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II. WELTKONGRESS DER KOMMUNISTISCHEN INTERNATIONALE



Content:[2]

Dreizehnte Sitzung des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale am 4. August 1920. (Morgens)
Redebeitrag Sinowjew
Redebeitrag Balabanoff
Redebeitrag Sinowjew
Redebeitrag Meyer
Redebeitrag Graziadei
Redebeitrag Schablin
Redebeitrag Serrati
Redebeitrag Sokolnikow
Redebeitrag Graziadei
Redebeitrag Sokolnikow
Redebeitrag Lefebvre
Redebeitrag Meyer
Redebeitrag Sinowjew
Anmerkungen
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Dreizehnte Sitzung des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale am 4. August 1920. (Morgens)

(Die Sitzung wird um 12 ½ Uhr eröffnet)

Sinowjew. Die Sitzung ist eröffnet. Zu einer Mitteilung hat Genossin Balabanoff das Wort.

Balabanoff. Genossen, leider befinden wir uns in der höchst traurigen Lage Euch eine ebenso für Euch wie für uns betrübliche Nachricht mitteilen zu müssen. Vorgestern als eine unserer besten tätigsten Genossinnen, die Genossin Augusta Aasen, die aus Norwegen gekommen ist, und die schon seit zwanzig Jahren in der Bewegung tätig ist, den Flugplatz besuchte, um sich unsere Rote Flugflotte anzusehen, ist ein Unglück geschehen, dem sie zum Opfer gefallen ist. Wir brauchen Euch nicht zu sagen, wie schrecklich und wie tief wir diesen grossen Verlust empfinden. Wir bitten Euch das Andenken der Verstorbenen durch Aufstehen zu ehren (Die Versammlung erhebt sich von den Sitzen). Ich danke Euch. Wir bitten alle Genossen die Versicherung mit nach Hause zu nehmen, dass das russische Proletariat die verstorbene Genossin nicht vergessen wird und wenn ihr Tod auch nur einem unglücklichen Zufall zuzuschreiben ist, so steht es doch so, dass sie im Kampf für das Proletariat und aus Liebe zur Kommunistischen Internationale hierher gekommen und gestorben ist.

Sinowjew. Das Büro schlägt Euch vor, im Namen des Kongresses unserer Bruderpartei in Norwegen unser tiefstes Beileid auszudrücken. Wir schreiten jetzt zur Tagesordnung. Es wird die Agrarfrage behandelt. Der Berichterstatter Genosse Ernst Meyer hat das Wort.

Meyer. Genossinnen und Genossen! Da der eigentliche Referent dieser Frage, Genosse Marchlewski, im Zusammenhang mit den erfreulichen Fortschritten der Roten Armee verhindert ist, zu sprechen, so muss ich Euch an seiner Stelle ein Ersatzreferat halten, das kurz die Leitsätze des Genossen Lenin und die Arbeiten der Kommission zusammenfassen wird.

Durch die soziale Revolution in Ost- und Mitteleuropa ist die Agrarfrage auf die Tagesordnung gesetzt worden und verlangt nicht nur theoretische, sondern auch praktische Lösung. Die Vorarbeiten hierfür waren bisher sehr gering, und die II. Internationale hat auf diesem Gebiet so gut wie gar nichts getan. Man begnügte sich im allgemeinen mit der Entwerfung von schönen Zukunftsbildern über die landwirtschaftliche Produktion nach der Durchführung des Sozialismus. Aber wie die Landbevölkerung für die proletarische Revolution gewonnen werden kann, und welche Kämpfe geführt werden müssen, um dieses ideale Ziel zu erreichen, darüber sagt die II. Internationale sehr wenig, und sie tat auch nichts, um praktisches etwas vorzubereiten. Die besten Elemente der II. Internationale begnügten sich damit, gegen den opportunistischen Flügel zu polemisieren, der auf Grund einer falschen Lesart der statistischen Daten überhaupt behauptete, dass eine Sozialisierung des ländlichen Besitzes nicht in Frage käme, und dass darüber hinausgehend die soziale Revolution auf dem flachen Lande keinen Boden fassen könne. Auf Grund der Zahlen der deutschen Statistiken versuchten die Revisionisten, den Nachweis zu geben, dass die marxistischen Theorien für das flache Land nicht gelten, und, auf Grund dieser Theorien verwarfen sie den sozialen Kampf, verwarfen sie die soziale Revolution. Diejenigen, die diesen Reformisten widersprachen, taten das – wie Kautsky – im wesentlichen nur zu dem Zweck, um nachzuweisen, dass die marxistische Theorie trotzdem auch für dieses Gebiet gilt. Weitere praktische Folgerungen wurden jedoch nicht daraus gezogen.

Die Stellung der Kommunistischen Internationale dieser Frage gegenüber ist eine andere. Es handelt sich für uns darum, das flache Land wirklich zu revolutionieren; denn darüber kann kein Zweifel bestehen: ohne die aktive Teilnahme weiter Schichten der Landbevölkerung ist eine Sicherung und eine Befestigung der Diktatur des Proletariats nicht möglich. Für uns, für die Kommunistische Internationale, steht die Sicherung der Revolution an erster Stelle, und alle Fragen, die mit der Agrarfrage zusammenhängen, können nur unter diesem Gesichtswinkel betrachtet und gelöst werden. Die Aufgabe der Kommunistischen Internationale in bezug auf die Agrarfrage lässt sich kurz in der Frage zusammenfassen: Wie tragen wir den Klassenkampf, den revolutionären Kampf auf das flache Land hinaus? Die Revolutionierung der ländlichen Bevölkerung, deren Bedürfnisse allein durch die Revolution befriedigt werden können, steht auf der Tagesordnung der Geschichte. Schon die geringen Erfahrungen, die hier in Russland gemacht werden können, die Erfahrungen, die mit den Agrarreformen in Mitteleuropa gemacht worden sind, bestätigen die These, die den Leitstern für die Verhandlungen des ganzen Kongresses bildet: dass die bürgerliche Demokratie unfähig ist, diese Frage zu lösen, und dass nur durch die Revolution und durch die Diktatur des Proletariats eine befriedigende Lösung erzielt werden kann. Die Parteien, die angeblich die Interessen der ländlichen Bevölkerung vertreten, wie etwa die Sozialrevolutionäre in Russland und die bäuerlich-bürgerlichen Parteien in Europa, haben ihre eigenen Programme verraten, als sie die Macht in die Hände bekamen und ihr Programm in die Tat umsetzen konnten. Die bürgerliche Demokratie ist unfähig, diese Frage zu lösen. Das zeigt nicht nur das praktische Verhalten der Sozialrevolutionäre in den russischen Randstaaten. Auch alle Ansätze zu einer Agrarreform in den übrigen Ländern laufen darauf hinaus, einen Teil des Grossgrundbesitzes zu zerschlagen und zu verteilen, um so ein neues proletarisches oder halbproletarisches Element zu schaffen, das dazu dienen soll, billige Ausbeutungsobjekte für den bestehenden Grossgrundbesitz zu schaffen. Was in Deutschland an Kleinsiedlungsgesetzen geschaffen worden ist, ist auf dem Papier stehen geblieben oder besteht darin, Elemente der Ausbeutung für den Grossgrundbesitz zu schaffen. Eine einzige Ausnahme einer etwas ernster aussehenden Agrarreform ist vielleicht in Böhmen geschaffen worden; aber auch nur deshalb, weil sie den nationalen Gegensatz zwischen den Tschechen und den jüdischen und deutschen Elementen betont, so dass die tschechischen Bauern teilweise durch die Enteignung der anderen Elemente befriedigt worden sind.

Die Kommunistische Internationale muss über das, was die bürgerliche Demokratie geschaffen hat, hinausgehen und muss im besonderen danach streben, den Gegensatz zwischen Stadt und Land aufzuheben, die städtische und ländliche proletarische Bevölkerung für den gemeinsamen Kampf, für die proletarische Revolution zusammenzuschmieden. Das geschieht unter anderem dadurch, dass wir dafür sorgen, dass die ländlichen Arbeiter aller der Vorteile teilhaftig werden, die den städtischen Arbeitern zur Verfügung stehen, ferner dadurch, dass wir im städtischen Proletariat das Bewusstsein für die Notwendigkeit der ländlichen Arbeit heben.

Die Frage, wie die proletarische Revolution aufs flache Land, ins Dorf hinausgetragen werden könne, kann nur gelöst werden, wenn im einzelnen eine genaue Analyse der verschiedenen Schichten der ländlichen Bevölkerung aufgestellt wird. Die Leitsätze, die Euch vorliegen, machen den Versuch, die ländliche Bevölkerung in verschiedene Schichten zu scheiden: erstens das landwirtschaftliche Proletariat, die Lohnarbeiter, zweitens die Halbproletarier und die Parzellenbauern, drittens die Kleinbauern, viertens die mittleren Bauern, fünftens die Grossbauern und sechstens die Grossgrundbesitzer. Natürlich gibt diese Formulierung der Leitsätze nur ein allgemeines Schema. Bei dem verschiedenartigen Charakter der Zusammensetzung der ländlichen Bevölkerung in den verschiedenen Ländern müssen die Verhältnisse jedes Landes genau studiert werden, um im einzelnen bestimmen zu können, wo die Revolutionierung der Landbevölkerung einsetzen kann. Hier auf dem Kongress können nur allgemeine Umrisse zur Beurteilung der Lage der ländlichen Bevölkerung und zur Bearbeitung durch die kommunistischen Parteien gegeben werden.

Die Gruppen, die in erster Linie und vollständig für die proletarische Revolution in Frage kommen, sind die Landarbeiter, die Forstarbeiter, ferner auch die Arbeiter, die in solchen industriellen Unternehmungen tätig sind, die mit der Landwirtschaft in Verbindung stehen, also in Molkereibetrieben, Spiritusbrennereien u. a. In Frage kommen weiter auch die grossen Gärtnereibetriebe, die mit einer grösseren Anzahl von Lohnarbeitern arbeiten. Die soziale Lage dieser ländlichen Bevölkerungsschicht ist sehr schwierig und schlecht, aber auch so bekannt, dass wir nicht näher darüber zu sprechen brauchen.

Die schlechte wirtschaftliche Lage, geringe Entlohnung, schlechte Wohnungsverhältnisse verbinden sich mit dem politischen und sozialen Druck, der von den Junkern ausgeübt wird, so dass diese proletarischen Elemente sich ohne weiteres der Revolution anschliessen werden. Diese Schicht gehört zu den aktivsten Elementen innerhalb der proletarischen Revolution, und ihre Organisationsfähigkeit ist trotz aller früheren schlechten Erfahrungen gegenwärtig sehr gross. Ich brauche nur daran zu erinnern, dass der Landarbeiterverband in Deutschland heute zu den grössten freien Gewerkschaften gehört und 500 000 Mitglieder zählt. In einem so kleinen Lande wie Italien umfasst die Landarbeitergewerkschaft über 800 000 Mitglieder. Das beweist, welch eine Bedeutung diese Schicht für die soziale Revolution hat, und gleichzeitig, wie relativ leicht es sein wird, diese Schichten in unsere Reihen einzugliedern. Die Organisation darf sich nicht nur auf das gewerkschaftliche Gebiet erstrecken, sondern ebenso sehr und noch mehr müssen diese Schichten von unseren politischen Organen, von den kommunistischen Parteien erfasst werden. Darüber hinaus muss auch in jeder anderen Beziehung alles geschehen, um diese Schichten zu gewinnen (durch Bildungsarbeit usw.).

Ich möchte hier etwas über die Tätigkeit unter den Frauen auf dem Lande einfügen. Es gilt das sowohl für die Mägde, als auch für die Kleinbauernfrauen, die durch den Krieg, durch die heutigen sozialen Verhältnisse gezwungen werden, berufliche Arbeit teilweise selbständig zu leisten. Die Werbetätigkeit unter ihnen verspricht guten Erfolg und darf keineswegs vernachlässigt werden. Die Fragen, die vom Kongress bereits erledigt worden sind, die Mitarbeit in den Gewerkschaften und im Parlament, gewinnen, unter diesem Gesichtswinkel gesehen, besondere Bedeutung. Wenn von den Gegnern der Betätigung in den Gewerkschaften gesagt worden ist, dass man ja genug Gelegenheit habe, um das Proletariat zu organisieren und Agitation zu treiben, so trifft diese Einwendung vielleicht für das industrielle Proletariat zu. Die Erfassung des ländlichen Proletariats kann dagegen am leichtesten geschehen durch die Mitarbeit der Kommunisten in den Gewerkschaften der Landarbeiter und durch die Teilnahme am Wahlkampfe. Auf beiden Wegen können verhältnismässig leicht grosse Schichten der ländlichen Bevölkerung in den Kreis der revolutionären Agitation hineingezogen werden. Der Erfolg planmässiger Agitation ist sehr gross. Ich verweise auf die Erfahrungen in Russland und in Deutschland. In der Märzaktion, bei der Abwehr des Kapp-Putsches, hat das ländliche Proletariat Deutschlands sich gut und mutig benommen. Die Gutsbesitzer wurden verjagt oder eingesperrt, der landwirtschaftliche Betrieb wurde aufrechterhalten. Die Landarbeiter lieferten den Überschuss an Nahrungsmitteln ohne weiteres an die Stadt ab. Darüber hinausgehend haben die Landarbeiter sich zusammengeschlossen und dem Proletariat in den Städten revolutionäre Kampfkaders zur Verfügung gestellt. Nicht nur während dieses Kampfes vor der Eroberung der Macht, sondern auch nach der Eroberung der Macht wird das ländliche Proletariat zu den stärksten Stützen der Sowjetmacht gehören. Es handelt sich darum, dieser meist oder vorläufig elementaren Bewegung des ländlichen Proletariats eine organisatorische Form zu geben. Die Bildung von Gutsräten ist die beste Form, um die ungestümen elementaren Kräfte zusammenzufassen.

In ähnlicher Weise, wenn auch nicht so leicht wie die Landarbeiter, wird die zweite Schicht der ländlichen Bevölkerung, werden die Halbproletarier und Parzellenbauern sich für die proletarische Revolution gewinnen lassen. Auch diese Schicht ist abhängig von dem Grossgrundbesitzer. Sie leidet unter denselben Schwierigkeiten, unter denen die Landarbeiter leiden. Ja, vielleicht ist ihre Lage noch etwas schwieriger, weil für die Parzellenbauern noch die persönlichen Sorgen um ihr Fleckchen Land hinzukommen. In den meisten Ländern wird es zweckmässig sein, diese halbproletarischen Elemente in die Organisationen der eigentlichen Landarbeiter einzureihen. Etwas schwieriger steht die Frage bei den Kleinbauern und den Pächtern, die durch Bearbeitung ihres Bodens gerade ihren Unterhalt gewinnen können, aber keine fremde Arbeitskraft beschäftigen. Dazu gehören auch die kleinen Gemüse- und Obstpächter und Gärtnereibesitzer. Sie sind nicht revolutionär gesonnen, trotzdem kommen sie für unsere Kampfreihen teilweise mit in Frage. Es handelt sich darum, sie über die Notwendigkeit der sozialen Revolution und über ihre eigenen Interessen zu unterrichten. In Wirklichkeit leiden diese Kleinbauern sehr stark unter den gegenwärtigen Verhältnissen. Auch sie sind, wenn auch meist indirekt, abhängig vom Grossgrundbesitz wie vom Kapital; auch sie leisten unbezahlte Arbeit in der Form, dass sie Hypothekenzinsen aufbringen, landwirtschaftliche Maschinen zu hohen Preisen bezahlen müssen usw. Die Lebenshaltung dieser Schicht ist oft rein proletarisch. Der Steuerdruck, Kaufschillinge usw., die allgemeine Teuerung, unter der diese Schicht leidet, das sind alles Fragen, die wir ihr durch eine planmässige Agitation nahebringen müssen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch innerhalb dieser Schicht eine Berufsorganisation geschaffen werden kann. So bildete sich noch im vergangenen Jahre ein Verband für Landarbeiter und Kleinbauern in Deutschland. Es stellte sich dann heraus, dass es unzweckmässig war, ausserhalb der Gewerkschaften einen besonderen Verband zu bilden, und der Verband wurde aufgelöst. Trotzdem baten uns die Kleinbauern in Süddeutschland darum, ihn aufrecht zu erhalten und unsere Zeitschrift für sie weiter herauszugeben, mit der Begründung, dass sie besonderes Interesse für unsere Ideen hätten. Und so sind wir in Deutschland dazu gekommen, eine, wenn auch losere Organisation für die Bauern zu schaffen, die trotzdem ihre Bedeutung hat. Ebenso regen wir in Deutschland die Kleinhauern an, sich zu Kleinbauernräten zusammenzuschliessen, um nicht nur wirtschaftliche Interessen zu verfolgen, sondern auch den politischen und sozialen Kampf aufzunehmen. Ich muss hinzufügen, dass diese Arbeit bisher noch keinen Erfolg hatte. Gutsräte haben wir in sehr vielen Dörfern gehabt. Zur Beteiligung von Kleinhauern ist es noch nicht gekommen; trotzdem lassen wir in dieser Agitation nicht nach. Teilweise ist es gelungen, die Kleinbauern davon zu überzeugen, dass eine Aufteilung des Grund und Bodens keine besonderen Vorteile für sie haben würde, und dass es zweckmässig wäre, sich zu Kleinbauernräten und zu Genossenschaften zusammenzuschliessen, die den zu enteignenden Grossgrundbesitz gemeinsam bewirtschaften. Es muss allerdings betont werden, dass in vielen Ländern, besonders in den kleinen westlichen Demokratien, die Kleinbauern stark reaktionär sind, und im allgemeinen ist daher anzunehmen, dass sich während des Kampfes um die Diktatur des Proletariats ein Schwanken dieser Schicht bald nach der Seite des Privatbesitzes, bald nach der Seite des Kommunismus zeigen wird. Diese kleinen Eigentümer sind durch Anschauungen privatkapitalistischer Art demoralisiert. Um diese Schwankungen zu beseitigen und die Sympathien für uns zu gewinnen, müssen wir ihnen zum Bewusstsein bringen, dass auch sie unter dem jetzigen System leiden, und ihnen sagen, welche Vorteile ihnen in der Zeit der Diktatur des Proletariats und nach Befestigung der proletarischen Staatsmacht zufallen werden. Wir müssen ihnen zusichern, dass sie ihren kleinen Grundbesitz behalten können, denn es hätte keinen Zweck, diesen kleinen Grundbesitz zu enteignen, weil zur Zeit des Kampfes weder die politische noch die technische Möglichkeit besteht, diesen kleinen Grundbesitz wider den Willen ihrer Besitzer gemeinsam zu bewirtschaften. Wir müssen nicht nur zusagen, dass sie ihr Eigentum behalten, sondern wir müssen auch alles tun, um den Wucher zu beseitigen, unter dem diese Kleinbauern leiden. Befreiung vom Steuerdruck, vom Pachtzins, von den Hypothekenlasten und Kaufschillingen sind Vorteile, die dem Kleinbauern ohne weiteres vom Proletariat zugestanden werden müssen. Weiter müssen sie befreit werden von der Abhängigkeit vom Grossgrundbesitz beim Wald- und Weidenutzungsrecht. Ferner muss ihnen Hilfe versprochen werden durch Hergabe von Gebäuden, Maschinen, Geräten und Saaten, die dem Grossgrundbesitz abgenommen werden. Es muss ihnen schliesslich gesagt werden, dass die Genossenschaften, die heute fast in allen Ländern den reichen Bauern zur Verfügung stehen, in Organisationen umgewandelt werden müssen, die ausschliesslich den Interessen der Kleinbauern dienen. In den Ländern, wo eine gewisse Einschränkung des Freihandels und eine Ablieferungspflicht von Lebensmitteln besteht, muss ihnen auch gesagt werden, dass dieser Zwang zur Ablieferung von Nahrungsmitteln aufrecht erhalten bleiben muss, dass aber der zur Ausführung notwendige Organisationsapparat der Bürokratie abgenommen und in die Hände der Kleinbauern selbst gelegt werden wird. Die Kleinbauern müssen darauf aufmerksam gemacht werden, dass ihnen durch die Sozialisierung des Grossbetriebs und durch Verbilligung der landwirtschaftlichen Maschinen Vorteile geschaffen werden. Daher ist eine planmässige Bildungsarbeit unter den Kleinbauern zu betreiben. Sie müssen über ihre soziale Lage aufgeklärt werden. Wenn die Agitation so betrieben wird, ist zu erwarten, dass die Bauern teilweise mit dem Proletariat gehen, zum mindesten nicht Gegner der proletarischen Diktatur werden. Zusammengenommen bilden die Gruppen der Landarbeiter, Halbproletarier und Parzellenbauern ein prächtiges Tätigkeitsfeld für die kommunistische Parteiarbeit, und nach der Eroberung der Macht durch das Proletariat werden alle drei Schichten sich darüber klar werden, dass der Anschluss an die proletarische Staatsmacht das beste Mittel ist, um die eigenen Interessen zu befriedigen.

Noch schwieriger als bei den Kleinbauern liegt die Frage bei den mittleren Bauern. Sie benutzen teilweise fremde Arbeitskraft und haben einen so grossen Besitz, dass sie einen Überschuss an Nahrungsmitteln produzieren können. Diese Schicht ist keineswegs klein. In den Leitsätzen wird darauf hingewiesen, dass in Deutschland diese mittlere Schicht mit einem Besitz von 5–10 Hektar über eine halbe Million Menschen zählt. Es ist klar, dass es unmöglich ist, diese Schicht von ihrem Grundbesitz zu verjagen, denn das würde eine Einschränkung der Lebensmittelproduktion bedeuten. Es muss sich also darum handeln, diese Schicht anders zu behandeln. Man muss den Versuch machen, sie zu neutralisieren. Kautsky hat darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, die Bauernschaft so zu behandeln, dass sie der Bourgeoisie keine aktive Hilfe leistet. Auch bei diesen mittleren Bauern kommt eine sofortige Aufhebung des Privateigentums nicht in Frage. Es wird sogar möglich sein, den mittleren Bauern noch etwas Grundbesitz hinzuzugeben, soweit es sich um bereits von ihnen gepachtetes Land handelt, und die mittleren Bauern werden weiter dadurch einen Vorteil haben, dass auch für sie der Pachtzins aufgehoben wird. Selbstverständlich können alle diese Vorteile den mittleren Bauern nur unter der Bedingung gewährt werden, dass sie die Sowjetmacht anerkennen, Lebensmittel liefern und keinen Widerstand leisten. Auch hier zeigt die Erfahrung in Russland, dass es bei solcher Behandlung möglich ist, die mittleren Bauern zu einer loyalen Haltung gegenüber der Sowjetmacht zu veranlassen. Diese Behandlung der mittleren Bauern unter Aufrechterhaltung des Privateigentums ist notwendig. Denn die Haltung dieser Schichten von Bauern kommt ungefähr auf das hinaus, was einer der russischen Bauern in dem schlechten Witz zusammengefasst hat: Wir sind für die Sowjetmacht, aber gegen den Kommunismus. Dass diese Bauern sich einfügen und mit der proletarischen Staatsmacht abfinden werden, wenn sie zweckmässig behandelt werden, das zeigt das russische Beispiel. In der Roten Armee tut eine grosse Zahl der mittleren Bauern ihre Pflicht im Kampfe gegen den äusseren Feind.

Die Grossbauern dagegen, die in der Regel fremde Arbeitskräfte beschäftigen, gehören zu den an Zahl stärksten und entschiedensten Gegnern der Sowjetmacht, und es ist zu erwarten, dass sie nicht nur jetzt, sondern auch später, nach Aufrichtung der Sowjetmacht, alle Formen von Sabotage treiben und auch militärischen Widerstand leisten werden. Dieser Gefahr muss klar ins Auge gesehen werden, und alle Vorbereitungen müssen getroffen werden, um diesen Widerstand zu vereiteln und ihn niederzuschlagen, wo er sich zeigt. Die Entwaffnung der Grossbauern muss durchgeführt werden. Aber die Enteignung kommt selbst bei diesen Grossbauern nicht als sofortige Aufgabe der Revolution in Frage. Abgenommen müssen ihnen die verpachteten Grundstücke werden, die für die kleinen Mittelbauern notwendig sind, und sie werden ohne weiteres völlig enteignet werden, wenn sie hartnäckig Widerstand leisten. Falls jedoch diese Voraussetzung nicht vorliegt, werden wir den Grossbauern ihr Land belassen. Es ist wichtig, dass der politische und militärische Widerstand dieser Schicht ausgeschaltet wird. Und auch da zeigt die Erfahrung in Russland, dass es möglich ist, eine solche halbwegs loyale Haltung dieser Schicht hervorzurufen. Sobald der Sieg der proletarischen Revolution gesichert ist, wird sich herausstellen, dass sich auch die Grossbauern mit den neuen Verhältnissen abfinden.

Die Grossgrundbesitzer, die teilweise noch während des Krieges grosse Landkäufe vorgenommen haben, müssen sofort ausnahmslos und ohne jede Entschädigung enteignet werden. Die von Kautsky und anderen Unabhängigen vorgeschlagene Entschädigung und Enteignung gegen Entgelt kann nicht in Frage kommen. – Was geschieht mit dem enteigneten Lande? Das Natürlichste und Zweckmässigste ist, dass es den Landarbeitern gemeinsam übergeben wird, die schon vorher auf dem Grund und Boden tätig waren. Es müssen Sowjetwirtschaften gebildet werden, die im Auftrage und als Organe der proletarischen Staatsmacht diese Güter bewirtschaften, sich selbst unterhalten und den Überschuss an die Sowjetmacht abliefern. Unter Umständen wird es möglich sein, kollektive Betriebe zu schaffen, die den Boden genossenschaftlich bearbeiten. Diese beiden Lösungen sind die besten sowohl für die Landarbeiter und Halbproletarier, als auch für die städtische Bevölkerung, die dadurch in der Versorgungsfrage von der Bauernschaft teilweise unabhängig wird. Voraussetzung für diese Lösung ist, dass das Landproletariat einen gewissen Schatz an technischer Erfahrung gesammelt hat. Da diese Vorbedingung nicht überall vorliegt, muss damit gerechnet werden, dass in besonderen Fällen Ausnahmen gemacht werden. Solche Ausnahmen sind in Russland gemacht worden, wo man den Grossgrundbesitz teilweise aufgeteilt hat. Diese Ausnahme ist kein Verstoss gegen die Prinzipien des Kommunismus, wie Kautsky hat nachweisen wollen; denn die Hauptaufgabe einer proletarischen Macht besteht darin, sich selbst und die proletarische Revolution zu sichern, die Grundlagen für den Kommunismus zu schaffen. Alle anderen Fragen müssen gegenüber diesem Hauptgesichtspunkt zurücktreten. Selbst die Einschränkung der Produktion, die heute ja immer noch empfindlich wirken kann, ist nicht so wichtig, dass sie gegenüber dieser Frage nicht zurücktreten müsste.

Wann darf der Grossgrundbesitz aufgeteilt werden? Eine Teilung kommt erst dann in Frage, wenn er an Kleinbauern verpachtet ist, wenn dieser Grossgrundbesitz also nicht einheitlich bewirtschaftet wird. In diesem Falle bedeutet die Aufteilung überhaupt keine Aufgabe des Grossbetriebs. Ferner ist diese Aufteilung dann möglich, wenn der Grossbesitz eingestreut ist in kleinbäuerliche Siedlungen. Hier ist der Landhunger so gross, dass er unter Umständen zur Sicherung der Revolution befriedigt werden muss. In Süddeutschland ist es denkbar, dass die wenigen vorhandenen Grossgüter aufgeteilt werden. Und schliesslich kann da, wo das Landproletariat zu rückständig ist, eine Aufteilung an die erfahrenen Bauern in Frage kommen. Wichtig dafür ist auf jeden Fall, dass die Gutsbesitzer nicht auf ihren Gütern belassen, dass sie verjagt werden müssen, und wenn der Grossbetrieb nicht ohne sie aufrecht zu erhalten wäre, dann muss die Bauernschaft für die Bearbeitung dieses Bodens gewonnen werden. Nach Befestigung der proletarischen Macht wird es möglich werden, für die Mitarbeit bürgerliche Fachleute unter Kontrolle der Sowjetmacht zu gewinnen.

Die Voraussetzung für die Gewinnung des ländlichen Proletariats ist ein entschiedener Kampf des städtischen Proletariats für die soziale Revolution ohne Scheu vor Opfern, und die kommunistischen Parteien müssen dabei als Vorhut vorangehen. Um die Schichten, die noch schwanken oder die den kommunistischen Ideen zugänglich sind, zu gewinnen, müssen ihnen sofort nach dem Sieg der proletarischen Revolution wirtschaftliche Vorteile gewährt werden. Die Halbproletarier und die kleinen und mittleren Bauern müssen fühlen, dass sie selbst einen Vorteil von der neuen Ordnung haben, und zwar müssen diese Vorteile gewährt werden auf Kosten der Ausbeuter. Um diese Bewegung auf dem flachen Lande zu fördern, ist es notwendig, an die wirtschaftlichen Kämpfe auf dem Lande anzuknüpfen, in erster Linie an die Streikbewegung. In fast allen Staaten haben grosse Streikbewegungen auf dem Lande eingesetzt, und diese müssen von den kommunistischen Parteien ausgenutzt werden, um das Landproletariat zu überzeugen, dass eine wirkliche Verbesserung seiner Lage nicht durch die Gewährung höherer Löhne geschaffen werden kann, sondern nur durch den Sieg der proletarischen Revolution. Im Anschluss an diese wirtschaftlichen Kämpfe müssen die kommunistischen Parteien auch das Landproletariat für sich gewinnen und dort ihre eigenen Organisationen schaffen. Das Landproletariat muss davon überzeugt werden, dass es sich selbst in der Form der Gutsräte für den Befreiungskampf organisieren muss. Den industriellen Arbeitern auf dem Lande, die meist aus der städtischen Bevölkerung stammen, fällt bei Verstärkung dieser Bewegung auf dem Lande eine besondere Rolle zu; an diese müssen die kommunistischen Parteien sich wenden, um mit ihrer Hilfe die Bewegung auf das flache Land hinauszutragen und zu stärken. Eine besondere Agitation unter den Kleinbauern ist ebenfalls notwendig. Sie muss mit allen Mitteln betrieben werden. In den Leitsätzen sind weitere Vorschläge gemacht, wie durch Agitation, durch Versammlungen, durch die mitarbeitenden Gewerkschaften und die Behandlung der Agrarfragen im Parlament das flache Land revolutioniert werden kann.

Das wären kurz die Aufgaben, die dem Kongress durch die Leitsätze vorgelegt werden. Die Kommission hat sich in mehreren Sitzungen eingehend mit den Leitsätzen beschäftigt und eine grosse Zahl von Veränderungen vorgenommen, zunächst in der deutschen Ausgabe eine grosse Zahl von stilistischen Änderungen. Diese Leitsätze sollen nur den allgemeinen Rahmen für die Tätigkeit der kommunistischen Parteien auf dem flachen Lande abgeben. Es wird zweckmässig sein, wenn die Kommunisten aller Länder sich ein eigenes Agrarprogramm schaffen, das besondere Vorschläge enthält. Ich möchte darauf hinweisen, dass zum Beispiel in Deutschland ein solches Agrarprogramm der KPD bereits besteht.

Was nun sachliche Änderungen anbetrifft, so ist in § 2 auf Seite 33 eingefügt hinter »Lohnarbeit in den kapitalistischen ...« »die industriellen Landarbeiter, die Forstarbeiter …«.

Auf Seite 34 ist eingefügt worden, »dass eine gemeinsame Organisation der Landarbeiter …«.

Auf Seite 38 Punkt 4 sind mehrere Sätze gestrichen worden, in denen das Interesse der mittleren Bauern den Interessen der Lohnarbeiter gegenübergestellt wird. Dort, wo gesagt wird »denn die Weltanschauung …« bis »das siegreiche Proletariat« auf Seite 39, ist eingefügt worden, »dass eine sofortige Aufhebung des Privateigentums gegenüber den mittleren Bauern nicht in Frage kommt, dagegen …«. Die grössten Änderungen sind vorgenommen im § 6. Er gibt in der ursprünglichen Fassung eine allzu starke Hervorhebung der Ausnahme von der Regel, dass das Land nicht aufgeteilt werden darf. Die Kommission hat den Satz des Paragraphen, in dem es heisst, dass es ein Fehler wäre, die Verteilung des Bodens nicht vorzunehmen, gestrichen und einen neuen Satz vorangestellt: »… das Prinzip, dass der Grossbetrieb aufrecht erhalten bleiben muss.« Die Änderungen sind so zahlreich, dass ich nicht diese ganze neue Fassung vorlesen möchte. Die Änderung entspricht fast wörtlich einem Vorschlag des Genossen Marchlewski. In der deutschen Ausgabe wird auf Seite 43 von der Stelle, wo der Absatz anfängt »Es wäre indessen ein grosser Fehler...«, alles gestrichen bis zu dem Absatz auf Seite 45 »das Inventar der Grossbetriebe ...«, und durch eine neue Fassung ersetzt. Von da an bleibt der alte Text mit geringen Änderungen bestehen. Dann ist auf Seite 46 eine Polemik gegen die II. Internationale, gegen die deutschen und englischen Unabhängigen und die französischen Longuetisten gestrichen worden, weil derselbe Gedanke an anderer Stelle ausgesprochen worden ist.

Das sind die wesentlichen Änderungen. Zum Schluss möchte ich erneut darauf hinweisen, welche Wichtigkeit es hat, dass die kommunistischen Parteien die soziale Revolution auf das flache Land hinaustragen. Eine Sicherung des Sieges, besonders in Mittel- und Westeuropa, ist nicht anders möglich, als dass das ländliche Proletariat mit eingereiht wird in die Vorhut des städtischen Proletariats. Die besonders günstigen Verhältnisse, die in Russland vorlagen dadurch, dass auch die Bauernschaft durch die Frage »Frieden und Land« an der proletarischen Gewalt interessiert ist, fallen teilweise in Mittel- und Westeuropa fort. Um so notwendiger ist es, dass die kommunistischen Parteien auf dem Lande sich auf die Teile des ländlichen Proletariats stützen, die in der gleichen Weise wie das städtische und teilweise noch schlimmer unter den gegenwärtigen Verhältnissen leiden. Und die Kommission hofft, dass die Anregungen, die hier gegeben werden, auch in der Praxis der verschiedenen kommunistischen Parteien in den einzelnen Ländern ihre Früchte tragen werden.

Graziadei. Genossen, ich werde für mich persönlich sprechen. Vor allem möchte ich erklären, dass ich die Thesen, die uns von dem Genossen Lenin vorgeschlagen worden sind, im allgemeinen annehme, besonders nach den sehr interessanten Amendements, die die Kommission speziell an der These 6 angebracht hat.

Es besteht eine sehr auffallende Ähnlichkeit zwischen den Thesen des Genossen Lenin über die nationale und koloniale Frage und den Thesen über die Agrarfrage, wenn auch der Gegenstand ein ganz verschiedener ist. Er ist dieselbe Methode, die in verschiedenen Fragen angewendet ist, und sie besteht darin, die Gegner einzuschätzen und ihnen Konzessionen zu machen, je nachdem der Augenblick oder diejenigen, denen man sie macht, es fordern.

Das ist eine Methode, die man definieren kann als die Methode des Anstrengungsminimums, eine Methode, die darauf abzielt, die Eroberung der Macht leichter und schneller zu gestalten und Bedingungen zu schaffen zur Aufrechterhaltung der Macht nach ihrer Eroberung.

Ich begnüge mich damit, darauf hinzuweisen, dass diese Tendenz eine Gefahr offenbart, die man als die Gefahr eines Opportunismus von links bezeichnen könnte.

Aber die Tatsache, dass diese Thesen und ihre Anwendung solchen Genossen wie dem Genossen Lenin und anderen russischen Genossen anvertraut werden, kann uns die Gewissheit geben, dass die Gefahr im Zustande der Theorie bleibt. Jedoch versichere ich Ihnen, dass es andere Länder und andere Situationen gibt, wo ich nicht soviel Vertrauen an den Tag legen könnte.

Um die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat zu erleichtern, fassen die Thesen des Genossen Lenin die bäuerlichen Massen ins Auge, teilen sie – indem sie sie alle ganz richtig analysieren – in verschiedene Gruppen ein und sagen: »Wir können einen Teil von ihnen mit uns reissen, ein anderer Teil kann neutralisiert werden. Aber es gibt einen weiteren Teil unter ihnen, der uns immer feindlich gegenüberstehen wird, und gegen ihn müssen wir unermüdlich kämpfen.«

Der zweite Teil der Thesen des Genossen Lenin behandelt die Frage, was nach der Eroberung der Macht zu tun ist. Mit den vorgeschlagenen Korrekturen können diese Thesen angenommen werden. Ich muss jedoch trotzdem einige praktische Bemerkungen machen.

In der These über die kleinen und mittleren Eigentümer zeigt sich Genosse Lenin sehr originell. Er versucht zwei entgegengesetzte Irrtümer zu vermeiden, die die Sozialisten bis jetzt gemacht haben.

Viele Sozialisten glaubten, sich der grossen Frage der kleinen und mittleren Eigentümer entledigen zu können, indem sie sagten: in Wirklichkeit ist ihre Bestimmung, in der bürgerlichen Gesellschaft zu verschwinden, folglich brauchen wir uns nicht für sie zu interessieren. Das ist eine vollkommen irrige Auffassung, denn vor allem ist es keinesfalls wahr, dass das Gesetz der Konzentration des Kapitals sich überall so vollzieht, wie es Marx beschrieben hat. Jedenfalls war die Form, in der man bei den kleinen Eigentümern das Gesetz der Konzentration anwenden wollte, einfach unsinnig. Ferner erkennen wir wohl, dass wir, wenn wir erklären, dass die Kleinbauern dazu verurteilt sind, zu verschwinden, uns in zwei Gefahren begeben: man wendet das Interesse vollkommen von den Kleinbauern ab und treibt sie in die Arme unserer Gegner. Denn wenn wir den Kleinbauern sagen, dass sie verschwinden müssen und dass wir sie künstlich abschaffen wollen, so ist es offenbar, dass wir durch eine solche Politik Millionen von Menschen zu unseren Gegnern machen.

Der andere – dem ersten entgegengesetzte – Irrtum, den unsere Sozialisten begingen, war ihr Glaube, dass man die Kleinbauern, da sie nicht berufen seien, zu verschwinden, organisieren müsse, und nur nachdem dies geschehen sei, könne man Revolution machen. Das würde eine Hinausschiebung der Revolution ad calendas Graecas bedeuten. Das ist nicht möglich.

Zwischen diesen beiden Irrtümern, die im diametralen Gegensatz zueinander stehen, schlägt Genosse Lenin eine Haltung vor, die ich ziemlich exakt und annehmbar finde. Er sagt, wir müssten den Kleinbauern zeigen, dass sie alles zu gewinnen haben, wenn sie mit uns gehen. Das ist gut. Aber an der Stelle, an der die Formen der Organisation und des Kampfes behandelt werden, die man während der Periode, die der Eroberung der politischen Macht vorangeht, anzuwenden hat, muss ich einige Vorbehalte machen.

In der vorletzten These, d. h. in der These 8, spricht man vom Streik der ländlichen Lohnarbeiter, dem sich in gewissen Fällen auch die Kleinbauern anschliessen könnten. Ich bin weit davon entfernt, die Wichtigkeit des revolutionären Moments in diesen ländlichen Streiks zu verleugnen. In Italien hatten wir ansehnliche ländliche Streiks, und diese breiten Bewegungen haben tiefe Rückwirkungen gehabt. Aber ich muss trotzdem zwei Einwendungen machen. Ich verstehe nicht, warum man sagt, dass in gewissen Fällen die Kleinbauern sich am Streik beteiligen könnten. Ich glaube nicht, dass sie das tun können. Andererseits ist es auch ein Irrtum, zu glauben, dass für alle Länder der Streik die Hauptwaffe sei; denn es gibt Länder, wo die Organisationen der ländlichen Lohnarbeiter eine solche Kraft erlangt haben, dass sie zur Revolution vorbereiten und sogar schon in der bürgerlichen Gesellschaft eine Politik der Verwirklichung der proletarischen Diktatur beginnen können.

In Italien haben wir Arbeiterorganisationen, die direkt öffentliche Arbeiten auf sich nehmen. Ebenso gibt es Kooperativen, die Landstücke kaufen oder pachten, um sie gemeinschaftlich zu bebauen. Hier liegt eine Kraft des Kampfes und Aufbaus, die eine grosse Bedeutung hat und die wir nicht ignorieren dürfen.

Darum wollte ich vorschlagen, am Ende der These 8 folgendes einzufügen:

»Nur in einem fortgeschrittenen Zustand ihrer Organisation, unter gewissen Bedingungen und in gewissen Ländern (z. B. Italien), können sich die ausgebeuteten ländlichen Massen selbst in Kooperativen organisieren (um öffentliche Arbeiten zu leisten, um gekaufte oder gepachtete Landstücke auf vollkommen oder teilweise kollektive Art zu bebauen etc.). Die Kommunisten müssen sich für diese Organisationen interessieren und versuchen, sie zu leiten – unter anderem mit dem Ziel, dass diese Organisationen sich nicht in politische Kompromisse einlassen.«

Ich wende mich noch der Frage der Kleinbauern zu. Die kleinen Eigentümer sind in vielen Ländern schon in Kooperationen für Einkauf und Verkauf und für die Verarbeitung der Produkte (Konsumgenossenschaften) organisiert. Es kommt auch sehr oft vor, dass sie von unseren Gegnern organisiert sind.

Das Hauptziel der Sozialisten ist nicht, die Kleinbauern zu organisieren; aber wenn diese eine Tendenz haben, sich zu organisieren, so müssen wir in diese Organisation eingreifen, denn man muss in alle Organisationen gehen, wo Arbeiter sind. Ich schlage also vor, am Ende der These 8 folgendes hinzuzufügen:

»Was die kleinen Bauern anbetrifft, so müssen die Kommunisten in ihre kooperativen Organisationen für Einkauf und Verkauf (Konsumgenossenschaften) eintreten, um auf dieselben einen immer grösseren Einfluss auszuüben, mit dem Ziel, hier entgegengesetzte Tendenzen zu erwecken und ihnen einen möglichst wenig auf das Privateigentum beschränkten Charakter zu geben.«

Ich muss noch eine Bemerkung machen. Ich nehme die Auffassung mit den Amendements der Kommission über das, was die proletarische Regierung tun muss, sobald sie imstande sein wird, sich mit der Agrarfrage zu beschäftigen, an. Aber zum Aufbau würde ich eine kleine Einfügung in der 6. These am Ende des zweiten Paragraphen machen.

Es ist sehr richtig, nicht zuzulassen, dass den ehemaligen Grossgrundbesitzern eine Entschädigung gegeben werde. Ich halte es für sehr gut, die Kommunisten und Sozialisten daran zu erinnern, dass das eine anti-sozialistische und anti-kommunistische Handlung wäre. Und ich finde es merkwürdig, dass der Vorschlag, eine Geldentschädigung zu geben, von den Genossen Italiens, Österreichs und Deutschlands unterstützt worden ist.

Das hiesse, die ländlichen Massen mit einem ungeheuren Gewicht zu belasten. Aber da man die Umwälzung in den Grenzen des Möglichen immer erleichtern soll, so muss man nach der ersten Periode des Kampfes versuchen, sich die Fähigkeiten gewisser Eigentümer dienstbar zu machen.

Man muss sich über diese Situation Rechenschaft ablegen.

Ich schlage also am Ende des zweiten Absatzes von These 6 folgende Einfügung vor:

»Wenn die Idee einer Geldentschädigung unbedingt berührt werden muss, so kann man bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass den ehemaligen Grossgrundbesitzern eine persönliche Rente zu bewilligen ist, wenn ihr Alter es ihnen nicht mehr erlaubt, zu arbeiten und sich schnell an die neuen Lebensbedingungen zu gewöhnen.
Natürlich wird das von ihrem politischen Verhalten abhängen, denn es wäre lächerlich, Konterrevolutionären irgend etwas zu bewilligen. Wenn sie sich jedoch der neuen Lage fügen, so muss man ihnen einige Verbesserungen ihres Schicksals schaffen.«

Endlich bin ich der Ansicht, dass man in der 3. These, Zeile 2 nicht sagen muss »in allen kapitalistischen Ländern«, sondern man muss sagen »in fast allen kapitalistischen Ländern«, denn es ist nicht ganz zutreffend, wenn man sagt: »In allen kapitalistischen Ländern bildet die ländliche Masse die grosse Majorität der Bevölkerung.« In England z. B. bildet die ländliche Masse die Minorität.

Schablin. Genossen, in den Städten Bulgariens besteht eine bedeutende Industrie. In den Dörfern ist die vorherrschende Eigentumsform die des kleinen Landbesitzes. Die Arbeiter sind in den Städten konzentriert, und von dorther schöpft die Kommunistische Partei ihre Hauptkräfte. Aber dank der Tatsache, dass der Prozess der Proletarisierung der Kleinbauern sehr schnell vorwärts schreitet und dass die Lage der Kleinbauern, die sich ein kleines Stück Land bewahren konnten, durch die Folgen des Krieges sehr elend geworden ist, beginnt der Einfluss der Kommunistischen Partei sich auch auf das Land auszudehnen.

Die vorherrschende Eigentumsform auf dem Lande ist in Bulgarien der kleine Landbesitz. In Bulgarien gibt es 495 000 Landbesitzer, und der durchschnittliche Flächeninhalt jedes Besitzes ist 9 Dekar. Aber diese Besitzungen sind so verteilt:

1. 225 000 bis 50 Dekar.
2. 175 000 bis 100 Dekar.
3. 95 000 bis 1000 Dekar.
4. 936 mehr als 1000 Dekar.

Die erste Kategorie, die auch die zahlreichste ist, besteht aus Halbproletariern, denen ihr Land nicht einmal für ihre eigenen Bedürfnisse genügt. Sie sind genötigt, einen guten Teil des Jahres entweder bei den reichen Bauern oder in den Bergwerken, in Fabriken und Städten zu arbeiten. Diese Kategorie bildet zum grössten Teil unsere Kaders auf dem Lande. Die zweite Kategorie sind die kleinen Eigentümer, denen ihr Land kaum genügt, um die Bedürfnisse ihrer Familie zu befriedigen. Sie beuten nicht die Arbeit anderer aus und bebauen ihr Land selbst. Die Kommunistische Partei arbeitet unter dieser Schicht, wo sie bemerkenswerte Ergebnisse zu verzeichnen hat. – Infolge bedeutender Verringerung der Produktivität des Ackerbaues, die die Folge der Vernichtung des Pachtviehbestandes während des Krieges war, ist die wirtschaftliche Lage dieser Kategorie in der Tat sehr unsicher geworden. Diese beiden halbproletarischen und kleinbäuerlichen Kategorien umfassen ungefähr vier Fünftel der gesamten bäuerlichen Bevölkerung Bulgariens. Von der Bourgeoisie und dem bürgerlichen Staat haben sie nur die Steigerung ihrer finanziellen Lasten zur Deckung der Kriegsausgaben und folglich eine Vergrösserung ihres Elends zu erwarten. Die Kommunistische Partei treibt unter ihnen eine starke Agitation und eine intensive Propaganda. Unsere Partei verheimlicht den Halbproletariern und Kleinbauern nicht ihr Maximalprogramm, nämlich die Sozialisierung des Bodens. Die Einträglichkeit des kleinen Landbesitzes ist bei uns so gering, das Elend der Halbproletarier und der kleinen Grundbesitzer ist so gross, dass die Idee, die landwirtschaftliche Produktivität durch den gemeinsamen Besitz des Landes zu steigern, jeden Tag an Boden gewinnt. Aber gleichzeitig erklären wir ihnen, dass das Proletariat, wenn es an der Macht ist, die Enteignung der Grossgrundbesitzer durchführen wird und nicht die der kleinen Bauern und Halbproletarier und dass es selbst den mittleren Bauern das freie Verfügungsrecht über ihr Land belassen wird. Die Halbproletarier und die kleinen Grundbesitzer werden selbst auf die Idee des kollektiven Besitzes und Bebauens des Landes kommen, wenn der proletarische Staat ihnen durch seine Handlungen die Vorteile der neuen sozialistischen Regierung zeigen wird; sie werden selbst auf die Idee kommen, dass der Gebrauch vervollkommneter landwirtschaftlicher Maschinen, die elektrische Bebauung des Bodens und die Entwicklung der landwirtschaftlichen Kenntnisse den kollektiven Besitz und die kollektive Bebauung des Bodens wirtschaftlich möglich machen werden.

Das ist die Richtung, die unsere Agitation im wesentlichen verfolgt, die der wahren Lage der Halbproletarier und der kleineren Grundbesitzer Rechnung trägt. Wir bemühen uns auch, die arbeitende Masse der bäuerlichen Bevölkerung dem Einfluss der Bourgeoisie in den Städten und auf dem Lande, dem Einfluss der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien zu entreissen und sie für die Sache der proletarischen Revolution zu gewinnen. Ich muss hier besonders betonen, dass wir in dieser Hinsicht bereits bedeutende Erfolge zu verzeichnen haben. Die Kommunistische Partei hat eine kommunistische Zeitung für die Bauern gegründet; sie besitzt auf dem Lande gegen tausend kommunistische Organisationen und Gruppen, die 25 000 Landarbeiter, Halbproletarier und kleine Grundbesitzer umfassen, die sie für die Revolution vorbereitet. Die Parole der Arbeiter- und Bauernräte wird von dieser Masse, die ihr Vertrauen zur Bourgeoisie, zum bürgerlichen Staat und bürgerlichen Parlament verloren hat, mit Begeisterung begrüsst. Wir arbeiten, um im Augenblick der Revolution die Mehrheit dieser Massen mit uns zu haben und um mit ihrer Hilfe die Bemühungen der Bourgeoisie zu lähmen, die durch die Bauern das revolutionäre Proletariat in den Städten zu ersticken versuchen wird, das Proletariat, das – ich muss es hier bemerken – schon vollkommen für die kommunistischen Ideen gewonnen ist.

Die mittleren Bauern, d. h. diejenigen, die ihre landwirtschaftlichen Produkte auf dem Markte verkaufen, haben während der Dauer des Krieges nicht wenige Banknoten aufgehäuft, und viele unter ihnen sind reich geworden. Sie vertreten die reaktionäre Klasse auf dem Lande, aber bei uns bilden sie eine zahlenmässig schwache und unbedeutende Schicht. Noch geringer an Zahl sind bei uns die grossen Landbesitzer, die gemeinsam mit den mittleren Bauern die bäuerliche Reaktion bilden, auf der heute die Macht der Bourgeoisie ruht. Bei uns – ebenso wie auch in den anderen kapitalistischen Staaten – hat die bäuerliche Bourgeoisie (mittlere und grosse Grundbesitzer) einen grösseren Einfluss und spielt wegen ihrer überwiegenden Rolle auf dem Markte der landwirtschaftlichen Produkte, deren Preise eine ungeheuerliche Steigerung erfahren haben, eine bedeutendere politische Rolle. Diese bäuerlichen Bourgeois stehen im Lager der Reaktion und der Konterrevolution; sie sind heute mit der Bourgeoisie in den Städten zwecks Spekulation und zur Ausbeutung der Massen verbündet, sowohl durch die Banken und die geheimen Gesellschaften, als auch durch ihre blutdürstige Politik zur Erstickung der proletarischen Revolution mit den grausamsten Mitteln, die die bürgerliche Diktatur anwendet. Aber man muss es wiederholen: Bei uns bildet die bäuerliche Bourgeoisie nur eine sehr schwache Schicht der Landbevölkerung, und wenn es uns gelingen wird, den grössten Teil der Halbproletarier und der Kleinbauern für uns zu gewinnen, so werden wir den Widerstand der bäuerlichen Bourgeoisie im Moment der Revolution brechen können. Aus diesem Grunde machen wir, was die Organisation der Landarbeiter anbetrifft (die in einer Berufsgewerkschaft vereinigt sind), auf dem Lande die grössten Anstrengungen; aber das, was wir vor allem wollen, ist, die Halbproletarier und Kleinbauern auf dem Lande, die die grosse erdrückende Mehrheit dr Landbevölkerung bilden, zu uns heranzuziehen und für den Kommunismus zu gewinnen.

Wir erkennen auch klar die Notwendigkeit, darauf hinzuarbeiten, die mittleren Bauern für die Revolution zu neutralisieren. Wir erschrecken sie nicht mit dem Gedanken der Enteignung ihres Bodens; denn in der Tat können wir mit den technischen Mitteln, über die wir gegenwärtig verfügen, nicht unmittelbar die kollektive landwirtschaftliche Produktion anstelle der privaten landwirtschaftlichen Produktion organisieren. Unser Ziel ist die Enteignung der Grossgrundbesitzer. Wenn es uns gelingen sollte, die mittleren Bauern zu neutralisieren, so werden wir die Kräfte des Blocks der Reaktion in zwei Teile gespalten haben und dann wird es viel leichter sein, ihn zu besiegen.

Was die Frage der Schaffung von Bauernräten betrifft, so glauben wir, dass sie eng verbunden ist mit der der Schaffung von Arbeiterräten in den Städten. Wenn der revolutionäre Kampf seinen Höhepunkt erreicht haben und die Arbeiterklasse und die Klasse der Armen während des Wachsens der Bewegung sich entschliessen wird, zur Schaffung von Sowjets und zum bewaffneten Aufstand zu schreiten (denn damit die Arbeiter- und Bauernräte als revolutionäre Organe zur Eroberung und Ausübung der proletarischen Macht bestehen können, müssen sie mit der Waffe in der Hand von den Arbeitern und Bauern verteidigt werden) – nur dann wird man zur Schaffung von Bauernräten schreiten können und dürfen, die aus den Armen, den Proletariern, den Halbproletariern auf dem Lande gebildet werden.

Darum nimmt die bulgarische Delegation die vom Exekutivkomitee mit den Amendements der Kommission vorgelegten und vom Berichterstatter der Kommission, dem Genossen Meyer, dem Kongress unterbreiteten Thesen an und unterstützt sie.

Serrati. Ich habe um das Wort gebeten, um dem Genossen Wijnkoop eine Freude zu machen und um nicht im letzten Augenblick der Abstimmung eine Erklärung abgeben zu müssen.

Meiner Meinung nach interessiert diese Frage den Kongress nicht. Es ist dies ein Kongress von Genossen, die aus industriellen Ländern kommen und die nicht wissen, wie interessant die Frage ist.

Was mich betrifft, so gebe ich nur eine Erklärung ab. Ich glaube, dass man erst auf dem nächsten Kongress, wenn man mehr Erfahrungen gesammelt hat, diese Frage gründlich diskutieren kann.

Ich werde mich der Abstimmung enthalten. Persönlich bin ich gegen die Thesen, die den Notwendigkeiten der Revolution in den westlichen Ländern nicht genügend zu entsprechen scheinen. Unsere Partei hat über diese sehr ernste Frage noch nicht endgültig entschieden, und ich glaube nicht, das Recht zu haben, meinen persönlichen Willen an die Stelle desjenigen der Genossen zu setzen, die mich zum Kongress delegiert haben.

Im allgemeinen scheint es mir, dass man die Notwendigkeiten der nachrevolutionären Periode, während welcher der proletarische Staat sich notgedrungen gewissen Notwendigkeiten anpassen muss, mit der vorrevolutionären Periode verwechselt, während welcher die Kommunisten einen genauen und bestimmten Standpunkt zu allen bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien einnehmen müssen.

Ebenso wie die Thesen über die koloniale und nationale Frage, so tragen auch die Thesen über die Agrarfrage nicht der Tatsache Rechnung, dass die Konzessionen, die man verschiedenen sozialen Schichten macht, um sie sich günstig zu stimmen oder um sie wenigstens zu neutralisieren, im Augenblick des revolutionären Handgemenges sehr gefährlich für die proletarischen Schichten sein und sie auf einen mehr und mehr opportunistischen Weg der Konzessionen führen können. Im allgemeinen sind die kleinen Bauern Westeuropas sehr gewinnsüchtig und wissen sehr wohl, welches ihre politische Stellung zur Verteidigung ihrer Interessen sein muss. Es genügt nicht, ihnen Sympathieerklärungen zu machen; sie wollen etwas Praktisches. Sie sind für die Schutzzölle, gegen die Industrialisierung der Erde, für die Autonomie in der Verwaltung. Und das haben ihnen die Parteien versprochen, in denen sie organisiert sind. Werden sie uns glauben? Ferner ist es notwendig, sich daran zu erinnern, dass in den vorgeschrittensten Ländern die Bauern – kleine und mittlere Besitzer – bereits ihre Parteien haben, und das sind reaktionäre Parteien. Das ist in der Schweiz und in Frankreich der Fall. Die kleinen und mittleren Besitzer und die Pächter derselben Länder stehen im Kampf mit den landwirtschaftlichen Arbeitern, die jene schon jetzt enteignen wollen. In Italien dauert dieser Kampf schon 20 Jahre an und hat von Zeit zu Zeit blutige Folgen. Können wir hingehen und sagen, dass wir uns geirrt haben?

Der Kleinbesitz ist eine wirtschaftliche Form, die ihre Existenzberechtigung an gewissen Orten, besonders in den Bergen, hat. Die Kommunisten dürfen die kleinen Bauern nicht schädigen. Sie müssen während und nach der Revolution gewisse unvermeidliche Lösungen finden. Sie müssen verstehen und verständlich machen, dass nach dem Sturz des bürgerlichen Regimes selbst mit den mittleren Bauern ein Übereinkommen möglich sein muss; aber vor der Revolution haben die Kommunisten die besondere Pflicht, dem ländlichen Kleinbürgertum keine Konzessionen zu machen, um nicht die Interessen der proletarischen Masse zu schädigen.

Aus diesen Gründen und weil ich die Ansicht unserer Parteileitung über diesen Gegenstand nicht genügend kenne, werde ich mich der Abstimmung enthalten.

Sokolnikow. Der Genosse Graziadei sagte uns, dass er die marxistische Theorie in ihrer Anwendung in der Agrarfrage als eine Kinderei betrachte.

Graziadei. Ich habe das nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass die Theorie über die Konzentration des Kapitals sich nicht überall in der Weise bewahrheitete, wie Marx sie im »Kapital« ins Auge fasste. Ich habe gesagt, dass es eine Kinderei einiger Genossen ist, wenn sie, vom Gesetz der Konzentration des Kapitals ausgehend, zu dem Schluss kommen wollen, dass alle kleinen Eigentümer in der bürgerlichen Welt verschwinden müssten.

Sokolnikow. Das Wort ist nicht von grosser Wichtigkeit. Der Genosse Graziadei sagt, dass die marxistischen Theorien irrig sind, was die Konzentration des Kapitals auf landwirtschaftlichem Gebiete anbetrifft.

Der Genosse Graziadei ist, wenn ich nicht irre, ein vortrefflicher Professor der politischen Ökonomie; aber im gegenwärtigen Fall, der die marxistische Theorie berührt, glaube ich wirklich, dass er es ist, der sich irrt, und dass er dem Beispiel der Professoren der politischen Ökonomie folgt, die manches Mal erklärt haben, dass die marxistische Theorie im allgemeinen nichts wert sei, wenn sie auf einen bestimmten Punkt angewendet werde.

Wenn es wirklich so wäre, dass die marxistische Theorie sich auf dem landwirtschaftlichen Gebiete nicht bewahrheitet, so müsste man die notwendigen Schlüsse ziehen, müsste dann zugeben, dass der ganze sozialistische und kommunistische Aufbau fallen müsse, wenn man zugibt, dass auf dem landwirtschaftlichen Gebiete die marxistischen Theorien nicht aufrecht zu erhalten sind.

Wenn es unmöglich ist, die sozialistische Produktion in der Landwirtschaft auf der Grundlage zu organisieren, die durch die kapitalistische Entwicklung gegeben ist, so bedeutet das offensichtlich den Zusammenbruch des sozialistischen Regimes in der Industrie. Im übrigen glaube ich, dass der Genosse Graziadei gegen die Anwendung der marxistischen Theorien auf die Landwirtschaft gesprochen hat, ohne festgestellt zu haben, dass die Zentren der landwirtschaftlichen Produktion ihren Ort verändert haben. Mitteleuropa hat aufgehört, die Kornkammer Europas zu sein. Die grosse landwirtschaftliche Produktion befindet sich jetzt jenseits des Ozeans. Es sind Nordamerika und während der letzten Jahre Südamerika, die die europäische Industrie nähren und die die Verproviantierung der europäischen Arbeitermassen ermöglichen.

Dies zwingt uns, von der Veränderung zu sprechen, die sich in Europa und Amerika im Laufe der Streiks und des letzten Jahres vollzogen hat. Ich möchte auch zu dem eine Bemerkung machen, was der Genosse Serrati gesagt hat, der findet, dass der Krieg den Bauern nicht etwa proletarisiert, sondern im Gegenteil bereichert hat. Er führt das Beispiel der italienischen Bauern an, die ihren Wollstrumpf voll Gold haben. Ich glaube, dass hier eine Unrichtigkeit besteht.

Es ist sicher, dass ein Teil der Bauern, derjenige, dem es möglich war, sein Getreide, die Produkte seines kleinen Besitzes, zu verkaufen, sich bereichert hat, aber in einer vollkommen konventionellen Form.

Ich werde auf diesen Punkt zurückkommen, aber ich möchte gleich bemerken, dass im Gegenteil ein grosser Teil der Bauern durch den Krieg ruiniert worden ist. Hunderttausende hat der Krieg aus der bäuerlichen Masse hinweggerafft, und das bedeutet einen schrecklichen Schlag, einen Todesschlag für alle kleinen Besitzer.

Sie sind verdammt zu einem schwarzen Elend. Zahlreiche Bauern wollen auswandern oder in den Fabriken arbeiten. Der Krieg hat den kleinen Besitzern und Bauern zweifellos einen schrecklichen Schlag versetzt, indem er sie ruinierte.

Wenn man jetzt die Masse derjenigen betrachtet, die die Möglichkeit hatten, ihre landwirtschaftlichen Produkte zu verkaufen, so kann man sicher sein, dass sie viel Geld in ihre Wollstrümpfe gelegt haben. Aber ich zweifle stark daran, dass es Gold ist. Es sind Banknoten, Papier. Und dies ist eine Form der Enteignung des bäuerlichen Besitzes durch den imperialistischen Krieg.

In Wirklichkeit wurden sie besitzlos und ihrer Güter enteignet. Für ihre reale Ware erhielten sie Papier, das nur wenig wert ist und dessen Entwertung immer steigt.

Sie haben das Beispiel der Schweiz angeführt, die nicht am Kriege teilgenommen hat und die ein kleines Land ist. Es ist unbestreitbar, dass der Krieg in Frankreich, Deutschland, Russland eine Form der Enteignung der kleinen Bauern war. Wenn Genosse Serrati uns sagt, dass er nicht an den wahren Wert der allgemeinen Änderung unserer Taktik in bezug auf die kleinen Bauern glaube, so stelle ich fest, dass es trotzdem eine Änderung in unserer Taktik gibt. Es gibt keine Änderung der Politik der kommunistischen Partei, aber es gibt eine Änderung der Lage der kleinen Bauern. Man kann die Lage eines kleinen Bauern in Europa von 1801 zur Zeit des Napoleonischen Staatsstreiches nicht vergleichen mit der gegenwärtigen Lage eines kleinen Bauern in Europa. Eine grosse Arbeit ist während der Entwicklung des Kapitalismus vollbracht worden. Der kleine Bauer wurde in ganz bestimmten Formen proletarisiert und kam in eine sehr grosse Abhängigkeit vom Kapitalismus.

Die grossen Banken, die Ausfuhrgesellschaften, die kapitalistischen Organisationen haben den kleinen Bauern, den kleinen Eigentümer auf verschiedene Weise in eine Situation gebracht, die nicht weit von der Lage eines Proletariers entfernt ist.

Und auf Grund dieser Änderung der Lage des kleinen Bauern ist dieser der Sklave und der Feind des Kapitalismus geworden. Aus diesen Gründen wendet sich die Kommunistische Partei heute mit viel Aussicht auf Erfolg an diese kleinen Eigentümer, diese kleinen Bauern.

Die Lage der kleinen Bauern wurde durch die kapitalistische Entwicklung der letzten Jahre geändert. Der Krieg hat sie weiter tief umgewandelt. Daher diese Proletarisierung der Bauern, die wir jetzt feststellen. Der Krieg war die Ursache der Enteignung des kleinen Bauern. Darum kann die Kommunistische Partei heute darauf rechnen, dass die kleinen Bauern, die Halbproletarier in ihre Reihen eintreten und gemeinsam mit den Arbeitern der Städte gegen den Kapitalismus und für die soziale Revolution kämpfen werden.

Raymond Lefebvre. Genossen, ich habe das Wort ergriffen, um mich über einige Erklärungen Serratis auszusprechen, der den Beweis seiner unversöhnlichen Stellungnahme auf opportunistische Erwägungen gegründet und behauptet hat, dass die Taktik der Kommunisten sich einzig und allein auf die Verbindung mit den Landarbeitern gegen die Kleinbauern stütze, und zwar aus dem Grunde, weil die Kleinbauern, falls die Kommunisten gleich nach der Eroberung der Macht ihnen sagen würden: »Ihr werdet Eure Privilegien behalten, ja sogar neue gewinnen«, uns nicht Glauben schenken werden.

Es scheint mir (ich bitte um Entschuldigung für den Ausdruck) eine unvorsichtige Demagogie zu sein, wenn wir eine Sache nur insofern verteidigen und unterstützen, als wir hoffen, dass dieselbe für die Propaganda im Augenblick von Wert ist. Wir sind indessen nicht nur dazu hierher gekommen, um die Propaganda des Augenblicks zwecks Eroberung der Macht vorzubereiten, sondern ebenso dazu, um uns darüber Klarheit zu verschaffen, unter welchen Bedingungen wir bei uns daheim die kommunistische Gesellschaft werden organisieren können.

Ausserdem hat Serrati im Namen des westlichen Europas gesprochen.

Mir scheint, dass er gesagt hat, dass die Lage in Westeuropa eine derartige sei, dass die in den Leitsätzen vorgeschlagene Taktik den Propagandabedürfnissen dort nicht genügen würde. Ich teile diese Ansicht nicht. Ich glaube, dass sie im Gegenteil (ich kann nur von Frankreich reden, da ich Frankreich verhältnismässig gut kenne) der Situation in Frankreich in genügender Weise nachkommt. Einerseits scheint es mir fast unmöglich zu sein, etwas zu beginnen, wenn wir die ganze Masse der französischen Kleinbauern gegen uns haben. Andererseits glaube ich, ohne so weit zu gehen wie Sokolnikow und ohne seinen Optimismus zu teilen, dass in Frankreich doch schon bald gehandelt werden kann. Ich will damit sagen, dass, wenn der Krieg den Kleinbesitz in Frankreich auch nicht proletarisiert hat, er trotzdem einen grossen Einfluss gehabt hat.

Die französischen Kleinbauern sind durch den Krieg scheinbar reich geworden. Aber in einer Gesellschaft, die dem Verfall preisgegeben ist, schwinden die Reichtümer ebenso rasch dahin, wie sie entstanden sind, und wir können bereits im voraus sagen, aus welchem Grunde und als Folge welches Entwicklungsprozesses der Kleinbesitz nach dem Kriege gelitten hat.

In Frankreich hatte die Bourgeoisie aus Wahlrücksichten scheinbar die Interessen der Kleinbauern unterstützt. Jetzt aber, nachdem über dieses Gesetz vor ungefähr elf Monaten debattiert worden ist, hat die Grossbourgeoisie die Interessen der Kleinbauern in der Kernfrage in einer Weise fallen gelassen, dass die Lage der Kleinbauern bei uns binnen kurzer Zeit eine äusserst ernste sein wird.

Sokolnikow hat recht, wenn er behauptet, dass der Reichtum der Bauern nur ein Reichtum an Papier ist. Wir müssen hinzufügen, dass die Kleinbürger bisher aus dem Kriege in dem Sinne Nutzen gezogen haben, dass sie sich durch dieses Papier von den auf ihnen lastenden Hypotheken befreit haben. Die Begleichung der Hypothekenschulden ist bei uns vollzogen, und das Papier ist in die Bauernkassen gelangt; die französischen Bauern wissen jetzt, welchen Wert dieses Papier besitzt, wo sie es nicht loswerden können.

Unser Bauer verachtet jeden (und ich glaube, das ist in der ganzen Welt der Fall), der Schulden macht. Dadurch wird der Bauer dazu geführt, den kapitalistischen Staat zu verachten, da es in Frankreich keine andere Politik gibt als die Politik des fortgesetzten Schuldenmachens.

Aus diesem Grunde fällt auch die kommunistische Propaganda bei uns auf dankbaren Boden. Wo ihr früher keine Sympathien entgegengebracht worden sind, wird ihr heutzutage ganz anders begegnet. Man kauft Broschüren, man bildet Gruppen. Eine Politik dagegen, die dazu führen würde, sich diese Klasse zum Feinde zu machen, kann nur Unheil bringen. Ausserdem wäre es unmöglich, nach der Eroberung der Macht die landwirtschaftliche Produktion ohne die Mitwirkung der Kleinbauern zu organisieren.

Ich protestiere nicht gegen den Standpunkt des Genossen Graziadei, der in den Leitsätzen einen Zusatz zugunsten der Grossgrundbesitzer hinzufügen wollte. Es ist selbstverständlich, dass diejenigen, die sich der Sowjetregierung unterwerfen werden, zur Mitarbeit herangezogen werden müssen. Es ist aber nicht notwendig, in bezug auf sie einen Zusatz in die Leitsätze einzufügen, da ein solcher leicht als ein ihnen zukommendes Recht ausgelegt werden könnte.

Meyer. Genossinnen und Genossen, ich kann mich kurz fassen. Ich freue mich, dass hier italienische Genossen an den Beratungen teilgenommen und uns etwas über die Agrarfrage in Italien mitgeteilt haben. Leider waren sie in der Kommission aus fraktionellen Gründen nicht vertreten. Ich hoffe, dass sie der Agrarkommission noch weitere Mitteilungen machen werden. Ich schlage vor, die Vorschläge des Genossen Graziadei der Kommission zur Berücksichtigung zu überweisen. Ich stehe auf dem Standpunkt des Genossen Lefebvre, dass die Entschädigung der alten Grossgrundbesitzer nicht erwähnt zu werden braucht. Die andere Einfügung über die Kooperativen wird von der Agrarkommission in irgend einer Form gern vorgenommen werden, da die Agrarkommission schon selbst diese Frage besprochen hat.

Was nun die Rolle der Kleinbauern anbetrifft, so stimme ich dem zu, was Genosse Sokolnikow ausgeführt hat. Es ist richtig, dass während des Krieges sowohl in den kriegführenden, als auch in den neutralen Staaten ein Teil des Kleinbauerntums aus seiner Produktion nicht nur den eigenen Bedarf gedeckt, sondern auch Überschüsse in Kapitalien verwandelt hat. Das ist geschehen und geschieht teilweise noch heute. Inzwischen sind aber die Preise für sämtliche Bedarfsartikel, besonders für Kleidung und landwirtschaftliche Geräte so stark gestiegen, es ist weiter der Steuerdruck für alle minderbemittelten Schichten so viel stärker geworden, dass die bisher errungenen Vorteile auch für die Kleinbauern ausgeglichen werden. Wenn sich das noch nicht in allen Ländern zeigt, so wird und muss es doch in der nächsten Zeit in stärkerem Masse eintreten. Ich bin derselben Auffassung wie Genosse Sokolnikow, dass man die Kleinbauern jetzt auf die zu erwartende Verschärfung ihrer eigenen Lebensverhältnisse aufmerksam machen muss.

Ein Bruch mit dem sozialistischen Programm liegt in den Leitsätzen nicht vor. Genosse Serrati ist gegen die Leitsätze, weil er glaubt, dass die Kommunistische Internationale den Gedanken aufgegeben hat, dass die Grossbetriebe zu nationalisieren sind. Das ist keineswegs richtig. Es ist nur darauf hingewiesen worden, dass es praktisch zur Zeit unmöglich ist, den kleinen Grundbesitz zu sozialisieren. Das liegt daran, dass das ländliche Proletariat allgemein für den gemeinwirtschaftlichen Betrieb nicht genügend vorgebildet ist und auch die technischen Hilfsmittel fehlen. Deshalb machen wir die Konzession, dass bis auf weiteres den Klein- und Mittelbauern und einem Teil der Grossbauern das Privateigentum erhalten bleibt. Es ist vorgesehen, alle Vorbereitungen zu treffen, um dieses Übergangsstadium zu überwinden, geistig im Sinne des genossenschaftlichen Betriebs auf das Klein- und Mittelbauerntum einzuwirken und ihnen die Vorteile eines kollektiven Betriebs vor Augen zu führen. Das ist der eine Weg, der vorgeschlagen wurde. Zweitens muss durch Festigung der proletarischen Macht, selbst unter Konzessionen an einzelne Schichten der ländlichen Bevölkerung, die technische Vorbereitung für die Ausdehnung des Grossbetriebs stattfinden. Die proletarische Staatsmacht muss sich so befestigen, dass sie die Grossindustrie absolut beherrscht, dass sie in der Lage ist, mehr landwirtschaftliche Maschinen zu produzieren. Sobald diese technischen Vorbedingungen vorhanden sein werden, wird es möglich sein, diese kleinen und mittleren Betriebe zusammenzuschweissen. Es liegt also kein Bruch mit unserem früheren Programm vor, sondern es werden uns im einzelnen die Wege bezeichnet, wie wir zur Sozialisierung der Landwirtschaft kommen. Das ist der Sinn der Leitsätze. Damit glaube ich die Fragen, die hier in der Diskussion erörtert worden sind, beantwortet zu haben. Ich schlage Euch vor, die Leitsätze im Prinzip anzunehmen und die Vorschläge, die Genosse Graziadei gemacht hat, der Kommission zu überweisen. Wesentliches wird dann nicht mehr geändert werden.

Sinowjew. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Leitsätze.

(Die Leitsätze werden einstimmig bei einer Stimmenthaltung angenommen. Die Sitzung schliesst um 4 Uhr.)



Anmerkungen:
[prev.] [content] [end]

  1. Die Nummerierung der Sitzungen erfolgt nach der russischen Ausgabe des »Protokolls«. In der deutschen Ausgabe ist die Nummerierung der Sitzungen inkonsistent und unlogisch (1–11, dann 14 & 15). Zum Vergleich:

    Deutsche Ausgabe [Seitenzahl] → Russische Ausgabe/sinistra.net
    Erste Sitzung (19. Juli 1920) [6–56]Erste Sitzung (19. Juli 1920)
    Zweite Sitzung (23. Juli 1920) [57–99]Zweite Sitzung (23. Juli 1920)
    Dritte Sitzung (24. Juli 1920) [100–136]Dritte Sitzung (24. Juli 1920)
    Vierte Sitzung (26 Juli 1920) [137–166]Vierte Sitzung (26 Juli 1920)
    Fünfte Sitzung (28. Juli 1920) [167–233]Fünfte Sitzung (28. Juli 1920)
    Sechste Sitzung (29. Juli 1920) [234–286]Sechste Sitzung (29. Juli 1920)
    ↳Abendsitzung (29. Juli 1920) [287–329]Siebte Sitzung (29. Juli 1920)
    Siebte Sitzung (30. Juli 1920) [330–401]Achte Sitzung (30. Juli 1920)
    Achte Sitzung (2. August 1920) [402–442]Neunte Sitzung (2. August 1920)
    ↳Abendsitzung (2. August 1920) [443–480]Zehnte Sitzung (2. August 1920)
    Neunte Sitzung (3. August 1920) [481–508]Elfte Sitzung (3. August 1920)
    ↳Abendsitzung (3. August 1920) [509–537]Zwölfte Sitzung (3. August 1920)
    Zehnte Sitzung (4. August 1920) [538–570]Dreizehnte Sitzung (4. August 1920)
    ↳Abendsitzung (4. August 1920) [571–606]Vierzehnte Sitzung (4. August 1920)
    Elfte Sitzung (5. August 1920) [607–639]Fünfzehnte Sitzung (5. August 1920)
    Vierzehnte Sitzung (6.August 1920) [640–667]Sechzehnte Sitzung (6.August 1920)
    Fünfzehnte Sitzung (7. August 1920) [668–702]Schlusssitzung (7. August 1920)[⤒]

  2. Die Rechtschreibung wurde stillschweigend verbessert und vereinzelt dem heutigen Gebrauch angepasst. Falschgeschriebene Namen wurden berichtigt, die russischen und bulgarischen Namen sind in deutscher Transkription oder in gebräuchlicher Form wiedergegeben, Namen aus Ländern mit lateinischem Alphabet entsprechend der jeweils heimischen Form. Redaktionelle Zusätze sind in [] kenntlich gemacht.[⤒]


Source: »Der zweite Kongress der Kommunistischen Internationale, Protokoll der Verhandlungen vom 19. Juli in Petrograd und vom 23. Juli bis 7. August in Moskau«, Verlag der Komm. Internationale, Hamburg 1921 / Второй конгресс. Коммунистического Интернационала, Июл–Август 1920 г., Стенографический отчет. Иад. Коммунистического Интернационала, Петроград 1921. Bearbeitung und Digitalisierung: sinistra.net 2021

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