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II. WELTKONGRESS DER KOMMUNISTISCHEN INTERNATIONALE



Content:[2]

Vierzehnte Sitzung des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale am 4. August 1920. (Abends)
Redebeitrag Sinowjew
Redebeitrag Kabaktschiew
Redebeitrag Bamatter
Redebeitrag Bilan
Redebeitrag Wijnkoop
Redebeitrag Sinowjew
Redebeitrag Levi
Redebeitrag Gallacher
Redebeitrag Reed
Redebeitrag Fraina
Redebeitrag Sinowjew
Statuten der Kommunistischen Internationale.
Redebeitrag Sinowjew
Anmerkungen
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Vierzehnte Sitzung des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale am 4. August 1920. (Abends)

Sinowjew. Im Namen des Büros schlage ich vor, über die Vorschläge derjenigen Genossen abzustimmen, die die endgültige Redaktion aller Leitsätze haben. (Abstimmung.) Wir schreiten jetzt zur Frage der Statuten. Als Berichterstatter hat das Wort Genosse Kabaktschiew.

Kabaktschiew. Genossen! Ehe ich die hauptsächlichen Erwägungen, die zugunsten der vom Exekutivkomitee vorgeschlagenen Statuten der Kommunistischen Internationale sprechen, prüfen werde, will ich bei den wichtigsten Einwendungen verweilen, die in der Kommission vorgebracht wurden.

Die Niederlage der II. Internationale erfolgte, als es der Bourgeoisie gelungen war, die internationale Solidarität des Proletariats zu zerstören. Eine der ersten Aufgaben der Kommunistischen Internationale ist deshalb die Wiederherstellung der proletarischen Solidarität. Aber man wird diese Solidarität allein durch die revolutionäre Tat des Proletariats der verschiedenen Länder verwirklichen können. Nur der revolutionäre Kampf zum Sturz des Kapitalismus wird es möglich machen, die von vornherein notwendigen Bedingungen für die Solidarität und Einheit des Proletariats der verschiedenen Länder zu schaffen. Die Notwendigkeit der Einmütigkeit im revolutionären Kampfe des Proletariats aller Länder wird auch durch die Tatsache bedingt, dass es eine internationale Vereinigung der Gegenrevolution gibt. Diese wird heute organisiert und geleitet von der Entente, vom Obersten Rat der Regierungen der grossen kapitalistischen Länder und von ihrer Schöpfung und ihrem Agenten, dem Völkerbund.

Die Vereinigung und Zentralisation der proletarischen Kräfte ist die Hauptbedingung für den Erfolg der Revolution des Proletariats gegen die vereinigte Front der gegenrevolutionären Bourgeoisie. Die Kommunistische Internationale ist das Zentralorgan, welches die Vereinigung der proletarischen Kräfte der ganzen Welt verwirklichen kann.

Es gibt noch eine andere Ursache der Niederlage der II. Internationale. Die II. Internationale nahm alle Parteien auf ihre mündlichen oder schriftlichen Erklärungen hin auf; aber sie beschäftigte sich durchaus nicht damit, die wirkliche Taktik kennen zu lernen, welche die beigetretenen Parteien verfolgten. Sie duldete in ihrer Mitte Parteien, deren Taktik und Praxis sich in offensichtlichem Gegensatz zur Taktik des revolutionären Proletariats befanden. Noch mehr, sie nahmen kleinbürgerliche Parteien auf, welche nichts mit Sozialismus gemein hatten. Die Erfahrung der II. Internationale lehrt uns, dass die Kommunistische Internationale, um ihre Aufgaben zu erfüllen und ihr Ziel zu erreichen, eine streng disziplinierte und straff zentralisierte Organisation werden und dass sie die praktische Tätigkeit, die revolutionäre Handlung des Proletariats aller Länder übersehen, leiten und in Einklang bringen muss.

Der Sieg des revolutionären Proletariats in Russland hat uns klar die Notwendigkeit einer starken Zentralisation der Organisation jeder kommunistischen Partei und folglich auch der Kommunistischen Internationale selbst gezeigt. Die Kommunistische Partei Russlands kann als Muster und als Vorbild zur Nachahmung nicht allein durch ihre zielklare Politik und durch ihre streng marxistischen Handlungen, sondern auch durch ihre eiserne Disziplin und strenge Organisation dienen. Das Prinzip der Zentralisation und der Disziplin der Kommunistischen Partei Russlands, welches die ganze revolutionäre Tätigkeit des russischen Proletariats beherrschte, wurde nach der Eroberung der Macht noch verstärkt, wurde auch auf die Sowjetorganisation der Republik ausgedehnt und hat dazu gedient den revolutionären Sieg in unerschütterlicher Weise zu festigen. Ohne eine zentralisierte und disziplinierte Organisation hätte das russische Proletariat niemals triumphiert; ohne eine zentralisierte und disziplinierte Organisation wird das internationale Proletariat niemals die kapitalistische Herrschaft brechen. Man kann sich nicht vorstellen, wie das Proletariat ohne Zentralisation die bürgerliche Herrschaft stürzen und den kapitalistischen Staat, dieses über zentralisierte und mächtige Zwangsmittel verfügende Klassenwerkzeug, besiegen könnte. Wir sind alle darin einig, dass der Sieg der proletarischen Revolution ohne die Diktatur des Proletariats unmöglich ist. Aber wer Diktatur sagt, muss bei der Klasse, welche diese Diktatur ausübt, und der Partei, welche diese Klasse leitet, das Bestehen einer zentralisierten und streng disziplinierten Organisation voraussetzen. Ohne diese eiserne Disziplin und diese zentralisierte Organisation kann die Kommunistische Internationale nicht auf den Anbruch der proletarischen Diktatur rechnen. Die Aufgabe der Kommunistischen Internationale besteht in der Verschmelzung und Vereinigung der proletarischen Parteien und der anderen revolutionären proletarischen Organisationen aller Länder zu einem Kampfblock.

Die ökonomische Krise, die Folgen des imperialistischen Krieges haben in den meisten kapitalistischen Ländern eine revolutionäre Lage geschaffen, was wieder das rasche Anwachsen der Kommunistischen Internationale sicherstellt. Diese ist verpflichtet, die Massenorganisationen des Proletariats an sich zu ziehen. Das wirksamste, wenn nicht einzige Mittel, die Kommunistische Internationale vor der Gefahr zu schützen, dass durch das rasche Anwachsen die Reinheit ihrer revolutionären Taktik bedroht werde, ist wieder kein anderes, als sie auf der Grundlage einer starken Zentralisation zu organisieren. Die Annahme der auf dem Kongress vorgeschlagenen Leitsätze gewährt noch keine Sicherheit dafür, dass die Parteien, welche sich der Kommunistischen Internationale angeschlossen haben, auch ihren Prinzipien und ihrer Taktik treu bleiben werden. Im Gegenteil, die Annahme der Zentralisation in der Organisation und die freiwillige und aufrichtige Unterordnung unter die Statuten der Kommunistischen Internationale werden erst die gemeinsame Basis bilden für alle Parteien, die sich schon dem Kommunismus angeschlossen haben oder sich in Zukunft anschliessen werden.

Die vorgeschlagenen Statuten setzen die Grundlagen der Organisation der Kommunistischen Internationale fest. Aber die Organisation der Kommunistischen Internationale wird sich, besonders in Zukunft, nach Massgabe der Ausdehnung der revolutionären Bewegung des internationalen Proletariats entfalten.

Einer der hauptsächlichsten prinzipiellen Einwürfe, welche gegen den Statutenentwurf gemacht werden, richtet sich gegen den Absatz, welcher der Einleitung folgt und wo gesagt wird: »Die Kommunistische Internationale stellt sich zum Ziel: mit allen Mitteln, auch mit den Waffen in der Hand, für den Sturz der internationalen Bourgeoisie und für die Schaffung einer internationalen Sowjetrepublik als Übergangsstufe zur vollen Vernichtung des Staates zu kämpfen«. Die Einwürfe, welche die Genossen in der erwähnten Frage gemacht haben, lauten: 1. Man darf nicht offen erklären und zugestehen, dass die Kommunistische Internationale sich zur Erreichung ihrer Ziele der bewaffneten Macht bedienen soll. 2. Andererseits darf in den Statuten nicht allein vom bewaffneten Kampf gesprochen werden. Man könnte daraus schliessen, dass die anderen Kampfmittel fortfallen und die Kommunistische Internationale ausser Gewehr und Maschinengewehr kein anderes Kampfmittel kennt. Der erste Einwand bedarf keiner näheren Kritik. Es sind schon 70 Jahre her, da die Gründer des revolutionären Sozialismus, Marx und Engels, das berühmte »Kommunistische Manifest« mit folgender Deklaration geschlossen haben: »Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, dass ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung«.

Ist es möglich, dass heute, wo wir das Beispiel der russischen proletarischen Revolution (einer Revolution, welche durch die Waffen siegte) vor Augen haben, wo die grosse siegreiche Rote Armee dem Imperialismus der Entente tödliche Schläge versetzt und den Weg für die proletarische Weltrevolution freimacht, wo wir behaupten, dass wir eine revolutionäre Epoche durchmachen, wo die Bourgeoisie offen gegen uns weisse Garden organisiert und den Bürgerkrieg in einer Reihe von Ländern entflammt, ist es möglich, dass man uns nach all dem heute noch vorschlägt, zu schweigen, die Kommunistische Internationale schweigen zu machen über die Notwendigkeit der Anwendung des mächtigsten und wirksamsten Kampfmittels, des Kampfmittels, von dem vor allem der wirkliche Enderfolg der proletarischen Revolution abhängt? Nein, Genossen! Die Kommunistische Internationale muss in ihren Statuten mit aller Klarheit auf die Notwendigkeit der Anwendung des bewaffneten Kampfes hinweisen. Die Heuchelei über den Gebrauch dieses Mittels erspart uns nicht die Verfolgungen seitens der herrschenden Bourgeoisie, und es muss sehr laut gesagt werden, dass die Bourgeoisie unsere wahren revolutionären Ziele und unsere Kampfmittel ausgezeichnet kennt und dies gerade deshalb, weil sie sehr genau weiss, um was es sich handelt, und eine weisse Garde organisiert, um die anderen Institutionen in ihren Dienst zu zwingen. Die Kommunistische Internationale muss offen vor der ganzen Welt erklären, dass die Marschorder für die Revolution nur sein kann: entschlossener Kampf, Kampf mit der Waffe in der Hand gegen den Kapitalismus und für den Kommunismus.

Wir können in gleicher Weise den Genossen in der Kommission antworten, welche es für gefährlich hielten, die Notwendigkeit der Bildung illegaler neben den legalen Organisationen auszusprechen. (Siehe § 12 der Statuten.) Wenn es die Bourgeoisie in gewissen Ländern in ihrem Interesse gelegen findet, die kommunistische Partei für vogelfrei zu erklären, so würde sie dies auch so tun; wenn sie es für gut hält, dann wird sie es tun, wie sie es schon in mehreren Ländern getan hat.

Ist es deshalb für die kommunistische Partei vernünftig, ihre Ziele zu verheimlichen und die Idee der Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes nicht zu propagieren? Durchaus nicht. Unter solchen Umständen von der Notwendigkeit der Bildung auch illegaler Organisationen zu schweigen, ist überflüssige Vorsicht und gibt Anlass zur Verwirrung. Und noch mehr, Genossen, wir sagen: diese diplomatische Vorsicht ist gefährlich, denn heute ist die illegale Organisation ebenso wichtig wie die legale. Und sie ist nicht allein wichtig, sondern auch unentbehrlich, notwendig; sie verlangt sich selbst. Denn wie Ihr wisst, hat der Kongress schon die Leitsätze, welche die Frage entscheiden und zur Bildung von illegalen Organisationen verpflichten, angenommen. Genossen, welche schon für diese Leitsätze gestimmt haben, der Kongress, welcher sie angenommen hat, widersprechen sich, wenn sie den in Frage kommenden Paragraphen der Statuten ablehnen. Nicht dadurch, dass wir den Artikel der Statuten über die illegalen Organisationen fallen lassen, parieren wir die Hiebe der Bourgeoisie, sondern indem wir lernen, indem wir uns an die Bildung illegaler Organisationen gewöhnen, welche die Nachforschungen und die Wachsamkeit der bürgerlichen Organe zunichte machen. Das brauchen wir; das ist revolutionäre Erfahrung und revolutionäres Recht.

Die Frage betreffend die Zusammensetzung des Exekutivkomitees hat sehr scharfe Diskussionen in der Kommission selbst hervorgerufen. Ich werde die wichtigsten Einwendungen, die gemacht wurden, wiedergeben. Einige Genossen halten es infolge der augenblicklichen Schwäche der kommunistischen Partei ihres Langes für unmöglich, ein Mitglied herzugeben, um es ständig in das Exekutivkomitee zu entsenden. Andere sagen, dass die kommunistischen Parteien der verschiedenen Länder keine regelmässige Korrespondenz mit ihren Delegierten im Exekutivkomitee unterhalten können und dass infolgedessen diese Delegierten über die Lage ihres Landes und über den Stand der revolutionären Bewegung wenig informiert sein werden. Diese Erwägungen erschienen mir wenig stichhaltig im Vergleich zur Rolle, welche die Kommunistische Internationale und ihr Exekutivkomitee spielt und spielen muss. Wenn es wahr ist, dass wir in einer revolutionären Epoche leben, in der die Kommunistische Internationale alle Tage wichtige und unmittelbare Aufgaben zu erfüllen hat, in der fortgesetzt Fragen von Weltbedeutung entstehen und entstehen werden, die unbedingt Antwort erheischen, wenn es wahr ist, dass die Kommunistische Internationale eine mächtige zentralisierte Kampforganisation sein muss, dann muss sie von einem Zentrum aus geleitet werden, wo sie vertreten ist und wo ständig die grössten kommunistischen Parteien vertreten sein müssen. Die Aufgaben der Kommunistischen Internationale sind so wichtig, dass jede kommunistische Partei aus ihrer Mitte einen verdienstvollen Genossen, welcher der Grösse der Aufgabe gewachsen ist, wählen muss, um im Exekutivkomitee vertreten zu sein und um auf diese Weise enge Verbindung mit der Kommunistischen Internationale zu unterhalten. In seinen Beschlüssen wird sich das Exekutivkomitee nicht auf die tatsächliche internationale Lage stützen können, wenn es nicht in seiner Mitte die Vertreter der grossen kommunistischen Parteien der verschiedenen Länder hat. Im Gegenteil, es ist zu befürchten, dass die kommunistischen Parteien, welche im Exekutivkomitee keine Vertreter haben, in gewissen Fällen es ablehnen werden, die Beschlüsse des Exekutivkomitees als bindend anzusehen unter dem Vorwand, dass das Exekutivkomitee die wahre Lage in ihren Ländern nicht kennt und Beschlüsse fasst, ohne sich vorher mit ihnen zu beraten.

Einige Genossen haben verlangt, dass das Exekutivkomitee aus Vertretern aller Parteien, welche der Kommunistischen Internationale angehören, zusammengesetzt werde, und zwar soll jeder Vertreter beschliessende Stimme haben. Die genannten Genossen fürchten, dass anderenfalls die kleineren Länder und die kleinen Parteien ohne Vertreter im Exekutivkomitee bleiben. Ich vertrete ein kleines Land, aber die kommunistische Partei ist dort straff organisiert und vereinigt selbst die Arbeiter und Bauern; ich bin überzeugt, dass der Kongress bei der Bestimmung der Mitglieder des Exekutivkomitees nicht die territoriale Grösse der Länder, wohl aber die reale Kraft der kommunistischen Parteien in Betracht ziehen wird. Wenn allen Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören, das Recht auf Vertreter mit beschliessender Stimme im Exekutivkomitee zuerkannt wird, dann wird es ein zu schwerfälliger Apparat werden, der der Gefahr ausgesetzt sein wird, durch die kleinen und schwachen Parteien majorisiert zu werden und der niemals eine festumgrenzte Zusammensetzung haben würde.

Die Stärke des Exekutivkomitees muss endgültig vom Kongress bestimmt werden, der aber lieber nicht die Personen, sondern die Parteien bezeichnen soll, welche im Exekutivkomitee vertreten sein sollen. Die Statuten geben allen Parteien das Recht, im Exekutivkomitee mit beratender Stimme vertreten zu sein. Das genügt.

In der Kommission wurde die Frage gestellt, ob man dem Exekutivkomitee das Recht geben soll, aus der Kommunistischen Internationale Personen, Gruppen oder selbst Parteien, welche die Beschlüsse des Weltkongresses nicht erfüllen, auszuschliessen. (§ 9 der Statuten.) Aber dieses Recht ist gerade die notwendige materielle Sanktion aller anderen Rechte, die wir dem Exekutivkomitee durch die Statuten zugestehen werden. Wie können die Beschlüsse des Exekutivkomitees das nötige Ansehen und die verpflichtende Kraft haben, wenn es nicht das Recht des Ausschlusses hat? Dem Exekutivkomitee dieses Recht nicht zu geben, heisst zur alten Praxis der II. Internationale zurückzukehren.

Schliesslich geben die Statuten dem Exekutivkomitee das Recht, Organisationen und Parteien, welche mit dem Kommunismus sympathisieren, heranzuziehen, indem es ihren Vertretern beratende Stimme gibt.

Man hat auch die Frage aufgeworfen, ob das Exekutivkomitee das Recht hat, zwei Parteien desselben Landes mit beschliessender Stimme aufzunehmen. Die Kommission hat diese Frage nicht entschieden, sie ist in den Statuten offen geblieben. Ich denke, dass es in der Kommunistischen Internationale nur eine kommunistische Partei jedes Landes geben darf. Dies ist unumgänglich notwendig, um die Einheitlichkeit der kommunistischen Bewegung in jedem Lande zu erhalten. Wenn die Kommunistische Internationale beginnt, dem Beispiel der II. Internationale zu folgen, d. h. in ihre Reihen zwei oder mehrere Parteien desselben Landes aufnimmt, so wird dies die Entwicklung der kommunistischen Bewegung in den Ländern behindern, in denen konkurrierende kommunistische Organisationen bestehen, die von gewissenlosen Elementen geschaffen wurden und manchmal von der Bourgeoisie selbst beeinflusst, unterhalten werden.

Die Erfahrungen, welche das Exekutivkomitee mit den Hilfsbüros in Amsterdam und in Berlin gemacht hat, zeigen uns die Notwendigkeit, dass alle Organe und Büros, welche durch das Exekutivkomitee geschaffen werden, demselben unmittelbar unterstellt sein müssen und sich nur innerhalb der von ihm gegebenen Richtlinien bewegen dürfen. Nur auf diese Weise werden wir eine zentralisierte und disziplinierte internationale kommunistische Organisation schaffen.

Bamatter. Die Kommission für die Statuten hat die Redaktionskommission beauftragt, die redaktionellen Änderungen und die Anträge in den Statuten anzubringen. Es war keine leichte Arbeit für uns, denn wir hatten als Grundlage einzig die drei Entwürfe, die aus dem Russischen übersetzt waren, von denen aber keine einzige Übersetzung richtig war. Wir können deshalb keine gereinigten Statuten unterbreiten, sondern ich verlese nur die Anträge und die prinzipiellen stilistischen Änderungen, die in der Redaktionskommission vorgenommen worden sind. Die Statuten müssen noch einmal an die Kommission zurückgehen. In der deutschen Übersetzung fehlt im zweiten Abschnitt auf der ersten Seite ein Satz, der in das Zitat eingefügt werden muss.

In den französischen Statuten ist dieser Satz vorhanden. Dann sind einige kleine stilistische Änderungen vorgenommen worden, über die es in der Kommission eine grosse Auseinandersetzung gab. Es handelt sich um die Zeile, in der davon gesprochen wird: »Die Kommunistische Internationale stellt sich zum Ziel« usw. Das ist abgeändert worden wie folgt: »Die Kommunistische Internationale stellt sich zum Ziel: mit allen Mitteln, auch mit den Waffen in der Hand« etc. Eine weitere Abänderung ist auf Seite 3 im ersten Abschnitt letzter Satz vorgenommen worden, der jetzt lautet: »Die Kommunistische Internationale verpflichtet sich, jede Sowjetrepublik zu unterstützen, wo immer sie auch geschaffen wird«. Die Paragraphen 1, 2, 3 wurden einstimmig ohne Änderungen angenommen. Im Paragraphen 4 ist im zweiten Satz folgende Änderung angebracht worden: anstatt »Der Weltkongress tritt in der Regel...« heisst es: »Der Weltkongress tritt regelmässig einmal jährlich zusammen«. Der dritte Satz vom Paragraphen 4 ist gestrichen worden, ebenso der letzte Satz. Die Paragraphen 5, 6, 7 sind ohne wesentliche Änderungen angenommen worden. Im Paragraphen 8 sind einige stilistische Abänderungen getroffen worden. So hiess es z. B. im ersten Satz: »Die Hauptlast und Verantwortung« usw. Jetzt heisst es: »Die Hauptlast des Exekutivkomitees lastet auf der Partei«… usw. Dann weiter im zweitletzten Satz von Paragraph 8 anstatt »Die zehn grössten Parteien« heisst es nun: »die 10 bis 13 bedeutendsten kommunistischen Parteien«. Am Schluss des neunten Paragraphen wurde folgender Antrag hinzugefügt: »Die Vertreter des Exekutivkomitees erledigen ihre politischen Aufgaben im engsten Kontakt mit der Parteizentrale des betreffenden Landes«. Im letzten Satz des Paragraphen 10 heisst es nun: »Die aber mit der Kommunistischen Internationale sympathisieren und ihr nahe stehen«. Paragraph 11 ist unverändert angenommen worden. Im Paragraphen 12 ist folgendes am Schlusse des Satzes hinzugefügt worden: »Die allgemeine Lage in ganz Europa und Amerika zwingt die Kommunisten der ganzen Welt zur Schaffung illegaler kommunistischer Organisationen neben der legalen Organisation«. Der erste Satz des Paragraphen 13 heisst nun anstatt: »In der Regel gehen alle wichtigen politischen Mitteilungen«, etc. In der Regel wird der politische Verkehr zwischen den einzelnen der Kommunistischen Internationale angeschlossenen Parteien durch das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale geführt«. Im Paragraph 14 heisst es im ersten Satz anstatt: »unter der Kontrolle«, etc. »unter der Leitung der Kommunistischen Internationale«. Im zweiten Satz anstatt: »die kommunistischen Gewerkschaften delegieren«… heisst es jetzt: »Diese Gewerkschaften delegieren«... Im Paragraph 15 ist folgendes abgeändert: »Die Kommunistische Jugendinternationale ist als Mitglied der Kommunistischen Internationale wie alle übrigen dieser und ihrem Exekutivkomitee untergeordnet«… Der letze Satz vom Paragraph 15 wird gestrichen. Die Paragraphen 16 und 17 sind unverändert angenommen worden. Das sind alle angebrachten Abänderungen. Das gereinigte Statut wird erst später unterbreitet werden können.

Bilan. Unsere Organisationsstatuten sind eine der wichtigsten Fragen, die wir entscheiden müssen. Die Disziplin in der Kommunistischen Partei Russlands hat dazu beigetragen, dass diese Partei eine so wichtige Rolle spielen konnte. Deswegen müssen wir die Statuten genau prüfen, und wenn wir sie annehmen, müssen wir bereit sein, sie in vollem Masse durchzuführen und die Statuten nicht einfach als ein Stück Papier betrachten. In einigen Paragraphen war die Redaktion dieser Statuten in den verschiedenen Sprachen verschieden, und darum war es für die Mitglieder der Kommission unmöglich, in einigen Fragen zu einer Einigung zu gelangen. Bezüglich der Frage des bewaffneten Kampfes sagte der Vorredner, dass es notwendig sei, die Redaktion zu ändern. Nach seiner Meinung ist im Wortlaut dieses Paragraphen der Begriff des Zieles mit dem der Mittel verwechselt. Diese Begriffe dürfen nicht verwechselt werden; wir wollen den bewaffneten Kampf nicht als Ziel der revolutionären Bewegung hinstellen, sondern als ein uns aufgezwungenes Mittel. Wir müssen auch klarstellen, unter welchen Umständen solch ein bewaffneter Kampf zur Notwendigkeit wird. Sonst, wenn wir im allgemeinen dazu auffordern, können wir erleben, was schon manchmal geschehen ist, nämlich dass Leute, die anarchistisch gesinnt sind, auffällig mit Handgranaten herumhantieren, was dann als ein bewaffneter Kampf im Sinne der Kommunistischen Internationale ausgelegt wird. Wenn wir überhaupt den bewaffneten Kampf als allgemeine Regel aufstellen, ohne die Verhältnisse in jedem einzelnen Lande in Betracht zu ziehen, d. h. ohne Rücksicht darauf, ob die Verhältnisse reif genug sind und ob solch ein bewaffneter Kampf wirklich notwendig und praktisch möglich ist, dann kann es geschehen, dass in einigen Ländern, wo die Möglichkeiten dieses Kampfes noch nicht vorhanden sind, die Aufforderung zum bewaffneten Kampf als eine Art Provokation wirken könnte. Ich weise auf das Beispiel der KAPD hin, wo der Begriff des bewaffneten Kampfes nicht in einem reifen, ernsten Sinne erfasst ist und nur zu schädlichen Folgen führt. In der Kommission habe ich zu einigen Paragraphen des Statutenentwurfs einige Abänderungsvorschläge gemacht, die aber von der Kommission nicht angenommen worden sind. Ich will sie jetzt vor das Plenum bringen. Ich schlage vor, dass folgende Sätze hinzugefügt werden: »Die Kommunistische Internationale hat zum Ziel den Sturz der internationalen Bourgeoisie zwecks Befreiung der Menschheit von den Fesseln der Sklaverei und Ausbeutung. Sie ist entschlossen, sich des bewaffneten Kampfes gegen die internationale Bourgeoisie als des vorzüglichsten Mittels zur Erreichung dieses Zieles zu bedienen«.

Im Paragraphen 12 der Statuten heisst es: »Die allgemeine Lage«, usw. Es gibt Länder, wo noch die Möglichkeiten für eine legale Agitation und Arbeit im Interesse der kommunistischen Ideen bestehen. Wenn wir den Paragraphen in seiner jetzigen Redaktion beibehalten, so geben wir den Regierungen dadurch Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass die Parteien in dem betreffenden Lande der Kommunistischen Internationale angehören, während diese dazu aufruft, illegale Organisationen zu haben. Das könnte für die Regierungen ein Vorwand sein, die Genossen auch dort sehr scharf zu verfolgen, wo sie sonst vielleicht noch die Möglichkeit hätten, legal zu kämpfen. Darum schlage ich vor, eine kurze Änderung in diesem Satz vorzunehmen, nämlich aus diesem Paragraphen die Worte zu streichen, die den Sinn haben, dass es für die zur Kommunistischen Internationale gehörigen Parteien obligatorisch sei, illegale Organisationen zu schaffen.

Wijnkoop. Ich habe in der Kommission nicht über diesen Punkt abgestimmt, und ich bin der Meinung, dass man es auch nicht tun kann, sondern dass diese Frage den Parteien in den verschiedenen Ländern erst zur Untersuchung übergeben werden muss. Ich meine, dass Statuten etwas sehr Wichtiges sind, und dass man in den einzelnen Ländern genau wissen muss, worüber man miteinander in dieser Sache übereingekommen ist.

Das kann nur geschehen, falls in den einzelnen Ländern in den Parteien eine Diskussion darüber stattfindet. Die Diskussion, die wir heute Abend hatten und die Diskussion in der Kommission ist nicht genug. Ich habe also darüber nicht abgestimmt und werde mich auch im Plenum der Stimme enthalten. Ich sage: Statuten sind etwas sehr Wichtiges, weil ich der Ansicht bin, dass sie auch durchgeführt und zur Wirklichkeit werden müssen; in diesem Falle müssen die Statuten das bringen, was die verschiedenen Parteien in den diversen Ländern nach einer eingehenden Diskussion als ihren Willen kundgeben. Für mich ist die Hauptsache Paragraph 8, und da steht: »Die Hauptarbeit des Exekutivkomitees lastet auf der Partei des Landes, wo auf Beschluss des Weltkongresses das Exekutivkomitee seinen Sitz hat«, usw. Ich sage, es scheint mir, als werde ein Internationales Exekutivkomitee gebildet, in Wirklichkeit ist es aber nicht der Fall, sondern es wird hier ein erweitertes russisches Exekutivkomitee gebildet. Nun muss man mich auch verstehen. Ich habe nichts gegen ein russisches Exekutivkomitee einzuwenden, falls das nötig ist, und vielleicht ist es jetzt nötig. Falls wir wirklich kein internationales Exekutivkomitee haben können, müssen wir ein russisches haben, weil die russische Partei die revolutionärste und die mächtigste ist. Ich habe nichts dagegen, aber dann soll man es auch sagen; man soll nicht so tun, als bekämen wir ein internationales Exekutivkomitee. Man soll sagen: in diesem Moment können wir nichts anderes haben als eine russische Exekutive; dieser Kongress gibt die exekutive Macht in die Hände des russischen Exekutivkomitees. Ich würde ohne weiteres dafür sein. Warum geht aber meine Ansicht dahin, dass es sich hier nur um ein erweitertes russisches Exekutivkomitee handeln wird, und dass man hier in diesem Moment keine andere Exekutive haben kann? Weil ich über den Boykott nicht so optimistisch denke wie einige Genossen. Er besteht für Russland und wird vielleicht nicht so bald abgeschwächt werden, obwohl manche glauben, dass er schon abgeschwächt ist. Sollte das der Fall sein, so wäre natürlich mein Argument nicht mehr am Platze. Vorläufig ist es aber nicht der Fall. Ich gebe nur ein Beispiel. Wenn man hier ist, d. h. wenn man die Delegierten der grössten Parteien hierhersendet, so können diese Delegierten die Weltlage nicht kontrollieren; denn sie bekommen keine Berichte über die Weltpolitik. Sie hören nicht genug über die Organisationen in den verschiedenen Ländern; man bekommt nur Berichte darüber, was hier geschieht. Falls es möglich ist, dass zehn der besten Männer der internationalen Bewegung hierher geschickt werden, dann verlieren sie den Kontakt mit ihrem eigenen Lande, dann werden sie nur von Russland informiert, und ob sie nun grosse oder kleine Charaktere und Intelligenzen sind, sie werden geführt werden müssen von den russischen Informationen und also von der russischen Exekutive. Das kann nicht anders sein, und es ist auch nicht anders denkbar, weil sie den Kontakt mit ihrem eigenen Lande verlieren. Ich sage also, dass die Personen, die hierher kommen, den Kontakt mit ihren Ländern verlieren, und falls man in dieser Exekutive Beschlüsse fasst, wird man vielleicht in diesen Ländern sagen: Dort weilt dieser und jener unserer Führer; er ist doch auch dabei gewesen und doch hat man diesen oder jenen Beschluss angenommen, der schlecht ist, weil er der wirklichen Situation in den Ländern Europas und Amerikas nicht Rechnung trägt. Die Arbeiter dieser Länder würden sich noch mehr loslösen von ihren Führern, die doch hierher gekommen sind, um die Verbindung zwischen Moskau und der Welt aufrecht zu erhalten; denn sie würden zur Überzeugung gelangen, dass ihre Führer den sicheren Überblick über die Weltlage verloren haben. Ich meine also, dass man die Sache nicht so machen kann.

Ich habe den Vorschlag gemacht, die Exekutive ausserhalb Russlands unterzubringen. Ich glaube, diese Frage sollte hier diskutiert werden. Ich habe Italien oder Norwegen als Aufenthaltsort für die Exekutive vorgeschlagen, weil ich meine, dass die Arbeiterbewegung jetzt in diesen Ländern stark genug ist, um dort die Zusammenkunft einer internationalen Exekutive zustande zu bringen. Genosse Levi hat Deutschland als Sitz der Exekutive vorgeschlagen; ich wäre übrigens mit Deutschland ebenso einverstanden wie mit Norwegen oder Italien; einerseits weil in diesen Ländern eine genügend starke Arbeiterbewegung vorhanden ist, andererseits weil man dort auch über die Weltlage informiert ist. Die russische Delegation kann doch auch nach Norwegen kommen und auch nach Italien. Der Genosse Levi meint, sie könne auch nach Deutschland kommen. Diese Frage habe ich zur Diskussion vorgeschlagen. Wenn der Kongress meint, dass eine Veränderung des Sitzes der Exekutive unmöglich ist, dann kann in diesem Moment kein wirklich internationales Exekutivkomitee bestehen, und man muss sich mit einem russischen begnügen. Diese Frage ist sehr wichtig, weil wir diesem Exekutivkomitee eine sehr grosse Macht geben, die so weit geht, dass die Exekutive sogar ganze Parteien, Gruppen und Personen ausschliessen kann. Das kann sie doch aber nur tun, wenn sie die Situation in den verschiedenen Ländern ganz genau kennt. Das ist der Grund, warum ich der Meinung bin, dass man die Statuten nicht ohne weiteres in ihrer jetzigen Fassung annehmen kann.

Sinowjew. Es wird vorgeschlagen, die Rednerliste zu schliessen. Sind Einwände dagegen vorhanden? (Der Vorschlag wird angenommen.)

Levi. Die Fragen, die hier erörtert wurden, sind so schwerwiegend, dass es schade ist, dass sie in einem Zustande erörtert werden, in dem die Delegierten der Sache vor Erschöpfung nicht mehr genügend folgen können. Zunächst schlage ich vor, zu Paragraph 8 die Worte zu streichen: »nicht weniger denn«. Der Satz, auf den es mir ankommt, würde lauten: »Die Partei des betreffenden Landes entsendet fünf ihrer Vertreter«, usw.

Aus dem Zusatz »nicht weniger denn» könnten Missverständnisse entstehen, und es könnte daraus das Recht abgeleitet werden – was nach meiner Meinung von denen, die es vorgeschlagen haben, gar nicht beabsichtigt ist –, als könne das Land, in dem das Exekutivkomitee seinen Sitz hat, eine beliebig hohe Zahl Vertreter in das Exekutivkomitee delegieren. Fünf Vertreter sollen es sein, nicht mehr und nicht weniger.

Weiter ist nach meiner Meinung an den Ausführungen des Genossen Wijnkoop einiges richtig, und zwar das eine, dass der lebendige Kontakt mit den einzelnen Parteien des einzelnen Landes jedem Vertreter, der vom Auslande hierher delegiert wird, nach einiger Zeit wird verloren gehen. Ich drücke das nicht so aus, wie Genosse Wijnkoop, dass der Delegierte, der hierher geschickt wird, nach einiger Zeit lediglich auf die russischen Informationen angewiesen sein wird, sondern ich drücke es so aus, dass er vom Augenblick an, wo er auf russischem Boden ist, nur auf eben dieselben Informationsquellen angewiesen ist wie die russischen Genossen. Wenn Radek einwirft, in einem anderen Lande sei das nicht anders, so ist das prinzipiell richtig, aber praktisch anders. Dort ist nicht der Zustand, dass beispielsweise Briefe oder Zeitungen auch nur von Deutschland etwa zehn Tage unterwegs sind. Und ich sage, daraus werden sich ganz zweifellos grosse Schwierigkeiten ergeben; denn wenn das Exekutivkomitee Dinge zu entscheiden hat, so wird zweifellos die Mangelhaftigkeit der Informationsmöglichkeiten unter Umständen die Entscheidung beeinflussen. Und wie sehr das zutrifft, habe ich bereits gestern in einem Fall in der Kommission ausgeführt.

Die russischen Genossen haben den holländischen Genossen ein Mandat gegeben. Als wir die Entscheidung in Deutschland sahen, sagten wir sofort, das sei ein Missgriff. Und als die Genossen in Holland das Mandat sahen, sagten sie sofort dasselbe. Aus alledem folgere ich nicht – denn andere Gründe sprechen zu sehr dafür – dagegen, dass das Exekutivkomitee hier bleiben soll, sondern ich bin dafür, dass es hier bleibt. Aber ich sage: Wir müssen irgendeine Möglichkeit schaffen, um wichtige Entscheidungen, die keinen Aufschub dulden, so zu gestalten, dass wirklich die Vertreter, die eigens zu diesem Zweck hierherkommen, entscheiden können. Und deswegen geht mein weiterer Vorschlag dahin, dass alle drei Monate eine Plenarsitzung des Exekutivkomitees stattfinden muss. Damit ist nach meiner Meinung das gesagt, was gesagt sein muss, um dafür zu sorgen, dass in besonders wichtigen Entscheidungen die Vertreter der Parteien entscheiden können, die gerade für solche Fälle besonders informiert sind und die in engster Verbindung mit ihrer Partei stehen. .

Weiter beantrage ich, den Paragraph 12 der Statuten folgendermassen zu ändern: angefangen von den Worten »Das Exekutivkomitee« den Paragraphen zu streichen und an seine Stelle folgendes zu setzen: »Das Exekutivkomitee ist verpflichtet« usw.

Nach meiner Ansicht ist es nicht nötig, diesen illegalen Organisationen, die hier vorgesehen sind, in den Statuten eine besondere Stelle zu geben. Was wir zu illegalen Organisationen zu sagen haben, steht ohnehin in irgendeinem unserer Leitsätze. Es genügt also vollständig die allgemeine Feststellung, dass das Exekutivkomitee für die Durchführung der Beschlüsse des Kongresses zu sorgen hat. Damit ist alles gesagt, und ich glaube, dass vielen Parteien, die der Kommunistischen Internationale angeschlossen sind, aus dieser praktischen Nichtnennung dieser illegalen Organisationen nur Vorteile erwachsen können.

Gallacher. Wegen der Gründung einer vereinigten kommunistischen Partei in England muss ich gerade in bezug auf das Programm, das hier verlesen wurde, sagen, dass tatsächlich die Kommunisten in England, die jetzt unter dem Banner der kommunistischen Partei marschieren, mit einer Hand die Kommunistische Internationale halten und mit der anderen die Zweite, dass sie nicht entschieden auf dem Standpunkt der Kommunistischen Internationale stehen. Die British Socialist Party (B.S.P.) gilt auch für eine kommunistische Partei und gehört zugleich der Labour Party an. Die Labour Party ist ein Konglomerat aus den verschiedensten Parteien, die auf entgegengesetzten Standpunkten stehen. Ich sehe darin einen Widerspruch und einen Grund, die Frage zu stellen, ob die B.S.P. als eine wirklich kommunistische Partei betrachtet werden kann. Genosse Radek hat mich gefragt, ob ich nicht selbst als Beamter der Gewerkschaften in der Labour Party stehe. Ich antworte darauf, dass ich kein Beamter, sondern ein Mitglied der Labour Party bin. Es ist ein Unterschied zwischen dem, der gezwungen ist, in eine Arbeiterorganisation einzutreten, und demjenigen, der in eine nichtkommunistische Organisation freiwillig eintritt. Um wirkliche Macht in die Hände zu bekommen, müssen wir erstens dafür sorgen, dass wir die Massen aufwiegeln, gegen die Kapitalisten und die Industriellen energisch zu kämpfen. Das ist der erste wichtige Schritt. Dann müssen wir dafür sorgen, dass wir eine Organisation für den bewaffneten Kampf schaffen. Die B.S.P., die hier als kommunistische Partei gilt, ist eigentlich gar nicht für den bewaffneten oder physischen Kampf. Sie ist pazifistisch gesinnt, wenn auch der Genosse Quelch bestreitet, gesagt zu haben, dass er selbst gegen jede Gewaltanwendung in diesem Kampfe sei.

Die Gewerkschaftsbewegung in England kann niemals für den Kommunismus gewonnen werden; im Gegenteil, man muss diese ganze Organisation als das kräftigste Bollwerk zum Schutze des Kapitalismus gegen die soziale Revolution betrachten. Einige Delegierte, Vertreter der Gewerkschaftsbewegung, die hier gewesen sind und mit offenen Armen empfangen wurden, traten, als sie nach England zurückkamen, in grossen Versammlungen auf und zeigten, wie sie hier dekoriert worden sind. Wenn es gilt, wirklich für die Arbeitersache zu kämpfen, beteiligen sie sich an Schiedsgerichten. Damit schädigen sie den revolutionären Kampf.

Reed. Ich bin nicht einverstanden mit denen, die den Punkt über den bewaffneten Aufstand nicht in die Leitsätze aufnehmen möchten. Ich stütze mich besonders auf die Erfahrungen in Amerika. Die Arbeiter werden nicht verstehen, dass man so etwas verschweigt. Und würden sie es wissen, so würden sie es so auslegen, als fürchte die Partei sich vor den Konsequenzen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass, mag man sich noch so legal ausdrücken, die Regierung doch jedesmal, wenn es ihr darauf ankommt, Ausnahmegesetze gegen die Kommunisten oder Revolutionäre zu schaffen, die Möglichkeit findet, das Allerlegalste in das Illegalste zu verwandeln. Aus diesem Grunde bin ich gegen das Verschweigen. Ausserdem wünsche ich, dass man den Paragraphen 14, in dem von der Roten Internationale der Gewerkschaften die Rede ist, nicht in die Statuten aufnimmt, oder jedenfalls nicht darüber abstimmt, bevor die ganze Gewerkschaftsfrage von der Kommission beraten und hier besprochen worden ist. Man hat hier gestern deutlich gesagt, man würde alle Fragen, die die Gewerkschaften angehen, erst in der Kommission behandeln und dann dem Kongress unterbreiten. Ausserdem möchte ich darauf hinweisen, dass überhaupt die Rede davon war, dass die Gewerkschaftsinternationale in einem loseren Verhältnis zu der Kommunistischen Internationale stehen müsse. Nach dem, was hier in Paragraph 14 gesagt wird, scheint es aber, dass die Gewerkschaftsinternationale zu einer Sektion der Kommunistischen Internationale werden soll. Nach den neuen Statuten wird sogar die Jugendinternationale eine viel grössere Autonomie haben als die Gewerkschaftsinternationale. Aus diesem Grunde möchte ich bitten, über diesen Punkt nicht jetzt abzustimmen.

Fraina. Zu allererst möchte ich das betonen, was Reed über die Gewerkschaftsinternationale gesagt hat. Dies ist eine Lebensfrage. Ebenso wie wir die II. sozialistische Internationale zerbrochen haben, so müssen wir jetzt die Amsterdamer Gewerkschaftsinternationale zerbrechen – das ist eine unumgängliche Bedingung für unseren Kampf gegen den Weltimperialismus. Aber wir sind der Ansicht, dass diese Frage getrennt behandelt werden muss und nicht als ein Teil der Statuten, da sie ernste Überlegung erfordert. Wir würden gern einige Anträge dazu vorbringen.

Was die Statuten anbetrifft, so befinde ich mich in vollkommenem Gegensatz zu dem Vorschlag der Genossen Wijnkoop und Levi, dass die Exekutive der Internationale in einem anderen Lande als in Russland sein könnte. Viele Genossen fürchteten vor dem Kongress, dass es wegen der Blockade, des Mangels an hinreichenden Informationen über die Weltbewegung, wegen der Erfordernisse der »praktischen Politik« notwendig sein könnte, die Exekutive in irgend einem anderen Lande zu haben. Aber jetzt muss man feststellen, dass alle diese Befürchtungen grundlos waren Die russischen Genossen wissen genau, was vorgeht; keiner auf diesem Kongress hat einen besseren internationalen Geist gezeigt als die Genossen der russischen Partei. Weiter wurde das Argument vorgebracht, dass die Exekutive in dem Lande sein müsse, welches für den Augenblick das Zentrum der Weltrevolution darstelle. Wir sind über das Stadium der blossen Agitation hinaus; wir sind jetzt im Stadium der aktuellen Aktion; die Weltrevolution ist eine Tatsache, und die Strategie und die Taktik der Kommunistischen Internationale müssen sich nach dieser Tatsache richten. Auf das Land, das gegenwärtig das Zentrum der Weltrevolution ist (in diesem Falle Russland), richten sich alle Weltkräfte des Imperialismus und der Revolution und zwingen die kommunistische Bewegung in diesem Lande, unbedingt am internationalen Standpunkt festzuhalten, denn sonst würde sie zusammenbrechen. Alles, was sich in der Welt ereignet, betrifft eng die russischen Genossen, nicht als eine Sache der Theorie oder der Tendenz, sondern als eine Frage um Leben oder Tod. Was heute in England vor sich geht, betrifft Russland unmittelbar viel mehr als die Vereinigten Staaten; was in den Vereinigten Staaten vor sich geht, betrifft Russland viel mehr als England. Und so mit jedem Lande. Die Weltpolitik konzentriert sich um Sowjetrussland. Über die intimsten Dinge in der Politik unserer eigenen imperialistischen Regierungen sind die russischen Genossen häufig besser informiert als wir. Wenn nichts anderes, so zwingen die objektiven Bedingungen die russischen Genossen zum internationalen Standpunkt. Wenn sie die Kontrolle über das Exekutivkomitee haben, dann ist die Garantie vorhanden, dass man den Problemen mit internationalem Geiste begegnen wird. Es ist unsinnig, vorzuschlagen, das Exekutivkomitee nach Berlin zu verlegen. Man hatte das Westeuropäische Sekretariat in Berlin, und es war beschränkt, eng, im gewissen Grade nationalistisch und nicht international.

Es ist verwunderlich, dass Delegierte dieses Kongresses sich dagegen wenden, den Satz über die illegale Arbeit in die Statuten einzufügen. Die Verbindung von illegaler und legaler Arbeit ist nicht nur absolut notwendig, sondern sie muss offen proklamiert und zur Pflicht gemacht werden. Wenn eine Partei legal ist, so entwickelt sich eine Tendenz gegen illegale Arbeit, und wenn eine Partei illegal ist, entwickelt sich eine Tendenz gegen die Ausnutzung der legalen Möglichkeiten. Wir müssen auf der Verbindung beider bestehen. Wir dürfen uns keiner Täuschung hingeben: unsere Partei mag heute legal sein, sie kann aber morgen schon illegal werden. Wir haben darunter viel in Amerika gelitten, als wir die Tatsache erkannten, dass wir unbedingt illegal werden mussten, aber nicht in der Praxis genügend darauf hingearbeitet hatten. Das Resultat war, dass wir zum Teil unvorbereitet waren, als die grosse Unterdrückung kam. Und selbst wenn eine Partei vollkommen legal ist, gibt es Arbeiten – wie z. B. die Agitation unter den Soldaten und Matrosen –, die eine illegale Organisation erfordern.

Ich bin fest überzeugt, dass das Problem der Zentralisation unser grundlegendes Problem ist. Der grosse Unterschied zwischen der II. und der Kommunistischen Internationale besteht gerade in der Frage der Zentralisation. Man mag erwidern, dass die Zentralisation lediglich ein organisatorisches und kein grundlegendes Problem sei; aber dieses Argument ist rein menschewistisch. Die Zentralisation ist eine revolutionäre Notwendigkeit. Die Kommunistische Internationale ist gerade deshalb eine straff zentralisierte Organisation, weil sie revolutionär ist, während die II. Internationale deshalb dezentralisiert und autonom war, weil sie eine lose Föderation reformistischer und nicht revolutionärer Organisationen darstellte. Der Weltimperialismus zentralisiert sich, obgleich nur teilweise, da die Rivalität der Interessen vorherrscht; aber die Zentralisation des Imperialismus ist insoweit eine Tatsache, wie sie die Opposition gegen die Weltrevolution betrifft.

Das Proletariat und die kommunistischen Parteien der Welt haben vollständig gleiche Interessen und können eine Zentralisation schaffen, die dem Imperialismus unmöglich ist –, eine Tatsache, die einen gewaltigen Vorteil für uns bedeutet. Die Weltrevolution ist ein Problem, das Beweglichkeit, Anpassung an jede besondere Entwicklung der Weltlage in Strategie und Taktik erfordert. Ehe die Internationale nicht fest, zentralisiert, nach den jeweiligen Ereignissen in verschiedenen Richtungen beweglich ist, werden wir niemals siegen. Es muss eine Konzentration der Kräfte, eine Einheit der Leitung bestehen, so dass die Internationale und die ihr angeschlossenen Organisationen einheitlich handeln und sich auf jede besondere Phase der Weltrevolution konzentrieren können. Die Internationale muss das Recht haben, an die lokalen nationalen Organisationen Befehle auszugeben; sie muss die Autorität haben, zu sagen, ob etwas auf Grund der Ereignisse getan oder nicht getan werden soll. Nur auf diese Weise werden wir siegen.

Sinowjew. Genossen, es sind drei prinzipielle Einwendungen gegen unseren Entwurf geäussert worden. Erstens seitens der amerikanischen Genossen, die vorschlagen, den Paragraph 14 zu streichen und überhaupt die Gewerkschaftsfrage nicht zu behandeln. Die Genossen haben behauptet, wir hätten ihnen versprochen, zu warten, bis die Gewerkschaftskommission mit ihrer Aufgabe zu Ende ist. Genossen, ich glaube, das ist nicht richtig. Im Paragraph 14 ist gesagt:

»Die auf dem Boden des Kommunismus stehenden, im internationalen Masstabe unter der Leitung der Kommunistischen Internationale zusammengeschlossenen Gewerkschaften bilden eine Gewerkschaftssektion der Kommunistischen Internationale. Diese Gewerkschaften delegieren ihre Vertreter zu den Weltkongressen der Kommunistischen Internationale durch die kommunistischen Parteien der betreffenden Länder. Die Gewerkschaftssektion der Kommunistischen Internationale entsendet einen Vertreter mit beschliessender Stimme in das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat das Recht, einen Vertreter mit beschliessender Stimme in die Gewerkschaftssektion der Kommunistischen Internationale zu entsenden.«

Wir brauchen wirklich nicht den Abschluss der Arbeiten der Gewerkschaftskommission abzuwarten, um das zu erklären, denn das sollte für jeden Kommunisten klar sein. Wir wollen, dass die Kommunistische Internationale nicht nur politische Parteien organisiert, sondern alle Massenorganisationen des Proletariats, die auf dem Standpunkt des Kommunismus stehen, umfasst. Das ist das erste Prinzip der Kommunistischen Internationale. Oder wollen Genosse Fraina und Genosse Reed das bestreiten? Wie manchesmal erwähnt, bauen wir auf demselben Boden wie die I. Internationale, wir wollen die Traditionen der I. Internationale weiterführen. Nun, das war eine der wichtigsten Traditionen der I. Internationale, dass sie nicht nur die politischen Parteien, sondern alle proletarischen Massenorganisationen, die auf dem Standpunkt des Kommunismus standen, organisieren wollte. Das ist hier gesagt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sollten wir das bezweifeln, so könnten wir nicht die Kommunistische Internationale aufbauen. Wir müssen nicht nur politische Parteien einfügen, sondern auch proletarische revolutionäre Gewerkschaften haben. Und es ist ja klar: sollten die Gewerkschaften zu uns kommen, so müssen wir sie auf irgendwelche Art als Sektion der Kommunistischen Internationale, als Teil der Kommunistischen Internationale organisieren. Kann man das bestreiten? Auf keinen Fall. Alle diese Fragen: ob man in den amerikanischen Gewerkschaften bleiben soll, ob man die englischen Gewerkschaften sofort spalten soll oder nicht, alle diese Fragen, die hier aufgeworfen worden sind, haben damit nichts zu tun. Diese Fragen sind Streitfragen, die noch einmal in der Kommission diskutiert werden müssen. Hier wird aber nur erklärt: wir wollen nicht nur politische Organisationen in der Kommunistischen Internationale haben, sondern alle proletarischen Organisationen und in erster Linie die Gewerkschaften. Das ist das ABC der Kommunistischen Internationale.

Unser erstes Prinzip ist: die Gewerkschaften müssen auf dem Weltkongress ihre Vertretung haben, sich organisieren als Sektion der Kommunistischen Internationale und gegenseitige Vertreter in den betreffenden Exkutiven haben. Das ist unbestreitbar. Und jeder ernste Kommunist muss das annehmen. Sonst werden wir die Praxis der II. Internationale haben.

Aber wir wollen die Praxis der I. Internationale unter neuen historischen Bedingungen wieder aufbauen, die Traditionen von Marx durchführen, die darin bestehen, dass der Kommunismus und die Partei nicht nur in der Politik leiten, sondern dass die kommunistische Partei führend ist in allen Sphären der Arbeiterbewegung und dass wir innerhalb der Kommunistischen Internationale alle Zweige der Arbeiterbewegung der ganzen Welt organisieren müssen.

Dann kommen wir zur zweiten Frage im Paragraphen 8 über die Exekutive. Genosse Wijnkoop hat hier vorgeschlagen, man solle die Exekutive vielleicht nach Norwegen verlegen. Man kann verschiedene Projekte aufstellen, man könnte einige exotische Republiken finden. Ich muss aber feststellen, dass hier im Paragraphen 8, wie überhaupt in den Statuten, kein Wort von Russland steht. Das ist eine Frage für sich, die wir besonders diskutieren und entscheiden müssen. Die Statuten sagen: »Der Sitz des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale wird jeweils vom Weltkongress der Kommunistischen Internationale bestimmt.« Sollte es sein, dass die proletarische Revolution in Frankreich oder England siegt, so werden wir selbstverständlich dem zustimmen, dass die Exekutive in eines dieser Länder verlegt wird. Hier ist von Russland gar nicht die Rede. Das ist eine selbständige Frage. Daher greift man nicht vor. Hier ist das Prinzip aufgestellt, dass der Kongress beschliessen muss, wo die Exekutive ihren Sitz haben soll.

Dann kommen wir zur Zusammensetzung der Exekutive. Im Statut heisst es: »Die Exekutive besteht aus 5 Genossen des Landes, wo die Exekutive ihren Sitz hat, und aus je einem Genossen von 10 der grössten Parteien«. Ich stimme dem Antrag des Genossen Levi zu, dass man streichen muss »nicht weniger als 5 Genossen.« Man muss sagen »5 Genossen«. Wijnkoop sagt, die Exekutive werde ein erweitertes russisches Komitee sein. Ich aber sage: Vielleicht wird sie ein erweitertes holländisches Komitee sein. Es handelt sich nur darum, dass das Exekutivkomitee 15 Mitglieder haben soll: 5 aus einem Lande und 10 von den anderen Parteien der verschiedenen Länder, die zur Kommunistischen Internationale gehören. Das wird ein internationales Komitee sein. Also wie kann man behaupten, dass dies lediglich ein erweitertes russisches Komitee sein wird? Es wird dies ein internationales Komitee sein in dem Falle, dass alle diese 10 Parteien ihre Delegierten entsenden, und das sollen sie tun. Es wurde hier gesagt, es sei unmöglich für alle Parteien, je einen Genossen hierher zu senden. Dem widerspreche ich. Es scheint, als halte man es für einen Luxus, hier einen tüchtigen Genossen zu haben; denn den brauche man in Deutschland oder anderswo. Das geht nicht an. Wenn wir die Exekutive als allererstes Instrument der Arbeiterbewegung betrachten, so soll jede bedeutende Partei einen bedeutenden Genossen finden, der an der Exekutive teilnimmt. Es ist die wichtigste Organisation der internationalen Bewegung, die auch eine grosse Bedeutung hat für jede kommunistische Bewegung. Wir fordern nur einen Genossen für das betreffende Land, und wenn die Parteien ihre Delegierten regelmässig ablösen, so wird sich, wie ich glaube, die in den Statuten vorgesehene Zahl jederzeit aufbringen lassen. Dieses Opfer sollen und müssen wir der Kommunistischen Internationale bringen.

Ich bestreite weiter, dass es richtig ist, wenn man sagt, der Genosse, der hier bleibt, verliere den Kontakt mit seiner Organisation. In 2–3 Monaten verliert man den Kontakt nicht, besonders wenn man ein alter Kämpfer ist. Wir lebten viele Jahre in der Verbannung und haben den Kontakt nicht verloren. Die Bewegung ist jetzt viel umfangreicher. Wir stellen uns vor, dass der betreffende Delegierte in der Exekutive Generalsekretär für sein Land werden soll. Der deutsche Genosse soll Sekretär sein für Deutschland usw. Selbstverständlich wird es gut sein, wenn die Genossen nicht zu oft gewechselt werden. Aber es ist auch möglich, dass der betreffende Genosse Sekretär bleibt, obwohl er mit einem andern wechselt. Er kann einen technischen Gehilfen haben; aber die Führung soll dem betreffenden Vertreter der Partei überlassen werden. Nur in diesem Falle werden wir eine wirkliche Exekutive haben.

In manchen Fällen ist die Exekutive wichtiger als der Kongress. Wir haben eine Anzahl Fragen diskutiert, aber wir können nicht alles voraussehen. Nach zwei Wochen können vielleicht die wichtigsten Fragen unter ganz neuen Umständen von neuem aufgeworfen werden. Wir haben eben betont, dass wir in einer Epoche revolutionärer Kämpfe wirken. Die Exekutive muss helfen und Antwort geben, also muss auch ihre Zusammensetzung eine solche sein, dass sie das formelle und moralische Recht hat, im Namen der Kommunistischen Internationale zu sprechen. Darum müssen wir darauf bestehen, dass sie aus 15 Mitgliedern zusammengesetzt ist und dass die zehn wichtigsten Parteien auch wirklich ihre Genossen in die Exekutive entsenden. Sollte das nicht der Fall sein, so geht auch die Hälfte der Bedeutung unserer Arbeit verloren. Die Bedeutung unseres Kongresses besteht eben darin, dass wir eine straffe Organisation aufbauen wollen, einen internationalen Generalstab des kämpfenden Proletariats. Sollten wir hinterher nicht imstande sein, eine Exekutive zu schaffen, so haben wir wenigstens die Hälfte unserer Arbeit vernichtet. während des ersten Jahres waren wir eine Propagandagesellschaft. Die Exekutive konnte nicht als zentralisiertes Organ arbeiten. Sie war eine russische Institution. Das wollen wir eben jetzt ändern. Wir haben das offen erklärt. Wir wollen jetzt eine zentralisierte internationale Organisation haben, die immer Anweisungen geben kann. Wir haben die Exekutive mit grossen Rechten ausgestattet, bis zum Ausschluss ganzer Parteien. Da müssen die Parteien schon dafür sorgen, dass sie auch einen Vertreter hier haben. Sonst haben wir umsonst gearbeitet und können dem Weltproletariat nicht erklären: wir haben jetzt eine zentralisierte Internationale. Darum bin ich gegen den Vorschlag, den Genosse Levi gemacht hat, nämlich, dass einmal in drei Monaten eine Plenarsitzung der Exekutive stattfinden soll. Ich habe gestern in der Kommission etwas geschwankt. Ich war der Meinung, wir sollten unseren deutschen Freunden Konzessionen machen. Aber wenn man das überdenkt, was Genosse Levi vorschlägt, nämlich, dass die Vertreter der Parteien nur in besonderen Fällen delegiert werden sollen oder nur einmal in drei Monaten, so ist es ja klar, dass das ohnehin geschehen wird, dass alle Parteien so handeln werden. Es wird dann einmal in drei Monaten eine Paradesitzung stattfinden, aber in der Zwischenzeit werden wir keine handelnde Exekutive haben. Darum müssen wir unseren Freunden erklären: Obwohl es Euch schwer fällt, immer einen Genossen hier zu halten, müsst Ihr doch dieses Opfer bringen, weil es ein Opfer im Interesse Eurer eigenen Partei ist. Die Kommunisten werden diese Frage nicht so stellen wie etwa die Unabhängigen, die ein Doppelspiel spielen, indem sie den Kampf auf ein Blatt setzen und die Kommunistische Internationale auf das andere. Man soll eben sagen: das ist doch dasselbe Blatt. Wir sind eine einige internationale Partei, die Filialen in verschiedenen Ländern hat. Die Arbeit in der Internationale ist für Deutschland ebenso wichtig wie für Russland. Darum müssen wir darauf bestehen, dass die Fassung unbedingt so bleibt, wie sie ist, dass wir eine Exekutive haben, die fünf Mitglieder eines Landes zusammenfasst und zehn Mitglieder der verschiedenen anderen Länder, die Sekretäre für ihr Land sind und zusammen arbeiten.

Jetzt kommen wir zur letzten Streitfrage im Paragraphen 12 über die illegalen Organisationen. Dieser Paragraph 12 lautet: »Die allgemeine Lage in ganz Europa und Amerika zwingt die Kommunisten der ganzen Welt zur Schaffung illegaler kommunistischer Organisationen neben der legalen Organisation. Das Exekutivkomitee ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das überall praktisch verwirklicht wird.« In der Kommission haben wir auch daran gedacht, man sollte es vielleicht etwas vorsichtiger fassen. Ich bin aber der Meinung, nachdem ich alles angehört habe, dass wir es so lassen, wie es ist. Es sind vielleicht auch einige negative Rücksichten dabei, aber das Positive überwiegt. In Ländern wie England und Amerika, in den sogenannten klassischen Ländern der bürgerlichen Freiheiten, hat man nicht daran gedacht, illegale Organisationen zu schaffen. Man hat es vielleicht theoretisch angenommen, aber niemals praktisch durchgeführt. Erst jetzt, wo in Amerika 5000 Kommunisten verhaftet sind, fängt man dort an, zu verstehen, dass es ohne illegale Organisationen nicht geht. Auch die deutschen Erfahrungen bestätigen das. Dort ist die Partei bald legal, bald illegal. Und hieraus ergibt sich für das internationale Proletariat die Erfahrung: auf jeden Fall müssen wir eine illegale Organisation haben; das ist wichtig für alle Länder. Das ist die Erfahrung der fünfzehn Monate des Bestehens der Kommunistischen Internationale. Es ist wichtig, das zu sagen und durchzuführen. Wir müssen es sagen in möglichst bindender Form für uns alle, damit wir das wissen und ausführen. Nun die praktischen Rücksichten, die man vorbringt: Wir wollen doch sehen, vielleicht können wir uns mit einer legalen Organisation begnügen. Das ist nicht der Fall. Über Deutschland hat Genosse Levi erklärt, er glaube, in Deutschland habe sich die Bourgeoisie schon so weit an die illegale Arbeit gewöhnt, dass sie nichts dagegen zu unternehmen wagen werde. Die deutschen Genossen sagen also: Ob wir das in den Statuten erwähnen oder nicht, die Bourgeoisie kann uns nicht die legale Existenz rauben. In Italien ist die Partei so stark, dass die Bürgerlichen ihr nicht die legale Existenz rauben können. Die Erfahrungen von Bulgarien: Wir haben dort eine alte Partei, die legal ist, die 40 oder mehr Abgeordnete hat, die vielen Verfolgungen ausgesetzt worden sind. Wir sind dafür, dass wir das klar und offen aussprechen. Die Erfahrungen auf dem Balkan, in Deutschland, Österreich und Italien sollen für uns entscheidend sein. Vielleicht wird der Paragraph der einen und der anderen Partei einige Unannehmlichkeiten bereiten. Aber das Positive ist für uns viel wichtiger. Und die Erfahrung sagt uns: Ihr müsst das bindend im Statut aussprechen; denn für die Bürgerlichen ist es nicht entscheidend, ob wir sie illegal aufhängen oder legal. Für sie ist es wichtig, ob wir sie wirklich aufhängen, ob wir für den Kommunismus kämpfen. Unsere Organisationsform ist für sie nicht das Wichtigste. Wir haben das schon mit der Waffe in der Hand erfahren. Also, Genossen, der Staatsanwalt wird so oder so auf jeden Fall diese Leitsätze zitieren; es wird auf dasselbe herauskommen. Nur werden wir das verlieren, was wir nicht klar ausgesprochen haben, was jeder Arbeiter, jede Arbeiterin wissen muss und soll. Darum bestehen wir darauf, dass die Fassung bleibt, wie sie ist. Wir müssen den internationalen Proletariern sagen: Ihr sollt verstehen, dass Ihr jetzt, wo ihr in die Epoche der entscheidenden Kämpfe eingetreten seid, überall eine illegale Organisation systematisch ausbauen müsst, denn wenn die entscheidende Stunde kommt, wird die Bourgeoisie eure Legalität mit Füssen treten, und dann werdet ihr mit leeren Händen dastehen und keine Organisationen haben. Darum müssen wir das klar ausdrücken. Ich glaube, dass der Kongress dem ruhig zustimmen kann, was die grosse Mehrheit der Kommission beschlossen hat. Die Kommission hat einstimmig mit einer Stimmenthaltung im grossen und ganzen die Statuten angenommen. Ich schlage dem Kongress vor, die Statuten einstimmig anzunehmen. Es ist wichtig, dass wir die Konstitution unserer internationalen Partei möglichst einstimmig annehmen und der ganzen Welt zeigen, dass wir jetzt nicht mehr bloss eine lose Propagandagesellschaft sind.

Wir sind eine einige internationale Partei, die Statuten hat, die weiss, was sie will und was für internationale Verpflichtungen sie hat, deren Mitglieder einander Garantien geben, sich in kameradschaftlicher Disziplin gebunden haben, um von dieser Stunde an wirklich gemeinsam für den Kommunismus zu kämpfen.

Ich werde zuerst abstimmen lassen über die verschiedenen Anträge, vorerst über die zu Paragraph 8. (Wird einstimmig angenommen in der ursprünglichen Fassung.)

Nun wird über die Statuten im ganzen abgestimmt, die wie folgt lauten:

Statuten der Kommunistischen Internationale.

Im Jahre 1864 wurde in London die Internationale Arbeiterassoziation, die I. Internationale, gegründet. In den Generalstatuten dieser Internationalen Arbeiterassoziation hiess es:

»dass die Emanzipation der Arbeiterklasse durch die Arbeiterklasse selbst erobert werden muss:
dass der Kampf für die Emanzipation der Arbeiterklasse keinen Kampf für Klassenprivilegien und Monopole bedeutet, sondern den Kampf für gleiche Rechte und Pflichten und die Abschaffung aller Klassenherrschaft;
dass die ökonomische Unterwerfung des Mannes der Arbeit unter den Monopolisten der Arbeitsmittel, d. h. der Lebensquellen, der Knechtschaft in allen ihren Formen zugrunde liegt, allem sozialen Elend, aller geistigen Degradation und politischen Abhängigkeit; dass die ökonomische Emanzipation der Arbeiterklasse daher das grosse Ziel ist, dem jede politische Bewegung als Mittel untergeordnet sein muss;
dass alle Bestrebungen nach diesem grossen Ziele bisher gescheitert sind an dem Mangel an Solidarität zwischen den mannigfachen Zweigen der Arbeit in jedem Lande und an der Abwesenheit eines brüderlichen Bandes der Einigung zwischen den Arbeiterklassen der verschiedenen Länder;
dass die Emanzipation weder ein lokales noch ein nationales, sondern ein soziales Problem ist, welches alle Länder umfasst, in denen die moderne Gesellschaft existiert, und dass die Lösung abhängt von dem theoretischen und praktischen Zusammenwirken der fortgeschrittensten Länder;
dass das gegenwärtige gleichzeitige Wiederaufleben der Arbeiterbewegung in den industriellen Ländern Europas einerseits neue Hoffnungen erweckt, anderseits feierlich warnt vor dem Rückfall in die alten Irrtümer und zur sofortigen Kombination der bisher zusammenhanglosen Bewegung aufruft.«

Die II. Internationale, die im Jahre 1889 in Paris gegründet wurde, verpflichtete sich, das Werk der I. Internationale fortzusetzen. Aber im Jahre 1914, zu Beginn des Weltmordens, erlitt sie völligen Zusammenbruch. Untergraben vom Opportunismus und gebrochen durch den Verrat der Führer, die auf die Seite der Bourgeoisie übergingen, brach die II. Internationale zusammen.

Die Kommunistische Internationale, gegründet im März 1919 in der Hauptstadt der Russischen Föderativen Sowjetrepublik, Moskau, erklärt feierlich vor der ganzen Welt, dass sie es auf sich nimmt, das grosse Werk, das von der I. Internationalen Arbeiterassoziation begonnen wurde, fortzusetzen und zu Ende zu führen.

Die Kommunistische Internationale bildete sich beim Abschluss des imperialistischen Krieges 1914–1918, in dem die imperialistische Bourgeoisie der verschiedenen Länder 20 Millionen Menschen opferte.

»Gedenke des imperialistischen Krieges!«, das ist das erste, womit sich die Kommunistische Internationale an jeden Werktätigen wendet, wo er auch leben, in welcher Sprache er auch sprechen mag. Gedenke dessen, dass dank des Bestehens der kapitalistischen Ordnung ein kleines Häuflein von Imperialisten die Möglichkeit hatte, im Verlauf von vier langen Jahren die Arbeiter der verschiedenen Länder zu zwingen, einander den Hals abzuschneiden! Gedenke dessen, dass der Krieg der Bourgeoisie über Europa und die ganze Welt die fürchterlichste Hungersnot und das entsetzlichste Elend heraufbeschwor! Gedenke dessen, dass ohne den Sturz des Kapitalismus die Wiederholung von derartigen Raubkriegen nicht nur möglich, sondern unvermeidlich ist!

Die Kommunistische Internationale stellt sich zum Ziel: mit allen Mitteln, auch mit den Waffen in der Hand, für den Sturz der internationalen Bourgeoisie und für die Schaffung einer internationalen Sowjetrepublik als Übergangsstufe zur vollen Vernichtung des Staates zu kämpfen. Die Kommunistische Internationale hält die Diktatur des Proletariats für das einzige Mittel, das die Möglichkeit gibt, die Menschheit von den Greueln des Kapitalismus zu befreien. Und die Kommunistische Internationale hält die Sowjetmacht für die geschichtlich gegebene Form dieser Diktatur des Proletariats.

Der imperialistische Krieg hat die Geschicke der Proletarier des einen Landes mit den Geschicken der Proletarier aller anderen Länder besonders eng verknüpft. Der imperialistische Krieg hat aufs neue bestätigt, was in den Generalstatuten der I. Internationale gesagt war: die Emanzipation der Arbeiter ist weder ein lokales, noch ein nationales, sondern ein internationales Problem.

Die Kommunistische Internationale bricht ein für allemal mit der Überlieferung der II. Internationale, für die in Wirklichkeit nur Menschen weisser Hautfarbe existierten. Die Kommunistische Internationale stellt sich die Befreiung der Werktätigen der ganzen Welt zur Aufgabe. In den Reihen der Kommunistischen Internationale vereinigen sich brüderlich Menschen weisser, gelber, schwarzer Hautfarbe – die Werktätigen der ganzen Erde.

Die Kommunistische Internationale unterstützt restlos die Eroberungen der grossen proletarischen Revolution in Russland, der ersten siegreichen sozialistischen Revolution in der Weltgeschichte, und ruft die Proletarier der ganzen Welt auf, denselben Weg zu gehen. Die Kommunistische Internationale verpflichtet sich, jede Sowjetrepublik zu unterstützen, wo immer sie auch geschaffen wird.

Die Kommunistische Internationale weiss: um den Sieg schneller zu erringen, muss die um die Vernichtung des Kapitalismus und für die Schaffung des Kommunismus kämpfende Arbeiterassoziation eine straff zentralisierte Organisation besitzen. Die Kommunistische Internationale muss wirklich und in der Tat eine einheitliche kommunistische Partei der ganzen Welt darstellen. Die Parteien, die in jedem Lande arbeiten, erscheinen nur als ihre einzelnen Sektionen. Der Organisationsapparat der Kommunistischen Internationale muss den Arbeitern jedes Landes die Möglichkeit gewährleisten, in jedem gegebenen Moment die grösstmöglichste Hilfe von den organisierten Proletariern der übrigen Länder zu erhalten.

Zu diesem Zweck bestätigt die Kommunistische Internationale folgende Punkte der Statuten:

§ I. Die neue internationale Arbeitervereinigung ist geschaffen zur Organisierung von gemeinsamen Aktionen der Proletarier der verschiedenen Länder, die das eine Ziel anstreben: Sturz des Kapitalismus, Errichtung der Diktatur des Proletariats und einer internationalen Sowjetrepublik zur vollen Beseitigung der Klassen und zur Verwirklichung des Sozialismus, dieser ersten Stufe der kommunistischen Gesellschaft.

§ 2. Die neue internationale Arbeitervereinigung nennt sich: »Kommunistische Internationale«.

§ 3. Alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien tragen den Namen: »Kommunistische Partei des und des Landes (Sektion der Kommunistischen Internationale)«.

§ 4. Die höchste Instanz der Kommunistischen Internationale ist der Weltkongress aller ihr angehörenden Parteien und Organisationen. Der Weltkongress tritt regelmässig einmal jährlich zusammen. Der Weltkongress allein ist berufen, das Programm der Kommunistischen Internationale zu ändern. Der Weltkongress berät und beschliesst über die wichtigsten Fragen des Programms und der Taktik, die mit der Tätigkeit der Kommunistischen Internationale zusammenhängen. Die Zahl der auf jede Partei oder Organisation entfallenden beschliessenden Stimmen wird durch besonderen Kongressbeschluss bestimmt.

§ 5. Der Weltkongress wählt das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale, welches das leitende Organ der Kommunistischen Internationale in der Zeit zwischen den Weltkongressen der Kommunistischen Internationale ist. Das Exekutivkomitee ist nur dem Weltkongress verantwortlich.

§ 6. Der Sitz des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale wird jeweils vom Weltkongress der Kommunistischen Internationale bestimmt.

§ 7. Ein ausserordentlicher Weltkongress der Kommunistischen Internationale kann entweder auf Beschluss des Exekutivkomitees oder auf Verlangen der Hälfte der Parteien, die zur Zeit des letzten Weltkongresses der Kommunistischen Internationale angehört haben, einberufen werden.

§ 8. Die Hauptarbeit des Exekutivkomitees lastet auf der Partei des Landes, wo auf Beschluss des Weltkongresses das Exekutivkomitee seinen Sitz hat. Die Partei des betreffenden Landes entsendet fünf ihrer Vertreter mit beschliessender Stimme in das Exekutivkomitee. Ausserdem entsenden die 10 bis 13 bedeutendsten kommunistischen Parteien, deren Liste von dem ordentlichen Weltkongress bestätigt wird, je einen Vertreter mit beschliessender Stimme in das Exekutivkomitee.
Den anderen in die Kommunistische Internationale aufgenommenen Organisationen und Parteien steht das Recht zu, je einen Vertreter mit beratender Stimme in das Exekutivkomitee zu delegieren.

§ 9. Das Exekutivkomitee leitet die gesamten Arbeiten der Kommunistischen Internationale von einer Tagung bis zur anderen, gibt in mindestens vier Sprachen das Zentralorgan der Kommunistischen Internationale (die Zeitschrift »Kommunistische Internationale«) heraus, tritt mit den erforderlichen Aufrufen im Namen der Kommunistischen Internationale hervor und gibt für alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Organisationen und Parteien bindende Richtlinien. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat das Recht, von den ihr angehörenden Parteien den Ausschluss von Gruppen und Personen zu verlangen, die die internationale Disziplin verletzen und ebenso diejenigen Parteien aus der Kommunistischen Internationale auszuschliessen, die gegen die Beschlüsse des Weltkongresses verstossen. Diese Parteien haben das Recht, Berufung beim Weltkongress einzulegen. Im Bedarfsfalle organisiert das Exekutivkomitee in den verschiedenen Ländern seine technischen und anderen Hilfsbüros, die völlig dem Exekutivkomitee untergeordnet sind. Die Vertreter des Exekutivkomitees erledigen ihre politischen Aufgaben in engstem Kontakt mit der Parteizentrale des betreffenden Landes.

§ 10. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat das Recht, Vertreter von solchen Organisationen und Parteien mit beratender Stimme in seine Mitte aufzunehmen, die zwar der Kommunistischen Internationale nicht angehören, aber mit ihr sympathisieren und ihr nahe stehen.

§ 11. Die Organe aller Parteien und aller Organisationen, die der Kommunistischen Internationale angehören und die zu den mit der Kommunistischen Internationale Sympathisierenden zählen, sind verpflichtet, alle offiziellen Beschlüsse der Kommunistischen Internationale und ihres Exekutivkomitees zum Abdruck zu bringen.

§ 12. Die allgemeine Lage in ganz Europa und Amerika zwingt die Kommunisten der ganzen Welt zur Schaffung illegaler kommunistischer Organisationen neben der legalen Organisation. Das Exekutivkomitee ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das überall praktisch verwirklicht wird.

§ 13. In der Regel wird der politische Verkehr zwischen den einzelnen der Kommunistischen Internationale angeschlossenen Parteien durch das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale geführt. In dringenden Fällen geht der Verkehr direkt, aber gleichzeitig wird davon dem Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale Mitteilung gemacht.

§ 14. Die auf dem Boden des Kommunismus stehenden, im internationalen Masstabe unter der Leitung der Kommunistischen Internationale zusammengeschlossenen Gewerkschaften bilden eine Gewerkschaftssektion der Kommunistischen Internationale. Diese Gewerkschaften delegieren ihre Vertreter zu den Weltkongressen der Kommunistischen Internationale durch die kommunistischen Parteien der betreffenden Länder. Die Gewerkschaftssektion der Kommunistischen Internationale entsendet einen Vertreter in das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale mit beschliessender Stimme. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat das Recht, einen Vertreter mit beschliessender Stimme in die Gewerkschaftssektion der Kommunistischen Internationale zu entsenden.

15. Die Kommunistische Jugendinternationale ist als Mitglied der Kommunistischen Internationale wie alle übrigen dieser und ihrem Exekutivkomitee untergeordnet. In das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale wird ein Vertreter des Exekutivkomitees der Kommunistischen Jugendinternationale mit beschliessender Stimme delegiert. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat das Recht, in das Exekutivkomitee der Kommunistischen Jugendinternationale seinen Vertreter mit beschliessender Stimme zu entsenden.

§ 16. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale bestätigt den internationalen Sekretär der kommunistischen Frauenbewegung und organisiert die Frauensektion der Kommunistischen Internationale.

§ 17. Bei Übersiedlung aus einem Lande in ein anderes erhält jedes Mitglied der Kommunistischen Internationale brüderliche Unterstützung durch die dortigen Mitglieder der Kommunistischen Internationale.

(Die Statuten werden einstimmig angenommen.)

Sinowjew. Genossen, wir haben jetzt Statuten der Kommunistischen Internationale. Wir haben uns endlich als internationale Partei organisiert. Ich beglückwünsche den Kongress dazu. Ich glaube, das ist eine der wichtigsten Eroberungen des internationalen Proletariats. Wir haben uns endlich formell organisiert. Es lebe die Kommunistische Internationale!

(Schluss der Sitzung.)



Anmerkungen:
[prev.] [content] [end]

  1. Die Nummerierung der Sitzungen erfolgt nach der russischen Ausgabe des »Protokolls«. In der deutschen Ausgabe ist die Nummerierung der Sitzungen inkonsistent und unlogisch (1–11, dann 14 & 15). Zum Vergleich:

    Deutsche Ausgabe [Seitenzahl] → Russische Ausgabe/sinistra.net
    Erste Sitzung (19. Juli 1920) [6–56]Erste Sitzung (19. Juli 1920)
    Zweite Sitzung (23. Juli 1920) [57–99]Zweite Sitzung (23. Juli 1920)
    Dritte Sitzung (24. Juli 1920) [100–136]Dritte Sitzung (24. Juli 1920)
    Vierte Sitzung (26 Juli 1920) [137–166]Vierte Sitzung (26 Juli 1920)
    Fünfte Sitzung (28. Juli 1920) [167–233]Fünfte Sitzung (28. Juli 1920)
    Sechste Sitzung (29. Juli 1920) [234–286]Sechste Sitzung (29. Juli 1920)
    ↳Abendsitzung (29. Juli 1920) [287–329]Siebte Sitzung (29. Juli 1920)
    Siebte Sitzung (30. Juli 1920) [330–401]Achte Sitzung (30. Juli 1920)
    Achte Sitzung (2. August 1920) [402–442]Neunte Sitzung (2. August 1920)
    ↳Abendsitzung (2. August 1920) [443–480]Zehnte Sitzung (2. August 1920)
    Neunte Sitzung (3. August 1920) [481–508]Elfte Sitzung (3. August 1920)
    ↳Abendsitzung (3. August 1920) [509–537]Zwölfte Sitzung (3. August 1920)
    Zehnte Sitzung (4. August 1920) [538–570]Dreizehnte Sitzung (4. August 1920)
    ↳Abendsitzung (4. August 1920) [571–606]Vierzehnte Sitzung (4. August 1920)
    Elfte Sitzung (5. August 1920) [607–639]Fünfzehnte Sitzung (5. August 1920)
    Vierzehnte Sitzung (6.August 1920) [640–667]Sechzehnte Sitzung (6.August 1920)
    Fünfzehnte Sitzung (7. August 1920) [668–702]Schlusssitzung (7. August 1920)[⤒]

  2. Die Rechtschreibung wurde stillschweigend verbessert und vereinzelt dem heutigen Gebrauch angepasst. Falschgeschriebene Namen wurden berichtigt, die russischen und bulgarischen Namen sind in deutscher Transkription oder in gebräuchlicher Form wiedergegeben, Namen aus Ländern mit lateinischem Alphabet entsprechend der jeweils heimischen Form. Redaktionelle Zusätze sind in [] kenntlich gemacht.[⤒]


Source: »Der zweite Kongress der Kommunistischen Internationale, Protokoll der Verhandlungen vom 19. Juli in Petrograd und vom 23. Juli bis 7. August in Moskau«, Verlag der Komm. Internationale, Hamburg 1921 / Второй конгресс. Коммунистического Интернационала, Июл–Август 1920 г., Стенографический отчет. Иад. Коммунистического Интернационала, Петроград 1921. Bearbeitung und Digitalisierung: sinistra.net 2021

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