoretisch diese Klärung noch nicht vollständig durchgesetzt hat, so muss immerhin gesagt werden, dass im Verhältnis zu dem Märzparteitag in Berlin der Leipziger Parteitag doch einen entwicklungsgeschichtlichen Fortschritt bedeutet. Aber auch der Leipziger Parteitag hat keinen Ewigkeitswert. Ich bin überzeugt, in wenigen Monaten werden wir uns, gerade angeregt durch das, was wir hier gesehen haben, ein Programm schaffen, das viel konkreter aussehen wird als das jetzige Leipziger Aktionsprogramm. Und da andererseits wieder die Kommunistische Internationale in ihrem Gesamtaufbau keine Agitationsgesellschaft, sondern eine Aktionsgesellschaft sein soll, so bin ich überzeugt und werde alles dafür tun, dass die Organisation und Aktion meiner Partei im Sinne der Anforderungen umgestaltet wird, die die Kommunistische Internationale der Tat an sie stellt. Das wird nicht so leicht sein, denn unsere Organisation ist als Gegengewicht zur demokratischen reformistischen Zentralisation der alten sozialdemokratischen Partei dezentralisiert worden. Als wir noch in der alten Partei als Opposition waren, haben wir erlebt, dass der Parteivorstand der Scheidemann und Ebert mit diktatorischer Macht handelte, über die Parteigelder verfügte, Zeitungen raubte und alle möglichen Gewaltmassnahmen ergriff, und es entstand deshalb innerhalb der fortgeschrittenen Arbeiter Deutschlands ein starker Widerwille gegen die Zentralleitung, gegen die Struktur des Vorstands. Dieser Widerwille hat zur Folge gehabt, dass die Partei stark dezentralisiert worden ist. Wir haben nicht die Machtvollkommenheit, die die russische Zentrale hat und in der revolutionären Epoche, in der wir uns befinden, haben muss. Der harte Zwang der revolutionären Entwicklung in Deutschland hätte uns ohne Zweifel auch schon dazu getrieben, unsere Organisation den revolutionären Notwendigkeiten anzupassen. Jetzt kommt die Anregung von Moskau nach Deutschland, und wir werden die dezentralisierte Organisationsweise überwinden können und müssen sie überwinden. Denn die Dinge liegen so, dass die theoretischen Schwierigkeiten, die bei uns bestehen, die jede Partei und auch meine Partei aufzuweisen hat, ein starkes Korrektiv haben – das Beispiel unserer russischen Genossen, denen ich keine Lobhudelei sage, sondern von denen man bei ruhigem und nüchternem Hinschauen sagen kann, dass hier ein klarer entschlossener Wille ein ganzes Volk in der Hand hat, ein Wille, der durch die Kanäle, die von der Internationale ausgehen, seine Wirkung auch in Deutschland nicht verfehlen kann. Das zweite Korrektiv: jeder Kilometer, den die rote Armee zurücklegt, ist ein Ansporn zur Revolution, ist ein Schritt zur Revolution in Deutschland (Beifall), und diese Tatsache zwingt uns, uns einzustellen auf die momentanen Notwendigkeiten. Es geht nicht immer, wie man es wünscht und möchte, aber ich bin überzeugt, wenn man jetzt hört, dass die Berliner Arbeiter anlässlich der Verhaftung Béla Kuns eine grosse Demonstration veranstaltet haben, dass es nicht zuletzt die Tat der U.S.P. gewesen ist, die Arbeiter für den Kampf für Sowjetrussland, für den Kampf um die deutsche Revolution aufzurufen, und dass die U.S.P. auch an sich weiterarbeiten und weiterwirken will, um zu einem wertvollen Bestandteil der Kommunistischen Internationale zu werden. Es ist nicht wahr, dass unsere Partei Regierungspartei ist. Man soll – ich lege auf dieses Argument keinen grossen Wert – man soll eine Partei auch beurteilen nach dem Urteil, dass ihre Gegner über sie abgeben. Verfolgt die Presse, nicht nur den »Vorwärts«, sondern auch die ganze rechtsstehende Provinzpresse, und Ihr werdet eine Ahnung bekommen von den verzweifelten Kämpfen, die gegen die U.S.P. geführt werden, und Ihr werdet feststellen, dass die U.S.P. als Staatsfeindin – neben der Kommunistischen Partei – angesehen wird.

Ich möchte noch einiges sagen über die KPD Sie ist gegründet worden zu einem Zeitpunkt, der nach meiner Überzeugung und nach der Überzeugung mancher anderen dem kommunistischen Lager nicht gerade günstig war. (Zwischenruf: Sie wollten doch damals zusammen eine Partei gründen!)

Wir wollten das, und warum ist daraus nichts geworden? Weil der erste Parteitag der Kommunisten sich grundsätzlich auf einen Boden stellte, den er später nicht mehr anerkannte; und weil beim Gründungsparteitag eine Anzahl Elemente anwesend waren, welche die Kommunistische Partei später von sich stossen musste. Und diese Elemente sind es gewesen, unter deren Einfluss die Bedingungen formuliert, unter deren Einfluss die Kommunistische Partei gegründet wurde. Aber dadurch, dass eine Organisation für diese Zwecke geschaffen wurde, bekam sie Eigeninteressen, und es ist in diesem Jahre manches getan worden, was als Unklarheit der Taktik oder als ungerechter Angriff auf die USPD bezeichnet werden muss. Ich kann das in bezug auf die Rätefrage sagen und auch in bezug auf andere Fragen, Es lässt sich nicht daran drehen und deuteln. Es ist sehr leicht, von der Höhe seiner theoretischen Weisheit auf die Leute herabzusehen, die die Kleinarbeit machen müssen. Auch die revolutionäre Arbeit erfordert sehr viel Kleinarbeit. Ich habe mich mit dem Genossen Levi einmal darüber ausgesprochen, dass in Deutschland die Kommunistische Partei der Schulmeister der Revolution und die U.S.P. der Prügeljunge der Revolution sei. Ich halte den geschichtlichen Augenblick, in dem wir stehen, für so bedeutungsvoll, dass das Wichtigste vor uns liegt. Ich bin fest überzeugt, dass alle unglücklichen Hindernisse, die das Fortschreiten der Revolution in Deutschland hemmen, beseitigt werden können und müssen durch die Anregungen, die von hier ausgehen und die wir mitmachen. Ich glaube, es wird möglich sein, die U.S.P. auf den Boden der Kommunistischen Internationale zu führen; wenn wir die theoretischen Auseinandersetzungen bis zu Ende führen, so ergibt sich, dass zwischen Unabhängigen und Kommunisten kein Gegensatz mehr besteht. Dann wird sich auch die andere, die organisatorische Frage bei gutem Willen von beiden Seiten ohne weiteres ergeben.

Wir haben den Beweis durch die Taten zu liefern, die in der nächsten Zeit kommen werden, und ich stelle sie mir folgendermassen vor: Soweit ich für meine Person reden kann, werden wir alle Anregungen und Leitsätze der Kommunistischen Internationale mit nach Deutschland nehmen und alle unsere Kräfte anspannen, dass keine Organisation ausgeschlossen wird von der Erkenntnis und von der Besprechung, von der Durchführung, von der praktischen Anwendung dieser Notwendigkeiten. Haben wir unseren Parteiapparat bekannt gemacht – unser ganzer Parteiapparat soll in dieser Richtung mitarbeiten – mit dem, was die Kommunistische Internationale will, dann werden wir unseren Parteitag einberufen, und dann wird es sich finden, ob die Partei in ihrer Mehrheit sich auf den Boden der Kommunistischen Internationale stellt. Geschieht das, dann ist von vornherein kein Platz mehr für Leute wie Kautsky, die soviel Ehrlichkeit haben müssten, um der Partei vor aller Welt Adieu zu sagen, und Sie werden auf Grund der Zentralisierung, der Zusammenfassung der Kräfte ständig in der Lage sein, unsere Zeitungen, unseren Parteivorstand, usw., zu überwachen. Wir werden die Elemente ausschalten, die nicht auf dem Boden der Kommunistischen Internationale stehen. Wir haben nicht den Auftrag, uns anzuschliessen, sondern nur, die Bedingungen zu hören und zu sagen, dass wir den festen Willen haben, die Kommunistische Internationale weit über die Unzulänglichkeiten der früheren Internationale hinauszuführen zu einer starken, zu einer kraftvollen, zu einer regelrechten Internationale des gesamten Weltproletariats.

Kata Dalström. Wenn ich ums Wort bat, so geschah dies nicht, um den unbedeutenden Anmerkungen, die Genosse Sinowjew gegen meine Partei gemacht hat, entgegenzutreten, sondern um dem Kongress einen kleinen Einblick in die Verhältnisse unserer Partei zu geben.

Als die sozialistische Linkspartei in Schweden gebildet wurde, geschah dies auf Grund des Versuchs des Sozialpatrioten Branting unsere Genossen L. Höglund, Kilbom und andere, die die radikalsten Kräfte des Jugendverbandes waren, aus der sozialdemokratischen Partei auszuschliessen. An der Bildung der neuen Partei nahmen unter anderem Karl Lindhagen, Ivar Vennerström, Karl Einberg aus der alten Partei teil.

Der sozialdemokratische Jugendverband bildete den Kern der neuen Partei. Um von der alten mächtigen Partei nicht gleich unterdrückt zu werden, waren wir gezwungen, die Partei auf eine möglichst breite Grundlage zu stellen. Karl Lindhagen hat sich niemals den Beschlüssen der Partei unterworfen und tut dies auch jetzt nicht. Er nennt sich »Wilder« und hat nicht die geringste Ahnung von Parteidisziplin. In letzter Zeit hat er einen humanistischen Verband gegründet. Dieser Verband bekämpft unsere Partei sehr oft.

Die Stellung, die Lindhagen gegenüber dem Völkerbund einnimmt, ist absurd. Die sozialistische Linkspartei hat mit dieser bürgerlichen, imperialistischen Institution nichts zu schaffen.

Karl Einbergs Stellung zur Abrüstungsfrage ist wie folgt: Wir müssen, sagte er, im Parlament für Abrüstung arbeiten und keine Kriegskredite bewilligen. Gleichzeitig erkennt er die Bewaffnung der Arbeiterklasse an als notwendige Folge der revolutionären Epoche, in der wir uns befinden, wo Klasse gegen Klasse im Kampfe steht. Dieselbe Stellung nimmt Ivar Vennerström ein, der nicht eine »geistige Heirat« mit Branting und seiner Partei eingegangen ist, wie Genosse Sinowjew sagte. Mit dieser Brantingpartei haben wir nichts mehr zu tun. Die schwedische linkssozialistische Partei, deren Grundstock der sozialdemokratische Jugendverband ist, bildet den Kern der Partei, und dieser Jugendverband war die Veranlassung zum Bruch mit der alten Partei und zu der Gründung der neuen.

Höglund ist seit langen Jahren die leitende Kraft, und zusammen mit Fredrik Ström hat er die Partei durch die mannigfaltigsten Schwierigkeiten geführt, die sie zu durchlaufen hatte.

Ich bin ganz derselben Meinung wie Genosse Sinowjew, dass solche Genossen wie Karl Lindhagen nicht in unsere Partei, ja in gar keine politische Partei gehören.

Wir haben uns ohne Vorbehalt auf den Boden der Kommunistischen Internationale gestellt, und wir erkennen das »Kommunistische Manifest« von Karl Marx ohne Vorbehalt an. Für uns ist die Diktatur des Proletariats und die Bewaffnung der Arbeiterklasse die Voraussetzung zur erfolgreichen Durchführung der sozialen Revolution.

Weiter sagte Genosse Sinowjew, dass es bezeichnend sei, dass wir unsere theoretische Zeitschrift »Zimmerwald« nennen. Zimmerwald hatte bei uns in Schweden die Bedeutung eines Wendepunktes in der Bewegung; in diesem Sinne lebt der Name noch als Symbol dieses Wendepunktes weiter, als blosser Name, der für uns weiter keine Bedeutung hat.

Stoecker. Genossinnen und Genossen! Genosse Ernst Meyer von der KPD hat hier gestern öffentlich verlangt, dass die U.S.P. sich spalten müsste. Zu meiner grossen Verwunderung steht diese Äusserung doch in offenbarem Gegensatz zu der gesamten Taktik der KPD seit unserem Leipziger Parteitag. Meyer hat mir privat gesagt, dass er sich versprochen habe, aber eine derartig wichtige Äusserung muss öffentlich zurückgenommen werden. Seinerzeit – im Dezember 1918 – habe ich die Absplitterung der KPD von unserer Partei für einen verhängnisvollen Fehler gehalten. Diese Absonderung von damals hat sich bitter gerächt.

Eine Spaltung der U.S.P. wäre jetzt ein ähnlich schwerer Fehler. Wir haben keinen Zweifel darüber gelassen, dass wir die Abtrennung der Kommunisten von uns sehr bedauert haben. Ferner haben wir hier erklärt, dass wir im Falle des Anschlusses an die Kommunistische Internationale zunächst eine Annäherung an die KPD wünschen mit dem Ziele einer völligen Verständigung. Wenn das Verhältnis zwischen den Kommunisten und uns in den vergangenen anderthalb Jahren zeitweise stark getrübt war, so lag dies nicht zuletzt an den mancherlei Irrungen und Wirrungen, die ihre Partei wie die unsere durchgemacht haben. Sie haben in erbitterten inneren Kämpfen einen Klärungsprozess hinter sich, und auch wir haben einen Entwicklungsprozess durchgemacht. Es ist kein Geheimnis, dass in unserer Partei starke Meinungsverschiedenheiten vertreten waren. So waren wir verschiedener Meinung während des Krieges über die pazifistischen Äusserungen und Ideen, die damals von manchen Genossen vertreten wurden, später über die Frage des Eintritts in die erste Revolutionsregierung, über die Art und Weise des Zusammenarbeitens mit den Rechtssozialisten, wie auch über manche Massnahmen dieser Regierung. Später kamen die Kämpfe um die Fragen: »Nationalversammlung oder Rätesystem«, »Demokratie oder proletarische Diktatur«. Niemand wird leugnen können, dass alle diese Fragen in unserer Partei in einer Weise gelöst worden sind, die im Interesse der Weiterentwicklung der Revolution liegt.

Heute steht unsere ganze Partei auf dem Standpunkt der sozialen Revolution, der proletarischen Diktatur und lehnt die bürgerliche Scheindemokratie ab, wenn auch nicht immer mit aller nötigen Klarheit über das Wesen und die Mittel der proletarischen Diktatur.

Ich wünschte manchem unserer Genossen einen stärkeren revolutionären Willen, schärfere theoretische Klarheit. Aber unsere Partei hat einen enormen Entwicklungsprozess nach links durchgemacht, und sie wird sich weiter entwickeln. Wir haben uns in Leipzig ein kommunistisches Programm gegeben, das auf das revolutionäre Denken des deutschen Proletariats einen gewaltigen Einfluss ausgeübt hat. Niemand wird bestreiten können, dass unsere Partei der Träger aller revolutionären Massenaktionen in den letzten anderthalb Jahren in Deutschland gewesen ist. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat selbst gesagt, dass der grösste Teil der besten Elemente des deutschen Proletariats in unserer Partei ist. Das wäre sicher nicht der Fall, hätte nicht unsere Partei eine durchaus revolutionäre Praxis und eine starke grundsätzliche Entwicklung nach links hinter sich. Wer unterscheidet uns heute noch von den Kommunisten, nachdem diese sich auf einen klaren marxistischen Boden gestellt haben? (Zurufe.)

Gewiss sind auch heute noch Meinungsverschiedenheiten bei uns vorhanden. So hat uns Genosse Levi die Äusserungen Ledebours über den Terrorismus vorgehalten. Ledebour steht mit seinen etwas sonderbaren Äusserungen ziemlich isoliert da. Über die Frage der Gewaltanwendung sind wir uns durchaus einig, vielleicht von wenigen Ausnahmen abgesehen, die nie in einer grossen Massenpartei fehlen werden. Und was den Terrorismus angeht, so habe ich selbst dem Genossen Ledebour gegenüber in Leipzig erklärt, dass ich mir sehr wohl revolutionäre Situationen denken könne, in denen terroristische Massnahmen unumgänglich seien. Und seid fest überzeugt: wenn der deutschen Revolution so das Messer an der Kehle steht wie Euch, als Denikin bei Orel, Judenitsch vor Petrograd und Koltschak an der Wolga stand, dann wird die deutsche Revolution ohne Zweifel zu denselben revolutionären Massnahmen greifen, wie Ihr sie hier in Russland angewendet habt. Aber sich über diese Notwendigkeiten im klaren sein und den Terrorismus offen als programmatische Taktik propagieren, ist zweierlei. Ich bin fest davon überzeugt: nicht eine einzige der der Kommunistischen Internationale angeschlossenen kommunistischen Parteien hat in ihrem Programm den Terrorismus als taktische Massnahme akzeptiert.

Nehmen wir z. B. die KPD In dem von der Genossin Luxemburg verfassten Programm der Partei heiss! es: »In den bürgerlichen Revolutionen waren Blutvergiessen, Terror, Wut die unentbehrliche Waffe in der Hand der aufsteigenden Klassen. Die proletarische Revolution bedarf für ihre Ziele keines Terrors, sie hasst und verwünscht den Menschenmord.« (Zwischenruf des Genossen Radek: Weiter lesen!). Abwarten, Genosse Radek, ich werde weiter lesen. Nachdem also hier der Terrorismus klar abgelehnt ist, wird die Anwendung von Gewaltmitteln empfohlen. Darüber heisst es: »Die proletarische Revolution ist kein verzweifelter Versuch einer Minderheit, die Welt mit Gewalt nach ihrem Ideal zu modeln, sondern die Aktion der grossen Millionenmasse des Volkes... Der Gewalt der bürgerlichen Gegenrevolution muss die revolutionäre Gewalt des Proletariats entgegengestellt werden... Der Kampf um den Sozialismus ist der gewaltigste Bürgerkrieg, den die Weltgeschichte gesehen, und die soziale Revolution muss sich für diesen Bürgerkrieg das nötige Rüstzeug bereiten, sie muss lernen es zu gebrauchen – zu kämpfen und zu siegen.« Diese Sätze sind auch für uns Selbstverständlichkeiten. Der Bürgerkrieg in Deutschland ist da, wir stehen mitten drin, und wir tun alles, was in unseren Kräften steht, um die Arbeiterklasse für die kommenden entscheidenden Kämpfe vorzubereiten.

Wenige Worte noch über zwei Fragen unseres Antwortschreibens, die Kritik hervorgerufen haben. Zunächst die Kontinuität des Wirtschaftslebens während der Revolution. Selbstverständlich wird während der kommenden revolutionären Kämpfe der Produktionsprozess ernsten Störungen unterliegen. Erstens wegen der schweren Folgen des Bürgerkrieges und seiner militärischen Vorgänge, zweitens wegen der von uns sofort vorzunehmenden Umgestaltung der kapitalistischen Produktion in eine sozialistische und den dadurch hervorgerufenen Widerständen und der Sabotage der Unternehmer. Wer die soziale Revolution will, muss auch die Störung des Produktionsprozesses mit in Kauf nehmen. Allerdings werden wir in einem Industrielande wie Deutschland mehr Wert auf die Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens legen müssen, als dies in einem Agrarlande wie Russland der Fall ist. Und damit komme ich auf unsere Wendung, dass man die russischen Methoden nicht mechanisch auf die westeuropäischen Länder übertragen könne. Wir haben in Deutschland kein Millionenheer revolutionär gesinnter Bauern wie in Russland, sondern ein gegenrevolutionäres Bauerntum, das uns wahrscheinlich die grössten Schwierigkeiten in den Weg legen wird. Ferner haben wir ein Millionenheer geistiger Arbeiter: kaufmännische Angestellte, Bankbeamte, Techniker, Ingenieure, kleine Beamte usw., von dem ein beträchtlicher Teil mit uns bewusster Träger der proletarischen Diktatur sein muss, soll diese nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt sein. So haben wir in Deutschland andere Voraussetzungen zur Erreichung der Diktatur des Proletariats und vielleicht auch im einzelnen andere Formen der Ausübung der Diktatur. Im allgemeinen gelten natürlich die Lehren der proletarischen Revolution in Russland auch für uns in Deutschland. Wenn unsere Partei nicht so schnell zur Kommunistischen Internationale gekommen ist, wie wir das gewünscht haben, so liegt dies nicht zuletzt daran, dass wir in Deutschland eine Kommunistische Partei haben, nach der die Kommunistische Internationale in den Massen eingeschätzt wird, und wir können und dürfen es nicht verschweigen, dass diese Partei mit Ausnahme ihrer Zentrale in fast allen Lokalen und Bezirksorganisationen sehr lange die Politik der Elemente der jetzigen KAPD getrieben hat.

Wenn ich die grösseren Schwierigkeiten der sozialen Revolution in Deutschland erwähnte, so keineswegs deshalb, weil wir etwa pessimistisch in die Zukunft schauen. Im Gegenteil, auch bei uns geht der Kapitalismus seinem Ende immer mehr entgegen. Wirtschaftlich, finanziell, ernährungspolitisch nähern wir uns immer schneller der Katastrophe des Kapitalismus. Wir werden bald, vielleicht schon in wenigen Monaten, in Deutschland in neuen revolutionären Kämpfen stehen. Wir werden alles tun, um die Gegensätze zuzuspitzen. Wir werden die Bourgeoisie schlagen und die deutsche Räterepublik errichten. Hand in Hand mit Sowjetrussland und der Kommunistischen Internationale werden wir dann für die Weltrevolution kämpfen.

Jørgensen. Ich hatte nicht die Absicht, in dieser Diskussion das Wort zu ergreifen. Aber einige Bemerkungen des Genossen Sinowjew über das Programm der dänischen linkssozialistischen Partei haben mich gezwungen, ein paar Worte über die Tätigkeit und das Programm dieser Partei zu sagen.

Es ist selbstverständlich ganz unmöglich, in einer verhältnismässig kurzen Diskussion die Parteiverhältnisse in Dänemark in allen ihren Einzelheiten zu behandeln. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass unsere Partei durch den Zusammenschluss von drei verschiedenen Parteien gebildet wurde:
1. der Sozialistischen Arbeiterpartei Dänemarks, die ein rein kommunistisches Programm hatte und schon seit Anfang 1919 der Kommunistischen Internationale angeschlossen war;
2. der Unabhängigen Sozialdemokratie Dänemarks, die gleichzeitig mit der Sozialistischen Arbeiterpartei im April 1918 gebildet wurde und einen kleinbürgerlichen Charakter trug;
3. dem Sozialdemokratischen Jugendverband, der es bis zu der Zeit, als die vereinigte Partei gebildet wurde – den 9. November 1919 –, für möglich gehalten hat, in der Sozialdemokratie zu bleiben.

Schon diese Tatsachen sprechen dafür, dass unsere Partei aus den verschiedensten Elementen zusammengesetzt ist. Aber sowohl die ökonomische als auch die politische Entwicklung: haben die Partei immer mehr nach links getrieben, und unser Programm ist ein Resultat dieser raschen Entwicklung. Auf unsere Gründungskongress, am 29. Februar und 1. März d. J., wurde nicht nur einstimmig beschlossen, in die Kommunistische Internationale einzutreten, sondern es wurde auch fast einstimmig ein Programm angenommen, das als kommunistisch bezeichnet werden muss.

Genosse Sinowjew hat in diesem Programm einen schwachen Punkt gefunden. Und Genosse Sinowjew hat wirklich Grund, über den von ihm zitierten Satz zu ironisieren. Aber ich muss darauf aufmerksam machen: 1, dass die Übersetzung, in der der betreffende Satz gelesen wurde, sehr schlecht war, 2, dass der Zusammenhang, in dem der Satz vorkommt, beweist, dass wir dänischen Kommunisten nicht behaupten, dass die Revolution durchaus eine unblutige werden muss; sondern wir behaupten nur, dass sie vielleicht unblutig verlaufen könnte.

Man gestattet mir vielleicht, den Teil unseres Programms vorzulesen, der unsere Stellung zur Revolution und zur Diktatur des Proletariats darlegt. (Liest.)

Wie aus unserem Programm zu ersehen ist, steht dort kein Wort über die Notwendigkeit einer friedlichen, unblutigen Revolution. Nur wird gesagt, dass es möglich ist, dass die Revolution in Dänemark eine unblutige wird. In dieser unserer Auffassung sind wir in Übereinstimmung mit dem Genossen Lenin, der vielmals erklärt und geschrieben hat, dass eine unblutige Revolution in gewissen, ökonomisch rückständigen Ländern möglich ist.

Wichtig ist ja auch nicht, ob die Revolution blutig oder unblutig verlaufen wird. Die Hauptsache ist, dass die Arbeiterklasse die Macht erobert – mit welchen Mitteln, das ist ganz gleich. Ich persönlich habe die Auffassung, dass die Revolution in den ökonomisch entwickelten Ländern überall blutig wird und blutig werden muss, wahrscheinlich viel blutiger als die russische Revolution, weil die europäische Bourgeoisie viel stärker und viel besser bewaffnet ist, als die russische Bourgeoisie es war.

Dänemark ist ein ökonomisch rückständiges Land, und das dänische Volk ist kleinbäuerlich und kleinbürgerlich. Eine Revolution in Dänemark ist ganz undenkbar, bevor eine Revolution in Deutschland stattgefunden hat. Wir sind ganz und gar von der Entwicklung in den Grossstaaten abhängig.

Ich gebe zu, dass unser Programm nicht vollkommen ist. Und doch ist es im Punkte über die Diktatur des Proletariats viel klarer und schärfer abgefasst als zum Beispiel das Programm der Schwedischen Linkssozialistischen Partei.

Es wäre viel mehr Grund, unsere Tätigkeit zu kritisieren als unser Programm. Wir haben doch in unserer kurzen Lebenszeit eine Arbeit ausgeführt, um deretwillen wir uns gar nicht zu schämen brauchen. Wir haben in der verhältnismässig kurzen Zeit vom 9. November bis zum 1. Juni 45 Parteiabteilungen gegründet und weiterentwickelt. Wir haben auch Propagandaarbeit geleistet, besonders durch unsere tägliche Zeitung »Arbejdet«.

Wir müssen mit grossen Schwierigkeiten kämpfen, und alle, die nur ein wenig von den dänischen Verhältnissen wissen, werden bestätigen, dass Dänemark die relativ grösste und am meisten korrumpierte sozialdemokratische Partei hat.

Gerade wegen unserer Auffassung von der Notwendigkeit der proletarischen Diktatur haben wir nicht nur mit den Sozialdemokraten zu kämpfen, sondern auch mit den Syndikalisten, die grundsätzlich Gegner jeglicher Diktatur sind.

Aber ich will zugeben, dass wir dänischen Kommunisten immer weiter nach links getrieben werden müssen, und wir können nur dankbar sein, wenn wir von der Kommunistischen Internationale die Impulse zu einer immer mehr revolutionären Agitation und Aktion erhalten.

Die Entwicklung hat voll und ganz bewiesen, dass aller Glaube an ein allmähliches unmerkbares Hineinwachsen in den Sozialismus als Utopie anzusehen ist. Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel kann nur dadurch geschehen, dass der immer heftigere Klassenkampf in der sozialen Revolution gipfelt. Ob diese unblutig und schnell beendigt wird, hängt davon ab, ob die Bourgeoisie selbst erkennt, dass ihre Rolle ausgespielt ist.

Von dem Verhalten der Bourgeoisie hängt es indirekt auch ab, wie lange die darauffolgende Diktatur des Proletariats, die notwendig ist, um die Produktion und die Verteilung umzuändern, dauern wird. Die Übernahme aller Produktionsmittel und alles Eigentums sowie der Anbau des Bodens soll durch Stadt- und Landarbeiterräte geschehen, die zugleich die politische Macht übernehmen und das bürgerliche Parlament ersetzen.

Dänemarks linkssozialistische Partei betrachtet es als ihre Aufgabe, die Arbeiterklasse auf dieser Grundlage zu sammeln und sie auf den grossen entscheidenden Kampf zwischen der oberen und der unteren Klasse vorzubereiten.

Die Partei strebt nicht nur der Diktatur einer einzelnen Gesellschaftsklasse zu, betrachtet sie aber als einen notwendigen Übergangszustand. Diese Diktatur kann nie durch planlose Putsch- oder Revolutionsversuch errichtet werden. Die Partei strebt als Endziel harmonischen Gesellschaftsverhältnissen zu, unter denen das Unterdrückungs- und Gewaltsystem beseitigt ist und bekämpft infolgedessen den Militarismus mit aller Macht.

In ihrem Kampf wird die Partei auf die sozialistische Aufklärung der Massen und die ausserparlamentarischen Aktionen Wert legen, wird aber zugleich den Parlamentarismus (Beteiligung an den parlamentarischen und den kommunalen Wahlen) benutzen, bis der revolutionäre Zeitpunkt gekommen ist, wo sie durch Stadt- und Landarbeiterräte eine Regierungsform der politischen und ökonomischen Gleichstellung aller schaffen kann – die Demokratie der Arbeit.

Friis (verliest folgende Erklärung):
Die norwegische Delegation macht darauf aufmerksam, dass die besondere Organisationsform der norwegischen Arbeiterpartei, der kollektive Anschluss der Gewerkschaften an die Partei, in den Bestimmungen für den Anschluss an die Kommunistische Internationale nicht berücksichtigt worden ist.
Indem die Delegation auf ihren Bericht über die Tätigkeit der Partei hinweist, schlägt sie vor, dass Verhandlungen zwischen dem Exekutivkomitee und den betreffenden Parteien, welche den kollektiven Anschluss gestatten, aufgenommen werden.

Sinowjew. Ich kann dazu nur erklären: Wir werden die Gelegenheit ergreifen, um die Lage gründlich zu prüfen, und wir raten den norwegischen Genossen, eine andere Zusammensetzung der Partei zu erwirken, damit an Stelle der kollektiven Aufnahme die persönliche Aufnahme träte.

Die schwedische Partei hat auch bestätigt, was hier gesagt worden ist.

Die jugoslawische Partei ist keine opportunistische, das wollte ich auch nicht sagen, sondern eine revolutionäre Partei; aber sie soll keine Opportunisten unter sich dulden.

Ich stelle ferner folgenden Antrag: (Der Antrag wird verlesen).

Es wird für die Parteien aller Länder sehr nützlich sein, wenn sie etwas Furcht vor der Kommunistischen Internationale bekommen. Wir sollen immer einen Spiegel haben, in dem die Parteien ihr Bild sehen können.

Das Exekutivkomitee wurde gestern gefragt, warum die KAPD nicht vertreten ist. Die Vertreter der KAPD Rühle und Merges, haben in letzter Stunde erklärt, sie wollten dem Kongress nicht beiwohnen. Wir hatten ihnen zunächst beratende Stimme gegeben, aber in letzter Stunde beschliessende Stimme vorgeschlagen, weil wir sie zur Diskussion zwingen wollten. Sie haben es dennoch abgelehnt, dem Kongress beizuwohnen, mit der Erklärung, dass sie unsere Leitsätze gelesen und sich überzeugt hätten, dass wir ihnen zu opportunistisch seien. Sie sind weggelaufen vom Kongress, sie haben sich selbst nicht zugemutet, vor einem Forum wie der Kommunistischen Internationale ihre Anschauungen zu vertreten. Sie sind also nicht hier, weil sie nicht hier sein wollen.

Ich stimme den Genossen zu, wenn sie sagen, dass die letzte Deklaration Cachins und Frossards eine Art Rückzug war. Nachdem ich ihre Deklaration erhalten hatte, schrieb ich ihnen folgenden Brief. (Der Brief wird vorgelesen.)

Sie haben mir mit einem Brief geantwortet. (Der Brief wird vorgelesen.)

Also jetzt müssen wir abwarten, was darauf kommen wird. Nun komme ich zu der Gruppe von Rednern von »links«, die das Auftreten des Exekutivkomitees kritisiert haben. Wijnkoop u. a. sagten, es sei nicht richtig, dass das Exekutivkomitee überhaupt solche Leute wie die Unabhängigen und die Franzosen zugelassen habe. Ich frage den Kongress: Haben wir wirklich etwas verloren, indem wir mit diesen Vertretern so ausführlich und klar verhandelt haben? Wird es schlecht sein, wenn das Stenogramm von gestern und heute veröffentlicht werden wird und wenn die Arbeiter es lesen werden? Im Gegenteil. Es ist gut, dass diese Meinungen jetzt der ganzen Welt klar sein werden. Genosse Goldenberg hat eine ganze lange Rede darüber gehalten, wie unmöglich es sei, solche Elemente in die Kommunistische Internationale auf zunehmen. Ja, wir schlagen es auch gar nicht vor. Wir bitten nur, der Exekutive das Mandat zu erteilen, nach dem Kongress zu prüfen, ob die Bedingungen befolgt worden sind. Wir haben der französischen Delegation einen Brief im Namen des Präsidiums des Kongresses mitgegeben, den sie vielleicht schon heute in der russischen Presse gelesen haben.

Wir haben ihnen gesagt, Longuet sei ein Sozialpazifist und kein Revolutionär, seine und seiner Freunde Vergangenheit sei eine schmachvolle. Die Einheit mit Renaudel und Thomas bedeutet dasselbe wie Einheit mit dem Hund Noske. Wir haben ihnen rundweg gesagt, was wir ihnen sagen sollen. Dieser Brief wird in Frankreich von den Kommunisten und vielleicht auch von der »Humanité« veröffentlicht werden, und die Franzosen werden ihn lesen und darüber urteilen können. Auf diese Art werden wir zu den Arbeitern sprechen, die noch zu den Zentrumsleuten einiges Vertrauen haben. Was sollten wir ihnen erklären, wenn wir nicht mit Cachin und Frossard verhandelt hätten?

Wir haben Crispiens Kautskyanismus nicht zu fürchten. Wir haben dem Kongress nicht vorgeschlagen, diese Elemente in die Kommunistische Internationale aufzunehmen. Sie brauchen also keine offenen Türen einzuschlagen. Die Parteien der U.S.P. und die Französische Sozialistische Partei, wie sie jetzt sind, nehmen wir nicht auf. Wir fordern Reinigung und Umänderung der ganzen Politik dieser Parteien. Und das werden wir erreichen.

Es wird ein Schritt vorwärts sein, wenn man überall in den Betrieben und Versammlungen unsere Leitsätze vorlesen wird.

Mögen die Zentrumsleute Gegenthesen schreiben und den Massen vorlegen. Jetzt ist die Aktion in Fluss gekommen. Darum sage ich: Diese sogenannte Opposition von »links« ist völlig unbegründet und hinkt auf beiden Füssen. Das ist eben der »Futurismus«, von dem Guilbeaux sprach. Ich wiederhole, das einzige, was wir vorgeschlagen haben, besteht darin: zunächst soll sich die Exekutive überzeugen, ob alle unsere Bedingungen wirklich erfüllt sind, und nachher muss die Exekutive das Mandat haben, diese Parteien aufzunehmen, und nach dem Statut der Kommunistischen Internationale auch das Recht, sie jederzeit wieder auszuschliessen. Wir sind genug gewappnet und brauchen nichts zu fürchten.

Dem Genossen Serrati möchte ich folgendes sagen: Die Lage in Italien ist für die Kommunistische Internationale unerträglich. Die ganze Gewerkschaftsbewegung in Italien ist in den Händen von Reformisten. Daran trägt die Partei die Schuld. Genossen, ich muss Euch mitteilen, dass die italienischen Gewerkschaften schon das siebente Jahr keinen Kongress einberufen haben, und das duldet eine Partei, die zur Kommunistischen Internationale gehört! Die Leute vom Schlage d’Aragonas wissen, dass die Arbeiter sie fortjagen werden, wenn sie einen Kongress einberufen. Solche Zugeständnisse sind eine Schande! Wie wollen Sie eine proletarische Revolution machen, wenn die Spitzen der Gewerkschaften ausgesprochen reformistisch sind?! Also, Genossen, Ihr seht, die Sache ist nicht so harmlos und gemütlich, wie sie Serrati in seiner Rede darstellt. Das kann die Kommunistische Internationale nicht dulden. Sollten die Führer der italienischen Partei es noch weiter dulden wollen, so werden wir über ihre Köpfe hinweg an die italienischen Arbeiter appellieren.

Noch ein Wort, Genossen, über die Linke der U.S.P. Wir wissen ganz genau, dass die U.S.P. ein formloser Block zweier Richtungen ist. Wenn man Crispien anhört, so muss man sagen: er sagt dasselbe wie Kautsky. Die Vertreter der linken U.S.P. haben uns getröstet. Die Genossen sagen: Es geht doch vorwärts, seid nicht so ungeduldig, alles wird sich schon machen, abwarten. Ich frage: Ist das alles, was Sie uns zu sagen hatten, Genosse Däumig? Ich glaube, Genossen, das ist sehr ungenügend. Sind die Schwierigkeiten, die sich uns entgegenstellen, wirklich eine Ursache für uns, unsere Aktionen lahmzulegen? Es geht trotzdem vorwärts, sagt die linke U.S.P. tröstend, anstatt zu handeln. Bisher waren wir darauf stolz, dass unsere Partei ein Faktor der Geschichte ist, dass wir den Gang der Geschichte beschleunigt haben. Der Trost der U.S.P. nützt nichts. Sie haben eine Erklärung der Zentrale der U.S.P. unterzeichnet, Genosse Däumig, die wirklich kein glänzendes Stück in der Geschichte der U.S.P. ist. Wie war das möglich? Weil die linke U.S.P. nicht organisiert ist, weil sie nicht weiss, was sie will, weil sie sich nicht aus den Umarmungen der rechten, halbtoten Opportunisten befreien kann. Das Proletariat musste Ihnen vorangehen.

Wir haben eine Resolution über die Rolle der Partei angenommen. Warum haben Sie sich nicht zu diesem Punkt geäussert? Wir haben gezeigt, wie die Bolschewiki es verstanden, am Anfang des Krieges, im Strom des Chauvinismus, wenn es nötig war, gegen den Strom zu schwimmen.

Unsere geschichtliche Aufgabe ist, der Arbeiterklasse voranzugehen und nicht zu warten, bis man uns vorwärts reisst. Wir haben lange genug gewartet. Die Arbeiterklasse hat lange genug gewartet, jetzt sind die entscheidenden Kämpfe gekommen.

In Deutschland ist es möglich, dass die Arbeiterklasse schon in den nächsten Monaten vor entscheidenden Kämpfen stehen wird. Wie können Sie noch in der Frage des Terrors schwanken? Ich glaube, wir haben in Russland genügend Prügel bekommen. Auch von unseren Irrtümern sollen Sie lernen. Wir haben es erfahren, dass der General Krasnow, als wir ihn befreit haben, nachher den Bürgerkrieg organisiert hat. Sie vergessen die Lehren Ihrer eigenen deutschen Revolution, des Mordes an Liebknecht. Es gibt kaum eine einzige Strasse in den Arbeitervierteln der grossen deutschen Städte, in der nicht Arbeiterblut geflossen ist. Der Bürgerkrieg ist schon da. Wir dürfen die Lehren des Bürgerkrieges nicht vergessen. Wir müssen diese Lehren beherzigen.

Ich bitte den Kongress, dass wir jetzt die Bedingungen annehmen, sie zur endgültigen Redaktion der Kommission übergeben und dann darüber abstimmen. Aber wer diese 21 Punkte unterschreibt, ist noch nicht zum Kommunisten getauft, sondern wir müssen verfolgen, ob die Parteien diese Bedingungen wirklich ausführen, und ich hoffe, dass das Exekutivkomitee dies tun wird. Wir brauchen keine Reverenzen vor der russischen Revolution und vor der Kommunistischen Internationale. Was wir brauchen, ist allein, dass in den anderen Ländern die Schuldigkeit und Pflicht getan wird. Wir fühlen uns nicht nur als eine Partei, die ein grosses Land regiert, sondern wir fühlen uns – und das ist unser Stolz – als eine kommunistische Partei, die in Verbindung mit anderen Parteien die Kommunistische Internationale gegründet hat. Wir sprechen ja nicht umsonst von einer Weltrevolution, und die Kommunistische Internationale ist keine russische, sondern eine Weltorganisation. Wir sind stolz, dass der Kongress auf unserem Boden stattfinden kann. Natürlich sind wir auch darauf stolz, wenn manche von Euch sagen, dass bei uns in Russland etwas getan worden ist. Doch müssen wir fordern, dass man uns nicht mit Phrasen kommt, sondern dass man uns offen und klar sagt, wann man endlich die italienische Gewerkschaftsbewegung, die herrliche italienische Arbeiterklasse befreit, wann endlich überall wirklich kommunistische Parteien gebildet werden.

Darum, Genossen, bitte ich um die Annahme folgender Leitsätze:

Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale.

Der erste Kongress der Kommunistischen Internationale hat keine genauen Bedingungen für die Aufnahme in die Kommunistische Internationale aufgestellt. Bis zum Augenblick der Einberufung des I. Kongresses existierten in den meisten Ländern bloss kommunistische Richtungen und Gruppen.

Unter anderen Verhältnissen tritt der II. Kongress der Kommunistischen Internationale zusammen. Zurzeit gibt es in den meisten Ländern nicht nur kommunistische Strömungen und Richtungen, sondern kommunistische Parteien und Organisationen.

An die Kommunistische Internationale wenden sich nun oft Parteien und Gruppen, die noch vor kurzem zur II. Internationale gehörten, die jetzt in die Kommunistische Internationale eintreten wollen, aber nicht in der Tat kommunistisch geworden sind. Die II. Internationale ist endgültig zerschlagen. Die Zwischenparteien und die Gruppen des »Zentrums«, die die völlige Aussichtslosigkeit der II. Internationale einsehen, versuchen sich an die immer kräftiger werdende Kommunistische Internationale anzulehnen. Sie hoffen jedoch dabei eine solche »Autonomie« zu bewahren, die ihnen die Möglichkeit gewahrt, ihre frühere opportunistische oder »Zentrumspolitik« weiterzuführen. Die Kommunistische Internationale wird gewissermassen Mode.

Das Verlangen einiger führenden Gruppen des »Zentrums«, in die Kommunistische Internationale einzutreten, ist eine indirekte Bestätigung dessen, dass die Kommunistische Internationale die Sympathien der überwiegenden Mehrheit der klassenbewussten Arbeiter der ganzen Welt erobert hat und dass sie eine mit jedem Tage immer mehr wachsende Macht wird.

Der Kommunistischen Internationale droht die Gefahr, durch wankelmütige und durch Halbheit sich auszeichnende Elemente, welche die Ideologie der II. Internationale noch nicht endgültig abgestreift haben, verwässert zu werden.

Ausserdem verbleibt in einigen grossen Parteien (Italien, Schweden, Norwegen, Jugoslawien u. a., deren Mehrheit auf dem Standpunkt des Kommunismus steht, bis zum heutigen Tage ein bedeutender reformistischer und sozialpazifistischer Flügel, der nur auf den Augenblick wartet, wieder das Haupt zu erheben, mit der aktiven Sabotage der proletarischen Revolution zu beginnen und dadurch der Bourgeoisie und der II. Internationale zu helfen.

Kein einziger Kommunist darf die Lehren der ungarischen Räterepublik vergessen. Die Verschmelzung der ungarischen Kommunisten mit den sogenannten »linken« Sozialdemokraten ist dem ungarischen Proletariat teuer zu stehen gekommen.

Infolgedessen erachtet es der II. Kongress der Kommunistischen Internationale für notwendig, die Bedingungen der Aufnahme von neuen Parteien ganz genau festzulegen und diejenigen Parteien, die in die Kommunistische Internationale aufgenommen sind, auf die ihnen auferlegten Pflichten hinzuweisen.

Der II. Kongress der Kommunistischen Internationale stellt folgende Bedingungen der Zugehörigkeit zur Kommunistischen Internationale auf:

1. Die gesamte Propaganda und Agitation muss einen wirklich kommunistischen Charakter tragen und dem Programm und den Beschlüssen der Kommunistischen Internationale entsprechen. Alle Pressorgane der Partei müssen von zuverlässigen Kommunisten geleitet werden, die ihre Hingebung für die Sache des Proletariats bewiesen haben. Von der Diktatur des Proletariats darf nicht einfach wie von einer landläufigen, eingepaukten Formel gesprochen werden, sondern sie muss so propagiert werden, dass ihre Notwendigkeit jedem einfachen Arbeiter, jeder Arbeiterin, jedem Soldaten und Bauern verständlich wird aus den Tatsachen des täglichen Lebens, die von unserer Presse systematisch beobachtet und die Tag für Tag ausgenützt werden müssen.
Die periodische und nicht periodische Presse und alle Parteiverlage müssen völlig dem Parteivorstand unterstellt werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Partei in ihrer Gesamtheit in dem betreffenden Augenblick legal oder illegal ist. Es ist unzulässig, dass die Verlage ihre Selbständigkeit missbrauchen und eine Politik führen, die der Politik der Partei nicht ganz entspricht.
In den Spalten der Presse, in Volksversammlungen, in den Gewerkschaften, in Konsumvereinen – überall, wohin sich die Anhänger der Kommunistischen Internationale Eingang verschaffen, ist es notwendig, nicht nur die Bourgeoisie, sondern auch ihre Helfershelfer, die Reformisten aller Schattierungen systematisch und unbarmherzig zu brandmarken.

2. Jede Organisation, die sich der Kommunistischen Internationale anschliessen will, muss regelrecht und planmässig aus allen mehr oder weniger verantwortlichen Posten der Arbeiterbewegung (Parteiorganisationen, Redaktionen, Gewerkschaften, Parlamentsfraktionen, Genossenschaften, Kommunalverwaltungen) die reformistischen und Zentrumsleute entfernen und sie durch bewährte Kommunisten ersetzen, ohne sich daran zu stossen, dass besonders am Anfang an die Stelle von »erfahrenen« Opportunisten einfache Arbeiter aus der Masse gelangen.

3. Fast in allen Ländern Europas und Amerikas tritt der Klassenkampf in die Phase des Bürgerkrieges ein. Unter derartigen Verhältnissen können die Kommunisten kein Vertrauen zu der bürgerlichen Legalität haben. Sie sind verpflichtet, überall einen parallelen Organisationsapparat zu schaffen, der im entscheidenden Moment der Partei behilflich sein wird, ihre Pflicht gegenüber der Revolution zu erfüllen. In all den Ländern, wo die Kommunisten infolge des Belagerungszustandes und der Ausnahmegesetze nicht die Möglichkeit haben, ihre gesamte Arbeit legal zu führen, ist die Kombinierung der legalen mit der illegalen Tätigkeit unbedingt notwendig.

4. Die Pflicht zur Verbreitung der kommunistischen Ideen schliesst die besondere Verpflichtung zu einer nachdrücklichen systematischen Propaganda im Heere in sich. Wo diese Agitation durch Ausnahmegesetze unterbunden wird, ist sie illegal zu führen. Der Verzicht auf eine solche Arbeit würde einem Verrat an der Revolutionären Pflicht gleichen und mit der Zugehörigkeit zur Kommunistischen Internationale unvereinbar sein.

5. Es ist eine systematische und planmässige Agitation auf dem flachen Lande notwendig. Die Arbeiterklasse vermag nicht zu siegen, wenn sie nicht die Landproletarier und wenigstens einen Teil der ärmsten Bauern hinter sich und sich die Neutralität eines Teils der übrigen Dorfbevölkerung durch ihre Politik gesichert hat. Die kommunistische Arbeit auf dem flachen Lande gewinnt gegenwärtig hervorragende Bedeutung. Sie muss vornehmlich mit Hilfe der revolutionären, kommunistischen Arbeiter der Stadt und des Landes geführt werden, die mit dem flachen Lande Verbindung haben. Der Verzicht auf diese Arbeit oder deren Übergabe in unzuverlässige, halbreformistische Hände gleicht einem Verzicht auf die proletarische Revolution.

6. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, nicht nur den offenen Sozialpatriotismus, sondern auch die Unaufrichtigkeit und Heuchelei des Sozialpazifismus zu entlarven: den Arbeitern systematisch vor Augen zu führen, dass ohne revolutionären Sturz des Kapitalismus keinerlei internationale Schiedsgerichte, keinerlei Abkommen über Einschränkung der Kriegsrüstungen, keinerlei »demokratische« Erneuerung des Völkerbundes imstande sein werden, neue imperialistische Kriege zu verhüten.

7. Die Parteien, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünschen, sind verpflichtet, den vollen Bruch mit dem Reformismus und mit der Politik des »Zentrums« anzuerkennen und diesen Bruch in den weitesten Kreisen der Parteimitglieder zu propagieren. Ohne das ist eine konsequente kommunistische Politik nicht möglich.
Die Kommunistische Internationale fordert unbedingt und ultimativ die Durchführung dieses Bruches in kürzester Frist. Die Kommunistische Internationale vermag sich nicht damit abzufinden, dass notorische Opportunisten, wie sie jetzt durch Turati, Modigliani, Kautsky, Hilferding, Hillquith, Longuet, MacDonald u. a. repräsentiert werden, das Recht haben sollen, als Angehörige der Kommunistischen Internationale zu gelten. Das könnte nur dazu führen, dass die Kommunistische Internationale in hohem Masse der zugrunde gegangenen II. Internationale ähnlich werden würde.

8. In der Frage der Kolonien und der unterdrückten Nationen ist eine besonders ausgeprägte und klare Stellung der Parteien in denjenigen Ländern notwendig, deren Bourgeoisie im Besitz von Kolonien ist und andere Nationen unterdrückt. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, die Kniffe »ihrer« Imperialisten in den Kolonien zu entlarven, jede Freiheitsbewegung in den Kolonien nicht nur in Worten, sondern durch Taten zu unterstützen, die Verjagung ihrer einheimischen Imperialisten aus diesen Kolonien zu fordern, in den Herzen der Arbeiter ihres Landes ein wirklich brüderliches Verhältnis zu der arbeitenden Bevölkerung der Kolonien und zu den unterdrückten Nationen zu erziehen und in den Truppen ihres Landes eine systematische Agitation gegen jegliche Unterdrückung der kolonialen Völker zu führen.

9. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, muss systematisch und beharrlich eine kommunistische Tätigkeit innerhalb der Gewerkschaften, der Arbeiter- und Betriebsräte, der Konsumgenossenschaften und anderer Massenorganisationen der Arbeiter entfalten. Innerhalb dieser Organisationen ist es notwendig, kommunistische Zellen zu organisieren, die durch andauernde und beharrliche Arbeit die Gewerkschaften usw. für die Sache des Kommunismus gewinnen sollen. Die Zellen sind verpflichtet, in ihrer täglichen Arbeit überall den Verrat der Sozialpatrioten und die Wankelmütigkeit des »Zentrums« zu entlarven. Die kommunistischen Zellen müssen der Gesamtpartei vollständig untergeordnet sein.

10. Jede der Kommunistischen Internationale angehörende Partei ist verpflichtet, einen hartnäckigen Kampf gegen die Amsterdamer »Internationale« der gelben Gewerkschaftsverbände zu führen. Sie muss unter den gewerkschaftlich organisierten Arbeitern die Notwendigkeit des Bruches mit der gelben Amsterdamer Internationale nachdrücklichst propagieren. Mit allen Mitteln hat sie die entstehende internationale Vereinigung der roten Gewerkschaften, die sich der Kommunistischen Internationale anschliessen, zu unterstützen.

11. Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören wollen, sind verpflichtet, den persönlichen Bestand ihrer Parlamentsfraktionen einer Revision zu unterwerfen, alle unzuverlässigen Elemente aus ihnen zu beseitigen, diese Fraktionen nicht nur in Worten, sondern in der Tal den Parteivorständen unterzuordnen, indem von jedem einzelnen kommunistischen Parlamentsmitglied gefordert wird, seine gesamte Tätigkeit den Interessen einer wirklich revolutionären Propaganda und Agitation zu unterwerfen.

12. Die der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien müssen auf der Grundlage des Prinzips des demokratischen Zentralismus aufgebaut werden. In der gegenwärtigen Epoche des verschärften Bürgerkrieges wird die kommunistische Partei nur dann imstande sein, ihrer Pflicht zu genügen, wenn sie auf möglichst zentralistische Weise organisiert ist, wenn eiserne Disziplin in ihr herrscht und wenn ihr Parteizentrum, getragen von dem Vertrauen der Parteimitgliedschaft, mit der Fülle der Macht, Autorität und den weitgehendsten Befugnissen ausgestattet wird.

13. Die kommunistischen Parteien derjenigen Länder, in denen die Kommunisten ihre Arbeit legal führen, müssen von Zeit zu Zeit Säuberungen (Neuregistrierungen) des Bestandes ihrer Parteiorganisation vornehmen, um die Partei von den sich in sie einschleichenden kleinbürgerlichen Elementen systematisch zu reinigen.

14. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, jeder Sowjetrepublik in ihrem Kampfe gegen die konterrevolutionären Kräfte bedingungslosen Beistand zu leisten. Die kommunistischen Parteien müssen eine unzweideutige Propaganda führen zur Verhinderung des Transports von Kriegsmunition an Feinde der Sowjetrepubliken; ferner müssen sie unter den zur Erdrosselung von Arbeiterrepubliken entsandten Truppen mit allen Mitteln legal oder illegal Propaganda treiben usw.

15. Parteien, die bisher noch ihre alten sozialdemokratischen Programme beibehalten haben, sind verpflichtet, in möglichst kurzer Zeit diese Programme zu ändern und entsprechend den besonderen Verhältnissen ihres Landes ein neues kommunistisches Programm im Sinne der Beschlüsse der Kommunistischen Internationale auszuarbeiten. In der Regel muss das Programm jeder zur Kommunistischen Internationale gehörenden Partei von dem ordentlichen Kongress der Kommunistischen Internationale oder dem Exekutivkomitee bestätigt werden. Im Fall der Nichtbestätigung des Programms einer Partei durch das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat die betreffende Partei das Berufungsrecht an den Kongress der Kommunistischen Internationale.

16. Alle Beschlüsse der Kongresse der Kommunistischen Internationale wie auch die Beschlüsse ihres Exekutivkomitees sind für alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien bindend. Die unter den Bedingungen des schärfsten Bürgerkrieges tätige Kommunistische Internationale muss bei weitem zentralisierter aufgebaut werden, als das in der II. Internationale der Fall war. Dabei müssen selbstverständlich die Kommunistische Internationale und ihr Exekutivkomitee in ihrer gesamten Tätigkeit den verschiedenartigen Verhältnissen Rechnung tragen, unter denen die einzelnen Parteien zu kämpfen und zu arbeiten haben, und Beschlüsse von allgemeiner Gültigkeit nur in solchen Fragen fassen, in denen solche Beschlüsse möglich sind.

17. Im Zusammenhang damit müssen alle Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören wollen, ihre Benennung ändern. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale angehören will, hat den Namen zu tragen: Kommunistische Partei des und des Landes (Sektion der Kommunistischen Internationale). Die Frage der Benennung ist nicht nur eine formelle, sondern in hohem Masse eine politische Frage von grosser Wichtigkeit. Die Kommunistische Internationale hat der ganzen bürgerlichen Welt und allen gelben sozialdemokratischen Parteien den Krieg erklärt. Es ist notwendig, dass jedem einfachen Werktätigen der Unterschied zwischen den kommunistischen Parteien und den alten offiziellen »sozialdemokratischen« oder »sozialistischen« Parteien, die das Banner der Arbeiterklasse verraten haben, klar ist.

18. Alle führenden Pressorgane der Parteien aller Länder sind verpflichtet, alle wichtigen offiziellen Dokumente des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale abzudrucken.

19. Alle Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören oder einen Antrag auf Beitritt gestellt haben, sind verpflichtet, möglichst schnell, aber spätestens 4 Monate nach dem II. Kongress der Kommunistischen Internationale einen ausserordentlichen Kongress einzuberufen, um alle diese Bedingungen zu prüfen. Dabei müssen die Zentralen dafür sorgen, dass allen Lokalorganisationen die Beschlüsse des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale bekannt werden.

20. Diejenigen Parteien, die jetzt in die Kommunistische Internationale eintreten wollen, aber ihre bisherige Taktik nicht radikal geändert haben, müssen vor ihrem Eintritt in die Kommunistische Internationale dafür sorgen, dass nicht weniger als zwei Drittel der Mitglieder ihrer Zentralkomitees und aller wichtigsten Zentralinstitutionen aus Genossen bestehen, die sich noch vor dem II. Kongress der Kommunistischen Internationale unzweideutig für den Eintritt der Partei in die Kommunistische Internationale öffentlich ausgesprochen haben. Ausnahmen sind zulässig mit Zustimmung des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale. Die Exekutive der Kommunistischen Internationale hat das Recht, auch für die im § 7 genannten Vertreter der Zentrumsrichtung Ausnahmen zu machen.

21. Diejenigen Parteiangehörigen, welche die von der Kommunistischen Internationale aufgestellten Bedingungen und Leitsätze grundsätzlich ablehnen, sind aus der Partei auszuschliessen.
Dasselbe gilt namentlich von Delegierten zum ausserordentlichen Parteitage.

Sinowjew. Die allgemeine Diskussion ist beendet. Einige Genossen haben ums Wort gebeten, um persönliche Erklärungen abzugeben.

Serrati. Es ist möglich, dass man die kurzen Erklärungen, die ich in meiner Rede über die erörterten Leitsätze gegeben habe, nicht verstanden hat. Ich habe hier gesagt, dass ich vollständig mit ihnen einverstanden bin und dass ich für sie stimmen werde, weil ich denke, dass das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale sie in einem weiten Sinn auffasst, entsprechend den §§ 16 und 17. Ich will auch sagen, dass Sinowjew Recht hat, wenn er bedauert, dass die italienische C.G.T. seit sechs bis sieben .Jahren keinen Kongress einberufen hat. Weder aus politischen noch aus persönlichen Gründen antworte ich dem Genossen Sinowjew, sondern einfach ordnungshalber. Der Kongress der italienischen C.G.T. wird vorbereitet.

In bezug auf Dugoni will ich eine kleine Bemerkung machen. Ich habe mich allein dagegen widersetzt, dass die Parlamentsgruppe nach Russland gesandt würde. Gestern habe ich einen Funkspruch abgesandt, in dem ich forderte, dass Dugoni, falls er wirklich die ihm zugeschriebenen Erklärungen gemacht hat, augenblicklich aus der Partei ausgeschlossen werde.

Wijnkoop. Genosse Levi hat meine Äusserung so verstanden, dass ich die KPD nicht kritisieren wollte, da die U.S.P. anwesend war. Er hat sich getäuscht. Ich will nur die Tatsache feststellen: Da die U.S.P. Zugegen war, wurde die KPD keiner Kritik unterzogen. Ich habe das bedauert, ich habe gesagt, dass die Schlussfolgerungen, die man aus dieser Tatsache gezogen hat, irrtümlich waren.

Dittmann. Wenn Genosse Levi uns heute morgen den Vorwurf gemacht hat, dass wir die in Kiel und Wilhelmshaven ermordeten Seeleute verleugnet haben, so hat er vergessen, dass ich von der Rednertribüne aus erklärt habe, dass diese Seeleute als Helden und Märtyrer der deutschen Revolution gefallen sind, eine Erklärung, die die reaktionäre Presse nicht vergessen hat zu unterstreichen. Die Rolle dieser Seeleute und ihrer Taten ist übrigens nur durch ihre Folgen bekannt. Levi hat also eine falsche Tatsache auf die Rednertribüne gebracht.

Levi. Ich habe nicht die U.S.P. beschuldigt, sondern drei Mann, drei Führer dieser Partei, die unsere revolutionären Seeleute verleugnet haben. Sie haben sie nicht im buchstäblichen Sinne dieses Wortes verleugnet, sie haben sich darauf beschränkt, diese Tat vom politischen Standpunkt aus zu verleugnen. Sonst hätten sie das Proletariat und die Armee auffordern müssen, ihnen Folge zu leisten, wovor sie sich wohlweislich gehütet haben. (Beifall.)

Dittmann. Ich glaube nicht, dass man hier einen Unterschied machen kann. Sie werden verstehen, dass ich nicht die Protokolle aller Reichstagssitzungen, in denen ich jemals gesprochen habe, in der Tasche trage. Was über den Tatbestand selbst im Reichstag von mir gesagt worden ist, ist wörtlich die Wahrheit. Wir haben nur im Vorbeigehen einige Worte mit den Matrosen gewechselt und ihnen die Agitationsbroschüre unserer Partei gegeben. Was die Matrosen beabsichtigten, das wussten wir damals noch nicht.

Levi. Der Genosse Wijnkoop hat mich missverstanden. Ich habe ihm den Vorwurf gemacht, dass er der U.S.P.-Ideologie verfallen sei, da er sich in der Anwesenheit der KPD nicht äussern wollte.

Genosse Dittmann hat recht, hier zu betonen, dass die drei Vertreter der U.S.P. sich nicht so weit vergessen haben, die Matrosen auch noch ihrer persönlichen Ehre zu berauben. Sie haben den erschossenen Matrosen persönliche Ehre zuteil werden lassen. Es handelt sich jedoch darum, ob die U.S.P. in diesem Augenblick politisch für die Matrosen eingestanden ist und sich mit ihnen solidarisch erklärt hat. Die U.S.P. hat die gefallenen Matrosen verleugnet. Sie hat die Gelegenheit nicht ergriffen, Propaganda für die Beendigung des Krieges zu treiben. Politisch ist sie von diesen Leuten abgerückt und ist von ihnen abgerückt geblieben bis zum heutigen Tage.

Dittmann. Ich betrachte die Unterscheidung von persönlicher und politischer Verteidigung als Advokatenmethode.

Levi. Ich möchte die Genossen daran erinnern, dass wir Unterschiede zwischen persönlichen und politischen Gesichtspunkten oft gemacht haben. Ich weise auf die russischen Anarchisten hin, deren politische Methoden wir verwerfen, deren Persönlichkeit wir hingegen achten.

Dittmann. Genossen, leider hat man die ganze Angelegenheit falsch dargestellt. Die Spitze hat sich gegen die Vertreter der U.S.P. gerichtet, um sie der Immunität des Parlaments zu berauben. Auf diesem Boden ist die ganze Affäre erwachsen. In unseren Reden im Parlament sind wir immer dafür eingetreten, dass dem entsetzlichen Menschenmorden ein Ende gesetzt würde.

Und ich sehe tatsächlich keinen Unterschied zwischen meiner persönlichen Bewertung der Tat der Seeleute, die ich im Reichstag ausgesprochen habe, und unserer politischen Bewertung.

Levi. Ich bin gezwungen, Sie nochmals daran zu erinnern, dass es Sitte ist, einen Unterschied zwischen einer politischen und einer individuellen Handlung zu machen. Die Attentate der Anarchisten in Russland haben uns allen persönliche Sympathie für diejenigen, die sie begingen, eingeflösst, aber wir haben uns wohl gehütet, sie politisch gut zu heissen.

Dittmann. Ich bleibe fest bei der Meinung, die ich vorhin ausgesprochen habe.

Goldenberg. Ich werde gegen die uns von dem Exekutivkomitee vorgeschlagenen Leitsätze stimmen. Ich bitte, mir zu gestatten, eine Deklaration zu verlesen oder sie dem Büro zu übergeben, damit sie ins Protokoll aufgenommen werde.

Serrati. Wenn es sich um eine persönliche Deklaration handelt, haben Sie das Recht, sie zu verlesen.

Goldenberg. Es handelt sich um eine persönliche Deklaration. Sie lautet:

»Der normale Entwicklungsprozess der kapitalistischen Ordnung, der durch den imperialistischen Krieg 1914–18 beschleunigt worden ist, hat das Proletariat aller Länder in zwei einander entgegengesetzte Lager geteilt – die Fraktion der Reformisten und die Fraktion der Revolutionäre. Die kommunistische Partei drückt die revolutionäre Richtung aus. Die Kommunistische Internationale, die alle kommunistischen Parteien aller Länder umfasst, ist die internationale Organisation des revolutionären Proletariats.
Da sie sich zum Ziel gesetzt hat, die kapitalistische Ordnung durch Gewalt zu stürzen und den Kommunismus mit Hilfe der Diktatur des Proletariats aufzurichten, ist es von grosser Wichtigkeit, dass sie keine Elemente enthält, die im entscheidenden Augenblick die Interessen der Revolution verraten könnten. Folglich müssen alle nichtkommunistischen Elemente aus der Kommunistischen Internationale ausgeschlossen werden.
Es dürfte also gar nicht die Frage aufgeworfen werden, sogenannte zentristische Parteien eventuell in die Kommunistische Internationale aufzunehmen. Als Vertreter der Arbeiteraristokratie, die die bürgerliche Ideologie angenommen haben, besitzen sie in keiner Weise die zum Eintritt in dieselbe notwendigen Vorbedingungen. Sie sind ihre entschiedensten Gegner. Es ist einzig und allein der Misserfolg ihres Versuchs, die der Kommunistischen Internationale feindlichen Parteien und Fraktionen um sich zu sammeln, der sie gezwungen hat, an unsere Tür zu klopfen. Unter diesen Bedingungen kann die Annahme der kommunistischen Prinzipien bloss eine ungeheure Heuchelei sein.
Die Taktik, die die Kommunistische Internationale diesen »zentristischen« Parteien, in denen die Spaltung zwischen den Reformisten und den Revolutionären noch nicht vor sich gegangen ist, gegenüber einschlagen muss, muss darin bestehen, diese Spaltung und die Bildung einer rein kommunistischen Partei, die der Ausdruck für die revolutionäre Fraktion des Proletariats ist, zu unterstützen.
Aber diese Spaltung kann nicht von aussen und auf eine künstliche Weise hervorgerufen werden. Sie muss das Ergebnis einer tiefen Bewegung der Massen sein. Die mündliche Annahme der Prinzipien kommunistischer Taktik seitens der opportunistischen Führer, die weit entfernt davon sind, diese Umwandlung in der Tat zu vollziehen, kann im Gegenteil nur dazu beitragen, ihr zu schaden, indem sie die Konfusion, die in den Köpfen herrscht, nur vergrössert. Sie kann kein anderes Ergebnis haben als die Diskreditierung des Kommunismus und so die Schaffung einer wirklichen Partei der Arbeiterklasse nur verzögern.
Die Kommunistische Internationale wird also auf alle Beitrittsgesuche der »zentristischen« Parteien mit einer offenen und unerbittlichen Kritik der Haltung und der Politik dieser Parteien antworten, sie wird den Massen, die ihnen folgen, zeigen müssen, dass sie mit der kleinbürgerlichen Ideologie ihrer opportunistischen Führer brechen und den Standpunkt der kommunistischen Minderheit vollständig und ohne Hintergedanken teilen müssen. Sie muss in jedem Falle in enger Übereinstimmung mit diesen Minderheiten arbeiten und ihnen ihre Tätigkeit in ihrem engen Kreise erleichtern. Endlich muss überall, wo eine Spaltung möglich geworden ist, diese gefordert werden als das einzige Mittel, die Massen um ein rein revolutionäres Programm zu vereinigen. Sich von diesem Standpunkt entfernen, um den zentristischen Parteien den Beitritt zur Kommunistischen Internationale zu erleichtern, hiesse, die Gangräne in den gesunden Körper hineinbringen und in ihre Mitte Feinde aufnehmen, die ihr im entscheidenden Augenblick den Dolch in den Rücken stossen werden.«

Serrati. Genosse Sinowjew teilt mir mit, dass er die Leitsitze des Genossen Goldenberg zurückweist.

Guilbeaux. Im Büro befinden sich verschiedene Anträge, die, wie ich glaube, der Kommission zurückgesandt werden sollen. Aber ich schlage vor, den Antrag Serratis und Graziadeis, der den Kommunisten verbietet, der Sekte der Freimaurer anzugehören, abzustimmen.

Serrati. Der Vorschlag Guilbeaux gelangt zur Abstimmung. (Einstimmig angenommen.)

Serrati. Ich schlage vor, die Leitsätze insgesamt abzustimmen und die Vorschläge der Kommission zurückzusenden. (Angenommen.)

Wijnkoop. Ich schlage vor, wenigstens einen Antrag hier und nicht in der Kommission zu erörtern. Ich meine den Vorschlag, dass in jeder Partei, die der Kommunistischen Internationale beizutreten wünscht, wenigstens zwei Drittel der Mitglieder des Zentralkomitees vor diesem Kongress für den Beitritt zur Kommunistischen Internationale gewesen sind.

Radek. Ich schlage vor, diesen Antrag der Kommission zu überweisen. Man muss sich ernstlich darüber besprechen, ob man ausgesucht in der Besetzung des Zentralkomitees der U.S.P. mit neun Zehnteln oder drei Vierteln die Rettung der Situation sehen soll. Ich persönlich habe nach dem Auftreten der Genossen Däumig und Stoecker die Hoffnung verloren, dass sie in der Lage sind, selbst wenn sie zu neun Zehnteln im Zentralkomitee sind, wirkliche Änderungen in der Taktik der Partei durchzuführen. Ich schlage vor, diese Frage der Kommission zu überlassen.

Serrati. Ich werde jetzt über den Antrag Wijnkoop abstimmen. (Abstimmung.) Der Antrag ist abgelehnt. Er wird an die Kommission für die Abänderungen verwiesen.

Ich werde jetzt über die Leitsätze des Genossen Sinowjew in der Form, wie sie hier vorgelegt sind, abstimmen. (Es erfolgt die Abstimmung. Die Leitsätze werden mit allen gegen zwei Stimmen angenommen.)

Wir müssen jetzt die Tagesordnung für unsere Arbeiten festsetzen. Das Büro schlägt Schluss der Diskussion um 5 Uhr vor. Es ist jetzt 6 Uhr. Für heute sind die Arbeiten beendet. Morgen wird eine Frauenkonferenz sein. Sonntag müssen alle Kommissionen arbeiten. Montag um 11 Uhr morgens ist Plenarsitzung über den Parlamentarismus. Die Kommission über die Agrarfrage tagt im kleinen Saal um 8 Uhr abends.

Wijnkoop. Es muss darüber abgestimmt werden, ob wir der Exekutive das Mandat geben wollen, auf solche Weise, wie sie es angefangen und gemacht hat, die Unterhandlungen mit der USPD und mit der französischen Partei fortzusetzen.

Serrati. Da dieser Antrag im letzten Moment eingelaufen ist, bitte ich den Genossen Wijnkoop, seinen Antrag zurückzuziehen und ihn morgen wieder zu erheben.

Wijnkoop. Sehr gern.

(Radek verlangt das Wort. Serrati verweigert es ihm, weil die Sitzung schon geschlossen ist. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.)



Anmerkungen:
[prev.] [content] [end]

  1. Die Nummerierung der Sitzungen erfolgt nach der russischen Ausgabe des »Protokolls«. In der deutschen Ausgabe ist die Nummerierung der Sitzungen inkonsistent und unlogisch (1–11, dann 14 & 15). Zum Vergleich:

    Deutsche Ausgabe [Seitenzahl] → Russische Ausgabe/sinistra.net
    Erste Sitzung (19. Juli 1920) [6–56]Erste Sitzung (19. Juli 1920)
    Zweite Sitzung (23. Juli 1920) [57–99]Zweite Sitzung (23. Juli 1920)
    Dritte Sitzung (24. Juli 1920) [100–136]Dritte Sitzung (24. Juli 1920)
    Vierte Sitzung (26 Juli 1920) [137–166]Vierte Sitzung (26 Juli 1920)
    Fünfte Sitzung (28. Juli 1920) [167–233]Fünfte Sitzung (28. Juli 1920)
    Sechste Sitzung (29. Juli 1920) [234–286]Sechste Sitzung (29. Juli 1920)
    ↳Abendsitzung (29. Juli 1920) [287–329]Siebte Sitzung (29. Juli 1920)
    Siebte Sitzung (30. Juli 1920) [330–401]Achte Sitzung (30. Juli 1920)
    Achte Sitzung (2. August 1920) [402–442]Neunte Sitzung (2. August 1920)
    ↳Abendsitzung (2. August 1920) [443–480]Zehnte Sitzung (2. August 1920)
    Neunte Sitzung (3. August 1920) [481–508]Elfte Sitzung (3. August 1920)
    ↳Abendsitzung (3. August 1920) [509–537]Zwölfte Sitzung (3. August 1920)
    Zehnte Sitzung (4. August 1920) [538–570]Dreizehnte Sitzung (4. August 1920)
    ↳Abendsitzung (4. August 1920) [571–606]Vierzehnte Sitzung (4. August 1920)
    Elfte Sitzung (5. August 1920) [607–639]Fünfzehnte Sitzung (5. August 1920)
    Vierzehnte Sitzung (6.August 1920) [640–667]Sechzehnte Sitzung (6.August 1920)
    Fünfzehnte Sitzung (7. August 1920) [668–702]Schlusssitzung (7. August 1920)[⤒]

  2. Die Rechtschreibung wurde stillschweigend verbessert und vereinzelt dem heutigen Gebrauch angepasst. Falschgeschriebene Namen wurden berichtigt, die russischen und bulgarischen Namen sind in deutscher Transkription oder in gebräuchlicher Form wiedergegeben, Namen aus Ländern mit lateinischem Alphabet entsprechend der jeweils heimischen Form. Redaktionelle Zusätze sind in [] kenntlich gemacht.[⤒]


Source: »Der zweite Kongress der Kommunistischen Internationale, Protokoll der Verhandlungen vom 19. Juli in Petrograd und vom 23. Juli bis 7. August in Moskau«, Verlag der Komm. Internationale, Hamburg 1921 / Второй конгресс. Коммунистического Интернационала, Июл–Август 1920 г., Стенографический отчет. Иад. Коммунистического Интернационала, Петроград 1921. Bearbeitung und Digitalisierung: sinistra.net 2021

[top] [home] [mail] [search]